Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

Verkommen gründlicher Erkenntniß, als ein Büßen dieser Gleichgültigkeit anzusehen. Zunächst scheint wohl die Seichtigkeit etwa am allerverträglichsten, wenigstens mit äußerer Ordnung und Ruhe zu seyn, weil sie nicht dazu kommt, die Substanz der Sachen zu berühren, ja nur zu ahnden; sie würde somit zunächst wenigstens polizeilich nichts gegen sich haben, wenn nicht der Staat noch das Bedürfniß tieferer Bildung und Einsicht in sich schlösse und die Befriedigung desselben von der Wissenschaft forderte. Aber die Seichtigkeit führt von selbst in Rücksicht des Sittlichen, des Rechts und der Pflicht überhaupt, auf diejenigen Grundsäge, welche in dieser Sphäre das Seichte ausmachen, auf die Principien der Sophisten, die wir aus Plato so entschieden kennen lernen, die Principien, welche das, was Recht ist, auf die subjektiven Zwecke und Meinungen, auf das subjektive Gefühl und die partikuläre Ueberzeugung ftellen, Principien, aus welchen die Zerstörung ebenso der innern Sittlichkeit und des rechtschaffenen Gewissens, der Liebe und des Rechts unter den Privatpersonen, als die Zerstörung der öffentlichen Ordnung und der Staatsgefeße folgt. Die Bedeutung, welche dergleichen Erscheinungen für die Regierungen gewinnen müssen, wird sich nicht etwa durch den Titel abweisen lassen, der sich auf das geschenkte Zutrauen selbst und auf die Autorität eines Amtes stügte, um an den Staat zu fordern, daß er das, was die substantielle Quelle von den Thaten, die allgemeinen Grundsäge, verdirbt, und sogar deffen Trok, als ob es sich so gehörte, gewähren und walten laffen solle. Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand, ift ein alter Scherz, den man wohl in unsern Zeiten nicht gar für Ernst wird behaupten wollen.

[ocr errors]

In der Wichtigkeit der Art und Weise des Philosophirens, welche durch die Umstände bei den Regierungen aufgefrischt worden ist, läßt sich das Moment des Schußes und Vorschubs nicht verkennen, deffen das Studium der Philosophie nach vie

-

len andern Seiten hin bedürftig geworden zu seyn scheint. Denn liest man in so vielen Produktionen aus dem Fache der positiven Wissenschaften, ingleichen der religiösen Erbaulichkeit und anderer unbestimmter Literatur, wie darin nicht nur die vorhin erwähnte Verachtung gegen die Philosophie bezeigt ist, daß solche, die zugleich beweisen, daß sie in der Gedankenbildung völlig zurück sind und Philosophie ihnen etwas ganz fremdes ist, doch sie als etwas bei sich Abgethanes behandeln, sondern wie daselbst ausdrücklich gegen die Philosophie losgezogen und ihr Inhalt, die begreifende Erkenntniß Gottes und der physischen und geistigen Natur, die Erkenntniß der Wahrheit als für eine thörichte, ja sündhafte Anmaßung erklärt, wie die Vernunft, und wieder die Vernunft, und in unendlicher Wiederholung die Vernunft angeklagt, herabgesegt und verdammt, oder wie wenigstens zu erkennen gegeben wird, wie unbequem bei einem großen Theile des wissenschaftlich seyn sollenden Treibens die doch unabwendbaren Ansprüche des Begriffes fallen, -wenn man, sage ich, dergleichen Erscheinun= gen vor sich hat, so möchte man beinahe dem Gedanken Raum geben, daß von dieser Seite die Tradition nicht mehr ehrwürdig, noch hinreichend wäre, dem philosophischen Studium die Toleranz und die öffentliche Existenz zu sichern. *) — Die zu unserer Zeit gäng und gäben Deklamationen und Anmaßun

*) Dergleichen Ansichten fielen mir bei einem Briefe Joh. v. Müllers (Werke Theil VIII. S. 56.) ein, wo es vom Zustande Roms im Jahre 1803, als diese Stadt unter französischer Herrschaft stand, unter anderem heißt: „Befragt, wie es um die öffentlichen Lehranstalten stehe, antwortete ein Professor: On les tolère comme les bordels." Die fo= genannte Vernunftlehre, nämlich die Logik, kann man wohl sogar noch empfehlen hören, etwa mit der lleberzeugung, daß man sich mit ihr als trockener und unfruchtbarer Wissenschaft entweder ohnehin nicht mehr beschäftige, oder wenn dieß hin und wieder geschehe, man in ihr nur inhaltslose, also nichtsgebende und nichtsverderbende Formeln erhalte, daß somit die Empfehlung auf keinen Fall schaden, sowie nichts nügen werde.

gen gegen die Philosophie bieten das sonderbare Schauspiel dar, daß sie durch jene Seichtigkeit, zu der diese Wissenschaft degradirt worden ist, einer Seits ihr Recht haben, und anderer Seits selbst in diesem Elemente wurzeln, gegen das sie undankbar gerichtet sind. Denn indem jenes fich so nennende Philosophiren die Erkenntniß der Wahrheit für einen thörichten Versuch erklärt hat, hat es, wie der Despotismus der Kaiser Roms Adel und Sklaven, Tugend und Laster, Ehre und Unchre, Kenntniß und Unwissenheit gleich gemacht hat, alle Gedanken und alle Stoffe nivellirt, - so daß die Begriffe des Wahren, die Gefche des Sittlichen auch weiter nichts sind als Meinungen und subjektive Ueberzeugungen, und die verbrecherischsten Grundsäge als Ueberzeugungen mit jenen Gesezen in gleiche Würde gestellt sind, und daß ebenso jede noch so kahle und partikulare Objekte und noch so ftroherne Materien in gleiche Würde gestellt sind mit dem, was das Interesse aller denkenden Menschen und die Bänder der sittlichen Welt ausmacht.

