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classen leicht verwirrung entstehen kann. die ausnahmeregel der feminina fängt jetzt so an:

männlich alle sind auf nis
auf ex, icis und auf guis.

durch diese kurze fassung wird zwar die aufzählung von lex, supellex, nex und von sanguis, anguis, unguis vermieden, dafür aber dem schüler auch mehr denkarbeit zugemutet. die frühere regel war länger, aber deutlicher.

Die unregelmäszigen verba sind besser als früher geordnet, seltene wörter oder ungebräuchliche simplicia hinausgeworfen; es fehlen: fricare, ciere, algere, frigere, liceri, vellere, cudere, sidere, rodere, tingere, tundere, sapere, quatere, suescere, delitescere, erubescere, fulcire.

Auch die lesestücke lassen überall die bessernde hand des herausgebers erkennen. eine menge schwerer verständlicher oder philosophischer sätze sind getilgt, die zusammenhängenden stücke des sextanerpensums leichter gemacht. vermehrt ist der lesestoff der 3n declination und der pronomina. unter den letztern sätzen ist auch ein hübsches neues stück über den tod des Atticus eingeschoben. BERLIN. FICHTE.

7.

WANDLUNGEN DER GESCHICHTSAUFFASSUNG UND DES GESCHICHTS

UNTERRICHTES, BESONDERS IN DEUTSCHLAND. VON RICHARD

MAHRENHOLTZ IN DRESDEN.

Hamburg, verlagsanstalt und

druckerei A. G. (vormals J. F. Richter). 1891. 74 s.

Die abhandlung, welche in den deutschen zeit- und streitfragen, neue folge', sechster jahrgang erschienen ist und heft 84/85 dieser zeitschrift bildet, verdient die beachtung der geschichtslehrer an gymnasien und realschulen in hohem grade, zumal sie, wie auf s. 4 und 5 zu lesen ist, unmittelbar an die allerhöchste cabinetsordre kaiser Wilhelms II vom 1 mai 1889 und die ministeriellen ausführungsbestimmungen zu derselben vom 18 october 1890 anknüpft, auch die allgemein bekannt gewordene verfügung der kgl. regierung zu Magdeburg, betreffend lehrpläne für den vaterländischen geschichtsunterricht, vom 11 mai 1891 berücksichtigt, sie besteht aus einer einleitung (s. 3-5) und zwei längeren teilen (s. 5—22 und s. 22-74), von denen der erste die überschrift trägt: 'die herkömmliche geschichtsauffassung und geschichtsdarstellung', der zweite: "reformversuche und demokratische geschichtsauffassung' betitelt ist. wir wollen uns nicht darauf beschränken, in unserer beurteilung das grosze verdienst der arbeit im allgemeinen hervorzuheben, vielmehr bei der überaus hohen wichtigkeit des gegenstandes den gedankengang der abhandlung selbst im wesentlichen wiedergeben.

SO

Was zunächst die äuszere anordnung des stoffes betrifft, wäre es zur erleichterung der übersicht wohl besser gewesen, den zweiten teil auf s. 55 abzubrechen und auf s. 56 eine dritte abteilung zu machen, deren überschrift etwa lauten könnte: 'meine gedanken über den gang des geschichtsunterrichts auf deutschen. gymnasien und realschulen.' doch kommt selbstredend hierauf sehr wenig an.

