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Kopf leicht oder gar nicht. Dass der Kopf immer bedeckt sein müsse, ist Vorurtheil. Eure Kleidung sei leicht, Pelzwerk darf nie an euern Leib kommen. So lange man durch Gehen und Laufen sich in Bewegung hält, kann man viel aushalten, nur dann wird eine Ausnahme stattfinden müssen, wenn ruhiger Lage, im Wagen oder auf dem Schlitten sich bewegt. Gehet täglich in die freie Luft, ohne erst durch die Fensterscheiben nachzusehen, was es für Wetter sei. Macht bisweilen starke Reisen zu Fuße, damit euer Leib sich gewöhne, das damit verknüpfte Ungemach auszuhalten. Da die Bewegungen auf dem Schnee und Eise ein vorzügliches Stärkungsmittel sind, so lernt auf kleinen Schlitten fahren und mit Schlittschuhen auf der Eisesfläche laufen. Dann habt ihr nicht nöthig, durch weitläufige Vorstellungen euern Zöglingen die Nugbarkeit dieser Bewegungen begreiflich zu machen. Ihr seht euch auf euern Schlitten und gleitet den Berg herab, ihr schnallet eure Schlittschuhe an und fahret über die Eisesfläche hin, und eure Zöglinge bitten euch von selbst, dass ihr ihnen Schlitten und Schlittschuhe sollt machen lassen.

über das Erzählen:

Jede Claffe von Menschen hat ihre eigene Sprache und Gewohnheiten, mit welchen man viel Bekanntschaft haben muss, wenn man sich bei ihr wohlbefinden und gefallen will. Daher ist der Stubengelehrte ängstlich und macht sich lächerlich, wenn er in den Kreis der höheren Stände eintritt, und weiß nicht, wie er sich benehmen soll, wenn er in eine Gesellschaft von Ackerleuten kömmt

Ein ähnliches Schicksal haben junge Männer, die nur mit Büchern und erwachsenen Personen umgiengen, wenn Kinder ihnen anvertraut werden. Sie wissen nicht, wie sie sich benehmen sollen, sie sind immer in Verlegenheit und - gefallen den Kindern nicht, denen ihre Gesellschaft lästig ist. Woher kommt das? Die Sprache und die Gewohnheiten der Kinder sind ihnen fremd.

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Macht eucht also mit denselben bekannt! Statt viel über die Erziehung zu lesen und pädagogische Vorlesungen zu hören, sucht lieber Kinder auf, in deren Gesellschaft ihr täglich ein paar Stunden verlebt. Kinder gibt es ja allenthalben, wo Menschen wohnen, ihr werdet sie gewiss auch antreffen auf dem Plaze, wo ihr euch befindet. Vielleicht habt ihr einen Hauswirt, einen Nachbar, einen Freund oder Verwandten, der mit Kindern gesegnet ist, und dem es lieb sein wird, wenn ihr sie bisweilen unterhalten wollt.

Zum Stoffe der Unterhaltung schlage ich euch zuerst vor die Erzählung. Die Erzählung hat für alle Kinder Reiz, und sobald eine Person, die gut erzählen kann, ihren Mund öffnet, so sammeln sich die Kinder um sie, wie die Küchlein, wenn die Mutter lockt. Und dieses Herzudrängen, diese sichtbare Begierde nach Erzählung macht denn auch dem Erzähler sein Geschäft leicht und angenehm.

In unseren Tagen, wo so viele Bücher für Kinder geschrieben sind, kann es an Stoff zur Erzählung nicht fehlen. Das beste, was ich keune, ist der Campesche Robinson.

Wenn du nun zu erzählen anfängst, so bemerke wohl, wie sich deine kleinen Zuhörer dabei benehmen. Sind ihre Augen und Ohren auf dich gerichtet, bitten sie dich, wenn du schließen willst, daßß du weiter erzählen sollst, so ist es ein Zeichen, dass sie in deiner Erzählung Unterhaltung finden; werden sie aber schläfrig und fangen an zu spielen und sich unter einander zu necken, so muss es irgend wo fehlen. Du wirst vielleicht meinen, es fehle am guten Willen der Kinder. Ich glaube aber, dass du dich irrst, da die Kinder, so weit ich sie kenne, alle an Erzählungen Vergnügen finden. Der Fehler liegt vielmehr sicherlich entweder an dem Inhalte der Geschichte, die du vorträgst, oder an dir selbst.

Vielleicht enthält deine Geschichte nichts für Kinder Anziehendes. Versuche es daher mit einer andern; fesselt diese ihr Aufmerksamkeit mehr, so hattest du vorhin in der Auswahl der Erzählung gefehlt. Nur hüte dich, deine Kleinen mit Feen- und Zaubergeschichten zu unterhalten. Diese hören sie freilich so gern, als sie Pfefferkuchen effen, sie sind aber ihrem Geist so nachtheilig, als die Pfefferkuchen ihrem Magen.

