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VORWORT.

Als ich vor vier Jahren meine »>Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels« der Oeffentlichkeit übergab, hatte ich wenig Hoffnung, die darin ausgesprochenen Ideen zur Verbesserung und Verallgemeinerung der mitgetheilten astrophotometrischen Methode in nächster Zeit verwirklichen zu können. Theils persönliche Verhältnisse, theils die mancherlei Mängel, welche man dem von mir construirten Instrumente vorwarf, ohne sich der Mühe zu unterziehen, dasselbe practisch zu prüfen, drohten die Fortsetzung der begonnenen Untersuchungen in weite Ferne hinaus zu rücken.

Da bot sich mir durch die freundliche Theilnahme des Herrn Professor BRUHNS, dem ich mich für dieselbe zum aufrichtigsten Danke verpflichtet fühle, die Gelegenheit, meine photometrischen Beobachtungen an der unter seiner Leitung stehenden, neuen Universitäts-Sternwarte zu Leipzig wieder aufzunehmen. Letztere liess im Mai 1862 ein nach meiner Angabe construirtes Photometer, unter Anwendung mehrerer bereits in meiner früheren Schrift angedeuteten Verbesserungen, anfertigen.

So wurde z. B. die, zur Erzeugung der künstlichen Sterne bisher angewandte, Gaslampe durch eine besonders construirte Petroleumlampe ersetzt, wodurch das Instrument sehr bedeutend an Bequemlichkeit gewann. Ferner wurden durch Anwendung geeigneter Convexlinsen die künstlichen Sterne vor die reflectirende Glasplatte verlegt, eine Verbesserung, welche es gestattet, mein Astrophotometer selbst auf die schwächsten Sterne anzuwenden.

Die wesentlichste Verbesserung jedoch besteht darin, dass das Photometer eine Einrichtung erhalten hat, durch welche es mit jedem beliebigen, auch parallactisch montirten, Fernrohre in Verbindung gesetzt werden kann, wie diess die vorliegenden Untersuchungen zur Genüge beweisen werden.

Das ganze so verbesserte Astrophotometer, inclusive Colorimeter, hat mit einem Kostenaufwande von c. 70 Thalern hergestellt werden können, was ich mir bezüglich der hohen Preise anderer, denselben Zweck verfolgender, Instrumente hier besonders hervorzuheben erlaube.

Es seien mir nun noch einige Worte über die Entstehung und das Ziel der gegenwärtigen Untersuchungen selbst ge

stattet.

Trotz der mannigfachen Aufforderungen, die Zweckmässigkeit und Bequemlichkeit meines Astrophotometers durch die Anstellung von Massenbeobachtungen zu beweisen und einen Katalog von mehreren Tausend photometrisch bestimmter Sterne anzufertigen, habe ich mich doch aus verschiedenen Gründen nicht zur Ausführung einer solchen Arbeit verstehen können.

Bei Einführung einer neuen Methode in die Wissenschaft kommt es, nach meiner Meinung, vor allen Dingen darauf an, dass man durch zweckmässig angestellte Versuche zunächst die Zuverlässigkeit der Methode selbst ausser allen Zweifel stelle. Dies wird aber durch die erwähnten Massenbeobachtungen nicht erreicht, vielmehr setzt man sich hierbei der Gefahr aus, einen grossen Theil der aufgewandten Mühe und Arbeit als vergeblich betrachten zu müssen, falls sich nachträglich constante Fehlerquellen und individuelle Einflüsse bei der benutzten Methode herausstellen sollten.

Es giebt nun zwei Wege, sich von der Zuverlässigkeit einer Methode zu überzeugen. Man vergleicht entweder die durch sie erhaltenen Werthe mit den nach andern Methoden unter gleichen Umständen gefundenen Grössen, oder man richtet seine Beobachtungen so ein, dass man im Stande ist, die empirisch erlangten Werthe durch theoretisch abgeleitete controliren zu können.