In der einleitung erzählt der verfasser zunächst, dasz der dem einfach nützlichen zugewandte und eben deswegen hochverdiente, aber der tieferen humanen bildung entbehrende könig Friedrich Wilhelm I von Preuszen den erzieher seines sohnes ausdrücklich anwies, die geschichte der Griechen und Römer, weil diese beiden völker gar nichts taugten, im unterrichte ganz zu übergehen. daraus erklärt es sich, dasz Friedrich der grosze die alte geschichte nur aus französischen bearbeitungen kannte, der verfasser begrüszt alsdann die umgestaltung des gymnasiums im modernen und nationalen sinne als eine groszthat der gegenwart, deren herliche früchte sich im verlaufe der zeit immer mehr und mehr zeigen würden, spricht sich aber für ein maszhalten in der beschränkung des altclassischen sprachunterrichts aus. er stimmt daher, wie er sagt, nur in einem punkte in den ruf nach weiterer umgestaltung des höheren schulwesens ein, nämlich in der begrenzung des allzu groszen raumes, den die sprache und geschichte der beiden alten völker zum nachteile der neueren noch heute im lehrplane des gymnasiums einnimmt, und miszt die schuld dafür, dasz der junge mann heutzutage meist ohne die erforderliche vorbildung und reife in das öffentliche, vielfachen schwankungen ausgesetzte leben eintritt, lediglich dem umstande bei, dasz er mehr mit der alten, als mit der neueren und neuesten geschichte vertraut ist und kaum die allernötigsten vorkenntnisse des jetzigen rechts- und verfassungswesens besitzt.

Im ersten teile der arbeit beweist der verfasser zunächst mit groszem geschick, dasz die bisherige annahme, die französischen philosophen der aufklärung hätten zuerst unter betonung des volkstümlichen elements der geschichte für die politische bildung der massen gewirkt, irrig ist; er zeigt vielmehr, dasz die freidenker sich um das volk gar nicht und nur um die jüngeren, noch umbildungsfähigen personen des bürgerstandes gekümmert, überhaupt lediglich danach gestrebt haben, ihre ideen unter den hochgestellten zu verbreiten; durch ihre geschichtsdarstellungen hätten sie den glauben geweckt und genährt, dasz ihre meinungen schon im altertum und stellenweise im mittelalter, beziehungsweise in der neueren zeit bekannt gewesen seien. insbesondere hätten sie sich die zeit des humanismus, der erneuerung von kunst und wissenschaft, zum ausgangspunkt genommen; es habe daher Voltaire trotz seines hasses gegen die katholische kirche das wirken der altertumsforscher viel höher angeschlagen, als die bemühungen der kirchenreformatoren;

insbesondere habe er in den deisten Englands die freunde seiner kirchlichen und in dem ausgange der englischen verfassungskämpfe das ideal seiner politischen ansichten erblickt.

Die geschichtsauffassungen des scharfsinnigen d'Alembert und Rousseaus charakterisiert der verfasser ebenfalls sehr richtig. ersterer sieht nach Mahrenholtz in der geschichte nur ein mittel, die fürsten vor den fehlern der vergangenheit zu bewahren und zur nachahmung von tugenden anzufeuern, letzterer erblickt in der republikanischen freiheit Spartas, Athens und Roms das ideal der abstracten volkssouveränität. er erklärt d'Alemberts vorschlag, auf den die pädagogik, insbesondere die der neueren Herbartianer, in unseren tagen wieder zurückkommt, den geschichtsunterricht mit der nächsten vergangenheit zu beginnen und mit der entferntesten vorzeit zu beendigen, als natürlich und Rousseaus geschichtliche, meist aus Plutarchs schönrednerischen lebensbildern stammenden lieblingsanschauungen für unhistorisch. dasz der in den zeiten der französischen revolution übliche Caesarenhasz, die schwärmerei für Cato und Brutus, die falsche anwendung der begriffe freiheit und republik hauptsächlich auf Rousseau zurückzuführen ist, dürfte ohnehin wohl über jeden zweifel erhaben sein, ebenso dasz das ausgebildete nationalgefühl der Franzosen selbst durch die verherlichung der alten welt keine abminderung erfuhr, zumal man bis zum beginn des achtzehnten jahrhunderts durchaus in einklang mit der katholischen kirche blieb. auch Deutschland und der protestantismus wurden in damaliger zeit vom geiste des zweifels, welcher an den hergebrachten, teilweise verknöcherten formen im leben, denken und glauben rüttelte, erfaszt und zwar derart, dasz Kants und Lessings kritik, der rationalismus innerhalb der protestantischen kirche, die sturm- und drangperiode der deutschen politischen litteratur in Goethes und Schillers jugendwerken zunächst dem humanismus und kosmopolitismus bahn brachen; doch konnte bei der traurigen politischen lage ein gefühl für deutsche nationalehre damals schlechterdings nicht erwachen, wogegen die begeisterung für Griechenland und Rom sehr viel zu der reichen entfaltung unserer deutschen litteratur und kunst beitrug.