ten,

Es ist darum als ein Glück für die Wissenschaft zu achin der That ist es, wie bemerkt, die Nothwendigkeit der Sache, daß jenes Philofophiren, das sich als eine Schulweisheit in sich fortspinnen mochte, sich in näheres Verhältniß mit der Wirklichkeit gescht hat, in welcher es mit den Grundsäten der Rechte und der Pflichten Ernst ist, und welche im Tage des Bewußtseyns derselben lebt, und daß es somit zum öffentlichen Bruche gekommen ist. Es ist eben diese Stellung der Philosophie zur Wirklichkeit, welche die Mißverständnisse betreffen, und ich kehre hiermit zu dem zurück, was ich vorhin bemerkt habe, daß die Philosophie, weil sie das Ergründen des Vernünftigen ist, eben damit das Erfassen des Gegenwärtigen und Wirklichen, nicht das Aufstellen eines Jenseitigen ist, das Gott weiß wo seyn sollte, oder von dem man in der That wohl zu sagen. weiß, wo es ist, nämlich in dem Irrthum eines einseitigen, lee

[ocr errors]

ren Raisonnirens. Im Verlaufe der folgenden Abhandlung habe ich bemerkt, daß selbst die platonische Republik, welche als das Sprichwort eines leeren Ideals gilt, wesentlich nichts aufgefaßt hat, als die Natur der griechischen Sittlichkeit, und daß dann im Bewußtseyn des in sie einbrechenden tiefern Princips, das an ihr unmittelbar nur als eine noch unbefriedigte Sehnsucht und damit nur als Verderben erscheinen konnte, Plato aus eben der Sehnsucht die Hülfe dagegen hat suchen müssen, aber sie, die aus der Höhe kommen mußte, zunächst nur in einer äußern besondern Form jener Sittlichkeit suchen konnte, durch welche er jenes Verderben zu gewältigen sich ausdachte, und wodurch er ihren tiefern Trieb, die freie unendliche Persönlichkeit, gerade am tiefften verlehte. Dadurch aber hat er fich als der große Geift bewiesen, daß eben das Princip, um welches sich das Unterscheidende seiner Idee dreht, die Angel ist, um welche die damals bevorstehende Umwälzung der Welt sich gedreht hat.

Was vernünftig ist, das ist wirklich;

und was wirklich ist, das ist vernünftig.

In dieser Ueberzeugung steht jedes unbefangene Bewußtseyn, wie die Philosophie, und hiervon geht diese ebenso in Betrachtung des geistigen Universums aus, als des natürlichen. Wenn die Reflexion, das Gefühl oder welche Gestalt das subjektive Bewußtseyn habe, die Gegenwart für ein Eitles ansieht, über sie hinaus ist und es besser weiß, so befindet es fich im Eiteln, und weil es Wirklichkeit nur in der Gegenwart hat, ist es so selbst nur Eitelkeit. Wenn umgekehrt die Idee für das gilt, was nur so eine Idee, eine Vorstellung in einem Meinen ist, so gewährt hingegen die Philosophie die Einsicht, daß nichts wirklich ist als die Idee. Darauf kommt es dann an, in dem Scheine des Zeitlichen und Vorübergehenden die Substanz, die immanent, und das Ewige, das gegenwärtig ist, zu erkennen. Denn das Vernünftige, was synonym ist mit der Rechtsphilof. 2

gen gegen die Philosophie bieten das fonderbare Schauspiel dar, daß sie durch jene Seichtigkeit, zu der diese Wissenschaft degradirt worden ist, einer Seits ihr Recht haben, und anderer Seits selbst in diesem Elemente wurzeln, gegen das fie undankbar ge= richtet sind. Denn indem jenes fich so nennende Philosophiren die Erkenntniß der Wahrheit für einen thörichten Versuch erklärt hat, hat es, wie der Despotismus der Kaiser Roms Adel und Sklaven, Tugend und Lafter, Ehre und Unehre, Kenntniß und Unwissenheit gleich gemacht hat, alle Gedanken und alle Stoffe nivellirt, so daß die Begriffe des Wahren, die Gefeße des Sittlichen auch weiter nichts sind als Meinungen und subjektive Ueberzeugungen, und die verbrecherischsten Grundsäge als Ueberzeugungen mit jenen Gesehen in gleiche Würde gestellt sind, und daß ebenso jede noch so kahle und partikulare Objekte und noch so stroherne Materien in gleiche Würde gestellt sind mit dem, was das Interesse aller denkenden. Menschen und die Bänder der sittlichen Welt ausmacht.

Es ist darum als ein Glück für die Wissenschaft zu ach= ten, in der That ist es, wie bemerkt, die Nothwendig= keit der Sache, daß jenes Philosophiren, das sich als eine Schulweisheit in sich fortspinnen mochte, sich in näheres Verhältniß mit der Wirklichkeit gesezt hat, in welcher es mit den Grundsägen der Rechte und der Pflichten Ernst ist, und welche im Tage des Bewußtseyns derselben lebt, und daß es somit zum öffentlichen Bruche gekommen ist. Es ist eben diese Stellung der Philosophie zur Wirklichkeit, welche die Mißverständnisse betreffen, und ich kehre hiermit zu dem zurück, was ich vorhin bemerkt habe, daß die Philosophie, weil sie das Ergründen des Vernünftigen ist, eben damit das Erfassen des Gegenwärtigen und Wirklichen, nicht das Aufstellen eines Jenseitigen ist, das Gott weiß wo seyn sollte, oder von dem man in der That wohl zu sagen weiß, wo es ist, nämlich in dem Irrthum eines einseitigen, lee

« PreviousContinue »