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Nachdem im folgenden Paragraphen noch darauf hingedeutet wird, dass man sich bei Zugrundlegung der Newton'schen Emanationshypothese einer ähnlichen Beweisführung bedienen könne, schliesst LAMBERT mit folgenden Worten:

>> Ceterum nobis perinde erit, qualicunque ratione positio nostra demonstretur, quum sufficiat, eam ex observationibus esse deductam. « (!)

7.

Einen hiervon gänzlich verschiedenen Weg der Beweisführung versucht nun BEER in seinem 1854 erschienenen » Grundriss des photometrischen Calcüls « zu betreten. Die Veranlassung zur Herausgabe jener Schrift ist nach der Vorrede das Bestreben, »dem Physiker die Behandlung der wichtigsten Probleme der Photometrie in moderner Form und von allem Fremdartigen befreit bieten zu können. << Es ist demgemäss eine moderne Bearbeitung von LAMBERT'S Photometrie, die jedoch, abgesehen von eigenen Beiträgen und Zusätzen, vorzugsweise das grosse Verdienst hat, in unseren Tagen zum ersten Male wieder auf einen interessanten Theil der mathematisch-physikalischen Disciplinen aufmerksam gemacht zu haben, welcher ein volles Jahrhundert in derselben Entwickelungsphase stehen geblieben war, in welcher ihn seine Begründer der Nachwelt hinterlassen hatten.

Bei Ableitung der photometrischen Principien versucht nun der Verfasser gedachter Schrift in unmittelbarem Anschluss an die Beweise für die Gesetze der Ausbreitung) des Lichtes, die Richtigkeit auch des Emissionsgesetzes zu demonstriren.

Ich will nun zeigen, dass dieser Versuch nicht nur als ein gänzlich missglückter zu betrachten ist, sondern dass sich sogar auf dem von BEER dabei eingeschlagenen Wege die oben in Uebereinstimmung mit BOUGUER, EULER und LAPLACE behauptete Constanz der Quantität des unter verschiedenen Winkeln ausgestrahlten Lichtes mit logischer Nothwendigkeit ergeben muss.

Es sei P (Fig. 3, Taf. I) ein leuchtender Punct, der nach allen Seiten hin gleich viel Licht entsende, so dass bei der Fortpflanzung selber (durch Absorption) kein Theil desselben verloren geht. K' sei

1) Entfernungs- und Incidenzgesetz.

eine Kugelschale, welche mit dem Abstande des Flächenelementes εum P beschrieben ist.

Nachdem nun BEER in der bekannten Weise das Gesetz der Abnahme des Lichtes mit der Entfernung vom leuchtenden Puncte bewiesen hat (1. c. p. 4 u. 5), geht er zum Beweise des Incidenz- und Emissionsgesetzes über und verfährt hierbei wörtlich wie folgt. 1)

Incidenzgesetz.

>> Aus der soeben geltend gemachten Annahme von der Erhaltung der Lichtquantität folgt, dass das Element ", welches ebensoweit von P entfernt ist wie ', und welches von einem Kegel umschrieben wird, dessen Spitze P und dessen Directrix der Umfang von e' ist, von derselben Lichtquantität getroffen wird wie das Element '. Bezeichnen wir diese mit x, so ist also die Quantität, welche auf einen dem Elemente e' gleichen Theil von ε" trifft, x. Das Verhältniss ist aber dem Cosinus des Neigungswinkels a beider Elemente, oder dem Cosinus des Winkels gleich, unter welchem die von P ausgehende Strahlung auf das Element" trifft. Drehen wir also das Element &', bis es mit " zusammenfällt, so wird es von der Quantität x. cos a getroffen. Die von einem Puncte auf ein Element ausgestrahlte Lichtquantität ist somit dem Cosinus des Incidenzwinkels proportional.

ε"

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Emanationsgesetz.

» Denken wir uns, dass das Element &" selbstleuchtend werde, und nehmen wir an, was wahrscheinlich ist, dass die Fortpflanzung des Lichtes von den einzelnen Puncten von " nach P hin in gleicher Weise wie die Fortpflanzung von P nach den einzelnen Puncten von "hin stattfinde, so ist die nächste Folge dieser Annahme die, dass der Punkt P von dem Elemente" dieselbe Lichtquantität empfängt, welche er von empfangen würde, wenn dieses Element mit derselben Energie wie " Licht entwickeln würde. Unter

1) Phot. Calc. p. 5 und 6.

diese Quantität verstanden, ist also x. cos a die Quantität Lichtes, welche der Punct P von einem dem Elemente & gleichen Theile von " erlangt. Der Winkel a, welchen die beiden Elemente einschliessen, ist aber auch der Winkel, unter welchem das Licht von " ausströmt. Das von einem leuchtenden Elemente nach einem Puncte hin ausströmende Licht ist somit dem Cosinus des Emanationswinkels proportional. <«<

Man erkennt nun ohne Mühe, dass die in den mit fetter Schrift gedruckten Worten enthaltene Bedingung eine auf der Hand liegende Petitio principii involvirt.

Denn bei der Ableitung des Incidenzgesetzes wurde gezeigt, dass das Element' eine im Verhältniss des Cosinus des Incidenzwinkels zur Einheit stärkere Beleuchtung als das Element ɛ" erhielt. Sollen also bei der hier vorgenommenen Umkehrung beide Elemente unter der Voraussetzung des Selbstleuchtens trotz ihrer verschiedenen Neigung eine gleiche Quantität Licht nach P senden (gerade so wie sie vorher, als P leuchtend war, in derselben Lage eine gleiche Quantität Licht von P empfingen), so müssen ihnen auch nothwendig »Energien des Leuchtens« (vires illumi– nantes) ertheilt werden, welche in demselben Verhältnisse stehen, wie vorher ihre Erleuchtungen.