In Frankreich dagegen entlehnten die Girondisten und Jacobiner in den jahren 1789-1793 die schlagwörter der revolution den republikanischen geschichtschreibern und besonders rednern des altertums, sowie dem 'contrat social' Rousseaus und priesen Brutus und den jüngern Cato neben den ehrgeizigen Gracchen, die der verfasser richtig als reine parteimänner bezeichnet, über alle maszen. den von jeher beliebten vergleich Napoleons I mit Caesar charakterisiert Mahrenholtz treffend als eine auf gänzlicher verkennung alter und neuer staatsverhältnisse beruhende hypothese. obwohl Niebuhr die herkömmlichen fabeln der römischen überlieferung umstiesz, dauerte es noch lange, bis man die alte und später die neuere geschichte objectiv bearbeitete und lehrte. so wurden von zahlreichen

geschichtschreibern und geschichtslehrern Robespierre, Danton und die emigranten für das unheil der schreckenszeit der französischen revolution verantwortlich gemacht, obwohl es hauptsächlich durch die aufrührerischen reden der Girondisten veranlaszt war. in Deutschland und Frankreich hörte damals der geschichtsunterricht meist mit dem jahre 1786 bzw. 1789 auf und wurde das bauptgewicht auf das den tagesströmungen gänzlich fern liegende classische altertum gelegt; die schüler erhielten daher die ersten begriffe von verfassung, verwaltung, recht und patriotismus durch die darstellung der Solonischen und Sullanischen verfassung, der colonien Griechenlands und Roms und der Gracchischen neuerungen. die beiden alten sprachen wurden ähnlich behandelt, wie zur zeit des humanismus, so dasz die lateinische sprache übermäszig bevorzugt, wenig gewicht dagegen auf die griechische gelegt wurde. Mahrenholtz zählt auf s. 16 und 17 die namen vieler berühmter männer auf, die griechisch teils gar nicht, teils sehr wenig verstanden; wir finden darunter Valentin Conrart, Voltaire, Rousseau, d'Alembert, selbst Schiller und Herder. die herschende stellung des lateinischen und griechischen im gymnasiallehrplan entstammt erst der reactionsperiode (1815-1848). so kam es, dasz die kurz nach 1815, besonders in Deutschland, gegründeten realschulen von vielen als stützpunkte zeitgemäszer anschauungen angesehen wurden, obwohl der geschichtsunterricht in den realanstalten ebenfalls von der etwas gekürzten alten geschichte ausgieng. insbesondere wirkte in Deutschland die zerrissenheit des reiches und das überwiegen der territorialgeschichte hemmend auf die nationale auffassung des geschichtsunterrichts und der geschichtsdarstellung ein; jeder deutsche staat wünschte seine eigne geschichte; der deutsche beruf der Hohenzollern kam nicht zu seinem rechte. der verfasser stellt auf s. 20-22 alle unrichtigkeiten zusammen, von denen der geschichtsunterricht bis jetzt beherscht war. wir wählen die hervorstechendsten aus. in der geschichte des mittelalters nahm man das weltreich Karls des groszen, die zeit der Ottonen und Hohenstaufen zu ausgangspunkten, stellte letztere aber, meist Fr. v. Raumer folgend, entschieden zu ideal dar. dasz Karl der grosze allzu grausam gegen die unterworfenen Sachsen verfuhr, während markgraf Gero zur unterdrückung der nationalfeinde lediglich erlaubte mittel anwandte, ferner dasz Heinrich IV das deutsche bürgertum in hohem grade begünstigte, dasz Heinrich der löwe Deutschland gegen die Slaven schützte und, die nutzlosigkeit der Römerzüge durchschauend, sie zu verhindern suchte, wurde nicht erwähnt, ebenso wenig, dasz Cziska und Prokop geradezu unmenschlich auftraten. die deutschen rottenführer im dreiszigjährigen kriege graf Thurn, graf von Mansfeld, herzog Christian von Braunschweig wurden lediglich aus confessionellen gründen als vorkämpfer für die protestantische sache dargestellt und die eigensüchtigen auszerdeutschen bundesgenossen, wie die könige Heinrich II von Frankreich, Christian IV von Däne

