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und Barbarei herrscht nicht notorisch überall, wo die öffentliche Erziehung und der öffentliche Unterricht vernachlässigt wird! Der Volksschullehrer pflanzt da, wo sonst niemand pflanzen würde, und das macht ihn zum wahren Wohlthäter der Menschheit.

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Ja, es ist ein herrlicher Anblick um den Anblick eines Lehrers, welcher weiß, was er will: der der Sache, die er behandelt, mächtig, und lebendig durchdrungen von dem hohen Segen seines Berufes in stiller, demüthiger Begeisterung säet, pflanzt und begießt und nicht müde wird, und dann mit unerschütterlicher Zuversicht das Gedeihen seiner Arbeit von oben erwartet."

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In der genannten Schrift gibt Denzel eine Darstellung des Anschauungsunterrichts nach der Reihenfolge seiner Übungen, mit Andeutungen zur Behandlung desselben.

Bei den sogenannten unmittelbären Denkübungen, bemerkt Denzel, seht man sich, wie schon in dem Namen liegt, ausschließlich einen formalen Zweck. Man will zum wichtigen Denken Anleitung

geben, und namentlich auf dieser untersten Stuse das Denkvermögen in dem Element seine Thätigkeit, in der Anschauung erfassen. Dieses hat die natürliche Folge, dass man sich um den Zusammenhang der Materie eben nicht sonderlich kümmert, vielmehr aus dem ganzen Vorrathe von Materialien aus dasjenige aufgreift, was man für seinen formalen Zweck tauglich findet. Sei es, dass man auch in dieser Hinsicht ganz elementarisch verfährt und streng im Kreise des Kindlichen bleibt, so ist doch an keine Ordnung hinsichtlich des Stoffes zu denken, und das Feld desselben wird von dem Kinde nicht, wie es vor allen Dingen sein sollte, gehörig durchgemessen. Mit einem Worte: man beginnt sogleich in und mit dem Formalismus, in der Überzeugung, dass es vorerst nur darum zu thun sei, dass das Kind aufmerken und betrachten (beobachten) und die ersten Urtheile bilden lerne.

Im dritten Theile seiner „Einleitung“ gibt Denzel einen Entwurf für den Anschauungsunterricht (derselbe wurde später von Wrage praktisch ausgeführt), worin er diesem Unterricht den Charakter einer Disciplin verleiht und ihn als die Grundlage aller Lehrgegenstände des Elementar-Unterrichts mit Inbegriff des Religionsunterrichtes kennzeichnet. Bei der Anlage des Lehrganges hielt er nur den materialen Gesichtspunkt fest; in Betreff des formalen Zweckes bemerkt Denzel, dass jede Materie, wenn sie nur aus dem Kreise des Elementarischen genommen sei, formal, das ist zur Erweckung, Stärkung und Bildung der geistigen Kraft des Kindes benußt und methodisch behandelt werden könne. Dieser Lehrgang ist nachstehend folgender.

1. Das Schulzimmer, und was in demselben enthalten ist. Es werden a) die in dem Zimmer befindlichen Gegenstände 1. ohne nähere Bestimmung, 2. mit Bestimmung (als: unbewegliche, bewegliche, einfach, mehrfach, vielfach vorhanden; nothwendig, zufällig zum Zimmer gehörige Gegen= stände) aufgezählt; dann wird b) der Gebrauch der in dem Zimmer befind= lichen Dinge angegeben; c) eine Beschreibung der einzelnen Dinge nach ihrer Farbe, nach ihrer Form, nach ihren Theilen, nach dem Zusammenhange dieser Theile geliefert, und d) das Material, aus welchem die einzelnen Dinge, so wie deren Theile gemacht sind, zur Anschauung gebracht. (Grundlage der Raumlehre.)