Indem dies BEER gänzlich übersieht und beiden Elementen eine gleiche Leuchtkraft zuertheilt, wird er mit Hülfe der hier aufgedeckten Petitio principii zum Lambert'schen Emissionsgesetz geführt. Vermeidet man hingegen jenen Trugschluss, so gelangt man, wie sich unmittelbar aus der angestellten Betrachtung ergiebt, nothwendig zu dem Satze, dass die von einem leuchtenden Elemente ausgestrahlte Lichtmenge unabhängig vom Emanationswinkel ist. Hieraus folgt, dass dieser Satz eine nothwendige Folge derjenigen Prämissen ist, aus denen das Incidenzgesetz abgeleitet wird, und mithin jeder Versuch, aus denselben Prämissen das Lambert'sche Emissionsgesetz zu beweisen, nothwendig auf Widersprüche führen muss.

Es sei schliesslich, mehr der Vollständigkeit als der wissenschaftlichen Bedeutung wegen, noch eines dritten Beweises für das Lambert'sche Gesetz gedacht, welcher in einer erst kürzlich erschie

nenen Schrift von RHEINAUER enthalten ist). Dieser Beweis besteht eigentlich aus zwei Theilen: im ersten wird der soeben widerlegte BEER'sche Beweis ganz unvollständig wiederholt und alsdann im zweiten, »um den Grund hiervon einzusehen «<, LAMBERT's theoretischer Beweis in corrumpirter Gestalt hinzugefügt.

8.

Aus dem bisher Mitgetheilten wird zur Genüge ersichtlich sein, dass jenes fragliche Gesetz, welches annähernd durch die Beobachtung bestätigt wird, mit unsern Vorstellungen über die Constitution einer selbstleuchtenden oder zerstreut reflectirenden Oberfläche theoretisch schlechterdings unvereinbar ist. Es wird sich also darum handeln, diese Vorstellungen den Beobachtungen entsprechend zu modificiren und demgemäss zu untersuchen, wie man sich bei einem leuchtenden Körper die Anordnung der nach allen Seiten hin gleichmässig Licht ausstrahlenden Elemente zu denken habe, wenn dem Lambert'schen Emissionsgesetze genügt werden soll.

Bei dieser Untersuchung wird es von Nutzen sein, auf die dem Lichte so nahe verwandten Erscheinungen der strahlenden Wärme etwas näher einzugehen. Die Phänomene auf diesem Gebiete haben sowohl in theoretischer als auch experimenteller Beziehung durch die Arbeiten eines FOURIER), POISSON) und MELLONI) eine bei Weitem tiefer gehende Behandlung als die oben erwähnten Erscheinungen des Lichtes erfahren.

3

Auch hier verlangen nun die Beobachtungen bezüglich der Wärmeausstrahlung von einer erhitzten Oberfläche die Annahme, dass die Intensität dieser Strahlung proportional dem Cosinus des Emanationswinkels sich ändere.

Indessen giebt auch bereits FOURIER eine vollkommen genügende theoretische Erklärung dieses Gesetzes und setzt die hierbei über

1) Grundzüge der Photometrie, bearbeitet von Dr. J. RHEINAUER (p. 2 u. 3). Halle 1862.

2) FOURIER. Théorie analytique de la Chaleur. Paris 1822.

3) POISSON. Théorie mathématique de la Chaleur. Ib. 1835.

4) MELLONI. La thermochrose ou la coloration calorifique. Naples 1850.

die Anordnung der strahlenden Molecüle gemachte Hypothese in folgender Weise auseinander (1. c. §. 46) '):

>> Ainsi la chaleur qui sort dans toutes les directions d'une partie d'une surface solide pénètre dans l'air jusqu'à des points fort éloignés; mais elle n'est émise que par les molécules du corps, qui sont extrêmement voisines de la surface. Un point d'une masse échauffée, placé à une très-petite distance de la superficie plane qui sépare la masse de l'espace extérieur, envoie à cet espace une infinité de rayons; mais ils n'y parviennent pas entièrement ; ils sont diminués de toute la quantité de chaleur qui s'arrête sur les molécules solides intermédiaires.

La partie du rayon qui se dissipe dans l'espace est d'autant moindre, qu'elle traverse un plus long intervalle dans la masse. Ainsi le rayon qui sort perpendiculairement à la superficie a plus d'intensité que celui qui, partant du même point, suit une direction oblique, et les rayons les plus obliques sont entièrement interceptés.

La même conséquence s'applique à tous les points qui sont assez voisins de la superficie pour concourir à l'émission de la chaleur, il en résulte nécessairement que la quantité totale de chaleur qui sort de la surface sous la direction perpendiculaire est beaucoup plus grande que celle dont la direction est oblique.

Nous avons soumis cette question au calcul, et l'analyse que nous en avons faite démontre que l'intensité du rayon est proportionnelle au sinus de l'angle que ce rayon fait avec l'élément de la surface. Les expériences avaient déja indiqué un résultat

semblable. <<

Wie man sieht, beruht das Wesentliche der vorstehenden Erklärung in der Annahme, dass bei der Wärmeausstrahlung eines Körpers nicht nur die in der Oberfläche gelegenen Molecüle, sondern auch bis zu einer gewissen Tiefe hinein die unter der Oberfläche gelegenen Theilchen mitwirken.

Was nun die experimentelle Bestätigung jenes Gesetzes betrifft, so bemerkt FOURIER über diesen Punct (1. c. §. 16):

1) FOURIER leitet diesen Satz auch noch aus dem allgemeinen Principe des thermischen Gleichgewichtes (»l'équilibre de la chaleur«) ab. Annales de Chim. et Phys. 1817. T. IV, p. 128.

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