mark und Gustav Adolph von Schweden als beschützer, ja retter der protestanten gepriesen. fast allgemein wurde früher angenommen, dasz nur die kurfürsten von Brandenburg und Sachsen, die den eigennutz der Schweden durchschauten, den fall Magdeburgs verschuldet hätten. der verfasser führt auf s. 22 noch an, dasz die geschichtschreiber der neuzeit v. Ranke und v. Sybel, auf die Deutschland stets stolz sein wird, anfangs nicht genügend beachtet und misverstanden wurden, weil sie mit recht die nationale bedeutung Preuszens hervorhoben und die thaten der brandenburgischen fürsten höher stellten, als die der Ottonen und Hohenstaufen.

Wir sind bei der beurteilung des ersten teils auf den ganzen inbalt der abhandlung eingegangen; um so kürzer können wir uns beim zweiten teile fassen.

Die überschrift des zweiten teiles dürfte wohl richtiger lauten: 'demokratische geschichtsauffassung und reformversuche', da von ersterer sogleich im eingange (s. 22 unten) die rede ist, letztere erst später erwähnt werden. der verfasser zeigt, wie in der sogenannten reactionszeit die in England und Frankreich üblichen demokratischen gesichtspunkte in der beurteilung der geschichte auch in Deutschland maszgebend wurden; er spricht auf s. 23 über Rottecks, der die deutschen zustände nach den auf die julirevolution 1830 folgenden französischen beurteilt, stellung zur geschichtschreibung das entscheidende wort, indem er ihm viel von seinem ruhm nimmt und ihn als geschichtschreiber zweiten ranges bezeichnet; er erklärt ferner die neigung zahlreicher staatsrechtslehrer der damaligen zeit, das deutsche volk auf Englands geordnete verhältnisse hinzuweisen, als psychologisch natürlich. das hauptinteresse der schrift dreht sich von jetzt an um die vortrefflichen, teilweise bis jetzt unerreichten historiker des neuern zeit, Leopold v. Ranke, Schlosser, Gervinus, H. v. Sybel, J. G. Droysen, H. v. Treitschke, alsdann um die anhänger der Herbartschen unterrichts weise, soweit dieselbe den geschichtsunterricht betrifft, namentlich um die abhandlungen von Zillig: 'der geschichtsunterricht in der elementaren erziehungsschule', jahrbuch des vereins für wissenschaftliche pädagogik 1882 s. 89-245, Ziller: allgemeine pädagogik, herausgegeben von K. Just, Leipzig 1884, und um zwei arbeiten von K. v. Biedermann: 'der geschichtsunterricht in der schule, seine mängel und ein vorschlag zur abhilfe' (1860) und besonders 'der geschichtsunterricht auf schulen nach culturgeschichtlicher methode' (1885); auch wird der leistungen Herbsts, Jägers, Löbells u. a., sowie der vortrefflichen 'lehrgänge und lehrproben', auch der 'pädagogischen abhandlungen' von O. Frick und A. Richter gedacht. an dieser stelle hätten noch Giesebrechts reformen des geschichtsunterrichts in Bayern, der früher dort lediglich nach confessionellen rücksichten erteilt wurde, erwähnt werden können.

Die auf s. 23-26 gegebene hervorhebung der unterschiede in der geschichtsauffassung bei Ranke, Schlosser und Gervinus zeugt

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