2. Die Schule. Der Schüler lernt 1. den Zweck der Schule und die darin beschäftigten Personen (Lehrer, Schüler, Mitschüler); 2. die Lehrmittel und die übrigen Behelfe nebst dem Gebrauche derselben; 3. die in dem Menschen

selbst liegenden Mittel, sich Kenntnisse zu sammeln (sehen, hören, sprechen), und die Wichtigkeit der Sprache für das gesellige Leben (Anfaug des Lesenlernens) und 4. das nothwendige Verhalten der Schüler rücksichtlich des Lerngeschäfts, so wie gegen den Lehrer, gegen die Mitschüler kennen. (Die Einübung eines Kirchenliedchens wird hier am Plate sein.)

3. Der menschliche Körper nach seiner äußern Beschaffenheit. a) Haupttheile; b) Theile der Haupttheile; c) Bedürfnisse des menschlichen Körpers zu seiner Erhaltung und Stärkung: Nahrung, Kleidung, Schlaf 2c.; d) Pflichten der Kinder, für ihre Gesundheit und für die Kräftigung ihres Körpers, sowie zur Befähigung ihrer Gliedmaßen zur Erreichung der Zwecke des Lebens zu sorgen (s. Pestalozzi: Buch der Mütter.)

4. Häusliches und Familienverhältnis. a) Die Familienglieder und das Familienle ben(Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Großeltern, Enkel, Dienstboten); b) Thätigkeit und Beruf der Eltern, Liebe und Sorgfalt für die Ihrigen, die Schwierigkeiten und Mühen 2c., die Stärkungsmittel zur Vollbringung dieses Berufs (Liebe zu den Kindern, Freude an denselben 2c.); c) die Geschwister (Bedürfnisse derselben); d) die Dienstboten (ihr Geschäft, ihr Verhältnis zu der Herrschaft und zu den übrigen Hausgenossen) und e) die Pflichten der Kinder 2c.

5. Das Wohnhaus. a) Die äußere Gestalt und die innern Theile des Hauses (den Zusammenhang und Gebrauch dieser Theile); b) die Theile der Hauptbestandtheile (Zimmer, Küche, Keller 2c.); c) Scheune und Stall; d) die Ordnung im Hause (Thätigkeit, Reinlichkeit, Schonung der Geräthschaften); e) die Pflichten der Kinder mit Rücksicht auf die Ordnung im Hause.

6. Das Dorf oder die Stadt. Die Aufmerksamkeit soll hingelenkt werden auf a) die Gebäude (deren Größe, Baumaterial, Zweck 2c.); b) die Bewohner der Häuser (nach Berufsart, Stand, Vermögen 2c.); c) die Kirche (Bestimmung derselben, Merkwürdigkeiten in derselben, Gesang, Gebet, Priester 2c., Verhalten beim Gottesdienst, Thurm, Glocken, Uhr, [Zeiteintheilung], Zweck derselben 2c.). (Erster Anfang der Geographie.)

7. Der Garten. a) Beschreibung desselben nach seinen Haupttheilen (Bäume, Gesträuche, Blumen, Umzäumung Hecken, Lauben 2c.), dann b) die Gewächsarten (der Baum nach seinen sichtbaren Theilen, deren Zusammenhang 2c, Zweck und Nußen der einzelnen Theile für das Ganze, Arten der Bäume, Zeitigung der Früchte); ferner die Gesträuche, Kräuter, Blumen 2c. (GrundLage der Naturgeschichte).

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8. Die Wiesen, Äcker, Weingärten. a) Das Gras und dessen Gebrauch; b) Feldfrüchte; c) die Rebe und deren Gebrauch. - Der gütige Gott als Erhalter seiner Geschöpfe.

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a) Forstbäume und deren Nußen; b) Wild, Jäger,

Jagd.

