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„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein".

Bei der Taufe eines ersten Kindes.

,,Danket dem HErrn, denn Er ist freundlich und Seine Güte währet ewiglich" - so laßt mich, lieben Eltern dieses Kindes, aus Eurem Herzen sagen. Schon einen Tag voll Lob und Dank haben wir gemeinsam gefeiert, das war, als ich Euch beide segnen durfte an Eurem Hochzeitstage mit den Worten des 121. Psalms, Euch dem starken Arm dessen befehlend, der Himmel und Erde gemacht hat, dem Auge, das nicht schläft noch schlummert, dem treuen Herzen, das uns immer offensteht. Ist Er nicht mit Euch gezogen in die neue Heimath? Hat Er Dich nicht behütet, liebe Mutter, in der Stunde, da Wiege und Sarg so nahe bei einander stehen, und Euer junges Glück gekrönt mit der Geburt dieses Kindes? Ihr fühlt wohl, wie solch ein Kind die goldene Brücke ist, auf der die Liebe herüber und hinüber wandert, und wie man in der Ehe erst recht Eins wird durch solch ein Kind. Darum sezt Ihr den Denkstein in der jungen Chronik Eures Hauses und

Frommel-Gedenkwerk. Bd. V. Reden aus dem Amt.

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sprecht: „Bis hierher hat uns der HErr geholfen." Aber es ist auch der heutige Tag ein besonderer Tag des HErrn und ein goldenes Blatt in Eurem Lebensbuche, da Er dem Kinde schenken will, was ihm auch der Reichste und Beste nicht schenken kann. Was Er ihm aber giebt, und welche Aufgabe Er Eurem Kinde stellt, das liegt in dem Worte, das der HErr einsst Abraham gegeben und das nun in viel höherem Sinne den Kindern des neuen Bundes gilt: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein."

Glückwünschen, grüßen, das können wir Menschen, und an treuen Wünschen fehlt es Eurem Kinde nicht. Aber zwischen Wünschen und Segnen, welch ein Unterschied! Um den Segen ist es etwas Wunderbares, Geheimnißvolles; er kommt wie der Thau in der Nacht, wie übers stille wogende Aehrenfeld, so über Herz und Haus, daß Du es fühlst: so segnet keine andere Hand. Segen Gottes bleibt, auch wenn das Glück in Scherben geht.

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Der Segen aber, der Eurem Kinde werden soll, ist die Kindschaft bei Gott dem Vater. Er, der große reiche Gott, will sich zu seiner Armuth bekennen; an Seiner starken Hand soll es gehen, an der einzigen, die ihm im Leben nicht erkalten wird. Liegt doch vor Eurem Kinde das ganze Leben wie ein unentdecktes dunkles Land, in dem es nicht Weg noch Steg kennt. Wohl ihm, wenn es den nur kennt, der Weg hat aller Wegen", wenn es sich hält an das Vaterherz, das nicht aufhört für die Seinen zu schlagen Tag und Nacht: „Unser Vater und auch mein Vater, der du bist im Himmel!" Davon ahnt freilich jetzt das Kind nichts, und doch empfängt es diese Gnade. Wie Jhr, lieben Eltern des Kindes, die Liebe Eurer Mutter empfangen habt zu einer Zeit, da Ihr diese Liebe noch nicht verstandet noch begehrtet erst jetzt geht sie Euch im Anblick Eures eigenen Kindes recht auf, so steht auch die Liebe Gottes am Anfang unseres Lebens; von uns nicht begriffen, nicht verstanden, nimmt sie uns frei und königlich in die Arme und spricht zu uns: „Was ich, jezt thue, weißt du nicht, wirst es aber hernachmals erfahren, ja, ich will dich segnen, wie ein Vater sein Kind segnet.“

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Aber segnen will auch der Sohn. Das ist Sein Heilandssegen, daß Er zu dem Kinde sich neigt und ihm zuruft in der heiligen Taufe: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöset, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ In Eures Kindes Herzen schlummern ja Fragen, die Niemand ihm beantworten kann, es trägt einen Wegweiser mit sich, der über es selbst hinausweist eine Sehnsucht nach Frieden, die keine Macht der Welt ihm stillen kann. Wo soll es hin mit seinem Sehnen? Wer löst ihm das Räthsel des Lebens? Wer will ihm Gnade, Vergebung, Trost, Licht und Frieden geben, wenn es nicht der ist, der gesagt: „Kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken?" Das ist der Segen des Heilandes, daß Er dieses Kindes guter Hirte sein will, der es weidet auf grüner Aue und führt zum frischen Wasser, sein König, in dessen Reich die Sonne der Gnade nicht untergeht.

Und so will es auch der Heilige Geist segnen und aus seinem Herzen einen Tempel und Garten Gottes machen. Wir können wohl am Aeußeren unserer Kinder erziehen und bilden und sollen es auch, aber in die innere Werkstätte des Herzens eines Kindes greift auch die treuste Elternhand nicht. Da stehen wir ohnmächtig da, und deshalb nehmen wir unsere Kinder und bringen sie unter den Strahl der Sonne des Heiligen Geistes, daß Er in ihrem Herzen die Blüthen auffüsse. Gottes Geist allein kann schaffen, daß dies Kind nicht ein Dornzweig um Euer Herz, sondern ein Delzweig um Euren Tisch werde.

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So nehmt es denn als ein Segenskind aus der heiligen Taufe heim: „Ich will dich segnen“, spricht zu ihm sein Gott und HErr, aber auch: „Du sollst ein Segen sein.“ Wir reden wohl von einem Kindersegen“ und preisen das Haus glücklich, wo viele Kinder sind, weil mit jedem Kinde auch ein besonderer Segen ins Haus zieht. Der tiefste Segen aber, den unsere Kinder für uns haben, ist der, durch sie und mit ihnen selbst wieder zu Kindern zu werden, daß wir im Glauben und in der Demuth uns zu ihnen herabneigen und sie zu uns heraufziehen, wie ein Gärtner sich neigt zu den Blumen, die er pflegen

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