Ich habe bei den vorliegenden Untersuchungen beide Wege eingeschlagen. Zunächst habe ich nachgewiesen, dass mit Hülfe der von SEIDEL aufgestellten Tabelle für die Absorption des Lichtes in der Atmosphäre alle meine Beobachtungen, sowohl die in der Nacht als auch am Tage angestellten, in überraschend befriedigender Weise auf das Zenith reducirt werden können. Da die Zenithdistanzen bei den angestellten Beobachtungen bis über 75° gehen und sich SEIDEL zur Anfertigung seiner Tabelle des STEINHEIL'schen Prismenphotometers bedient hat, so folgt aus der erwähnten Anwendbarkeit jener Tabelle, dass mein, auf dem Polarisationsgesetz basirtes, Astrophotometer für das Helligkeitsverhältniss zweier gleich farbiger Lichtmengen durch

schnittlich denselben Werth liefert, wie das STEINHEIL'sche Prismenphotometer.

Ebenso ist bei den Untersuchungen über die Lichtstärke der Mondphasen gezeigt worden, dass die hierfür von Sir JOHN HERSCHEL nach seiner » astrometrischen « Methode erlangten Werthe im Allgemeinen mit den meinigen übereinstimmen.

Ausserdem habe ich, bei der Bestimmung des mittleren Helligkeitsverhältnisses von Sonne und Vollmond, zwei verschiedene Beobachtungsmethoden angewandt, welche zwar beide auf dem Polarisationsprincipe beruhen, aber doch im Uebrigen ganz wesentlich von einander unterschieden sind. Auch hier lieferte die gefundene Uebereinstimmung der Resultate den Beweis von der Brauchbarkeit der benutzten Methode. Zur theoretischen Controle der Zuverlässigkeit einer photometrischen Methode bieten die Lichtverhältnisse der einzelnen Körper des Planetensystems, wegen des Wechsels ihrer Entfernungen von Sonne und Erde, ein bei Weitem besseres Material, als die Intensitätsdifferenzen der Fixsterne.

Ich beschloss daher, jene Lichtverhältnisse näher festzustellen, und die befriedigende Art und Weise, mit welcher hierbei das Gesetz der Abnahme des Lichtes mit der Entfernung der Lichtquelle angewandt werden konnte, lieferte abermals den Beweis, dass die erlangten Werthe wirklich dem Intensitätsverhältniss der beobachteten Gestirne entsprechen.

Um auch die Gesetze der Beleuchtung zerstreut reflectirender Oberflächen hierbei verwerthen zu können, war ich genöthigt, auf die Arbeiten BOUGUER'S und LAMBERT'S etwas näher einzugehen. Die Resultate dieser Untersuchung habe ich in dem kritischen Theile entwickelt, welcher gleichzeitig dazu bestimmt ist, als Einleitung in die folgenden, theoretischen

Untersuchungen zu dienen; letztere sind als meine Habilitationsschrift bereits im März d. J. gedruckt, aber nicht besonders im Buchhandel erschienen.

BOUGUER und LAMBERT sind als die eigentlichen Begründer der wissenschaftlichen Photometrie zu betrachten und ich konnte nicht umhin, bei der dargebotenen Gelegenheit, an die hohen Verdienste zu erinnern, welche sich jene Männer vor mehr als hundert Jahren um die Entwickelung und Pflege einer, seit jener Zeit fast gänzlich in Vergessenheit gekommener, Wissenschaft erworben haben.

Zur photometrischen Bestimmung so bedeutender Lichtunterschiede, wie sie uns die Sonne zu den Planeten darbietet, war die Construction zum Theil neuer Apparate erforderlich. Als Beweis, dass man die Lösung der hierdurch gegebenen Probleme als gelungen betrachten darf, sei hier nur bemerkt, dass ich mit Hülfe jener Instrumente das mittlere Helligkeitsverhältniss der Sonne zum Neptun mit einer wahrscheinlichen Unsicherheit von 5.5 Procent des erhaltenen Werthes bestimmt und gefunden habe, dass die mittlere Sonne c. 79.62 Billionen Mal heller als Neptun in mittlerer Opposition ist:

Im letzten Theile habe ich mit Berücksichtigung der neuesten Ergebnisse der Spectralanalyse und der von mir erlangten photometrischen Resultate versucht, die verschiedenen, ausser den Ortsveränderungen an den Himmelskörpern beobachteten Erscheinungen, lediglich als Consequenzen einer Hypothese darzustellen, welche für unser Planetensystem bereits die allgemeinste Verbreitung und Anerkennung gefunden hat. In wie weit mir dieser Versuch gelungen ist, muss ich dem nachsichtigen Urtheile meiner Leser anheimstellen.

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