10. Berge, Hügel und Thäler.

11. Das Wasser, die Quelle, der Bach, der Fluss.

12. Die Markung (Wiederholungspensum).

13. Die lebendigen Geschöpfe, Thiere. Thiere, welche innerhalb des Ortes vorkommen; die man in Gärten und auf dem Felde antrifft, die gewöhnlich im Walde leben; Thiere, die in Flüssen und Sümpfen leben. (Warnung vor Thierquälerei.)

14. Der Himmel, die Wolken, Sonne, Mond und Sterne Die Kinder betrachten a) die Farbe des Himmels zu verschiedenen Zeiten und die Wolken, deren Farben und verschiedene Gestalt und Bewegung; b) den Lauf der Sonne, Aufgang und Niedergang, Licht, Tag und Nacht; die Verdunkelung der Sonne durch die Wolken, die Wirkung derselben; c) der Mond (dessen Erscheinung bei Nacht, Abwesenheit 2c.); d) der Sterne Glanz, größere oder geringere Stärke ihres Licht 3, ihre Menge, große Entfernung von uns 2c . (Religiöse Anregungen: Gott ist der Herr; er ist unendlich groß und mächtig. Groß sind alle seine Werke. ,,Weißt du, wie viel Sterne stehen an dem blauen

Himmelszelt?" 2c.)

15. Die Veränderungen in der Natur. a) Tageszeiten (Morgen, Tisch- und Abendgebet.) — Reinlichkeit, Mäßigkeit, gesittetes Betragen während des Essens. b) Jahreszeiten und deren Erscheinungen; Thau, Regen, Wind, Gewitter, Nebel, Reif, Sturm, Eis, Schnee. Die Feste des Jahres.

c) Monate. d) allgemeine Bemerkungen über die Absichten Gottes bei dem Wechsel der Jahreszeiten. (Grundlagen der Naturlehre.)

16. Die Natur im allgemeinen und der Mensch.

a) Übersicht

Gottes

des Voranstehenden im Zusammenhange. Ordnung in der Natur. Eigenschaften, wie sie aus der Natur erkannt werden; b) der Mensch, der Endzweck der irdischen Schöpfung. Das Kind; ich lebe, ich freue mich meines Lebens ich freue mich der Natur. Dank gegen Gott und Lob Gottes.

Anlangend die Vertheilung des Sprachstoffes zum Zwecke grammatischer Belehrung entwirft Denzel vier Sprachkreise:

Der erste Sprachkreis bezweckt die Bildung des Urtheils und des Sages in der einfachsten Gestalt.

Im zweiten Sprachkreise wird das einfache Urtheil und der einfache Sag durch alle mögliche Bestimmungen, der Beschaffenheit, des Ortes, der Zeit 2c. ausgeführt.

Für den dritten Sprachkreis eröffnet sich ein neues Feld, nämlich das der persönlichen Verhältnisse, so weit sie sich namentlich durch das Fürwort ausdrücken lassen.

In dem vierten Sprachkreise endlich beschäftigt sich der Unterricht mit der Bildung des zusammengesezten Sazes, so wie er sich mittels der Anwendung der Bindewörter und einestheils der Fürwörter gestaltet.

Johann Baptist Graser
(1766-1841.)

wurde im Würzburgischen geboren, widmete sich dem Erziehungswesen und ward nach vollendeten Studien Präfect des Priesterseminars zu Würzburg. Darauf folgte er einem Rufe als Mitdirector der erzbischöflichen Pagenanstalt zu Salzburg, von wo er im Jahre 1804 als Ober-Schulcommissär in sein Vaterland zurückkehrte. 1810 wurde er als Baierischer Regierungs- und Kreisschulrath angestellt, in welcher Stellung er bis an sein Lebensende verblieb.

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Graser hat eine Reihe wertvoller pädagogischer Schriften verfasst: "Beobachtungen und Vorschläge über Erziehung und

Schule."

„Divinität, oder das Prinzip der einzig wahren Menschenerziehung."

Der erste Kindesunterricht, die erste Kindesqual, eine Kritik der bisher üblichen Leselehrmethoden."

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