Solltest du aber finden, dass die Kinder bei allen deinen Erzählungen zerstreut und untheilnehmend blieben, so liegt der Fehler sicher in dem Tone deines Vortrages, und du hast dann um so mehr Ursache, daran zu bessern, da die Absicht deiner Erzählung doch vorzüglich ist, mit Kindern sprechen zu lernen.

Hier sind einige Winke, wie du deinen Erzählungston verbessern kannst. Der Mann spricht wie ein Buch, pflegt man zu sagen, wenn man jemanden wegen seiner Unterhaltungsgabe einen Lobspruch beilegen will. Wenn du aber dich mit deinen Kindern unterhältst, so rathe Ich dir: sprich nicht wie ein Buch, sondern wie ein Mensch im Umgange mit Menschen zu sprechen pflegt, sprich die Sprache des gemeinen Lebens.

Wenn man ein Buch schreibt, so wählt man jedes Wort und jede Redensart und vermeidet viele Ausdrücke des gemeinen Lebens als unedel, dessen du dich im täglichen Umgange nicht zu schämen pflegst; dadurch bekommt deine Erzählung Leben und wird für Kinder anziehend.

Vermeide ferner, so viel du kannst, allgemeine Ausdrücke, weil diese Kindern weniger fasslich sind, und nenne lieber die Sachen einzeln, die dadurch bezeichnet werden. Du kannst z. E. sagen: die Mutter, als sie von ihrer Reise zurückkam, brachte ihren Kindern Früchte und Spielwerk mit; du kannst diesen Sah aber auch so ausdrücken: da die Mutter von ihrer Reise zurückkam, brachte sie Fränzchen und Wilhelminchen allerlei artige Sachen mit: Äpfel, Birnen, Haselnüsse, eine Schachtel voll kleiner Teller, Leuchter, Schüffeln, Löffel, Bilder und dergl.; die lehte Darstellung hat für die Kinder sicher mehr Reiz als die erste. Sei ferner in deiner Erzählung etwas mehr umständlich, und vergiss nicht in dieselbe allerlei Nebenumstände einzuweben, die die Handlung begleiteten. So kannst du der obigen Erzählung durch Einflechtung folgender Nebenumstände mehr Leben geben:

„Ach, wenn doch die Mutter nur einmal wieder käme!" sagte Fränzchen zu Wilhelminchen. Kaum hatte sie es gesagt, so raffelte etwas unter dem Fenster. Fränzchen sah hinaus, erblickte ihre Mutter in einem Reisewagen, sprang Niedergesäß, Geschichte der Pädagogik.

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mit Wilhelminchen hinaus

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da stieg die Mutter heraus, umarmte ihre Kinder, ließ den Koffer vom Wagen nehmen und in die Stube tragen. Die Kinder folgten ihr und waren begierig zu sehen, was in dem Koffer wäre. Jezt wurde er geöffnet und ausgepackt. Auch eine Schachtel wurde ausgepackt und den Kindern hingesezt. Neugierig öffneten sie dieselbe und fanden darin allerlei artige Sachen, die ihnen Freude machten: Äpfel, Birnen u. s. w.

Führe ferner die Personen immer redend ein und lass sie in dem Tone sprechen, wie sie wirklich würden gesprochen haben. 3. E. Fränzchen erblickte ihre Mutter

ist da!

Die Mutter? sagte Wilhelmine

Wilhelmine! rief sie, die Mutter

und beide sprangen die Treppe hinab

Mutter! gute, liebe Mutter! sagten sie und fielen ihr um den Hals.

Gute Kinder! sprach diese, indem sie dieselben an ihre Brust drückte, wie sehr habe ich mich nach euch gesehnt. Ihr seid doch noch gesund ? W. Recht gesund! Hast du uns auch etwas mitgebracht?

M. Wollen sehen! Hans, trage diesen Koffer in meine Stube.

W. Was wird denn in dem Koffer sein? u. s. w.

Es versteht sich von selbst, das du immer in dem Tone sprechen musst, in welchem die Person, die du redend einführest, würde gesprochen haben, und dir daher Mühe geben, deine Stimme in deine Gewalt zu bekommen. Wilhelmine, die Mutter ist da! muss ganz anders ausgesprochen werden als das: Gute Kinder! Wie sehr habe ich mich nach euch gesehnt!

Durch diese beständige Abwechslung des Tones bekommt nicht nur deine Erzählung Leben, sondern deine Stimme bekommt auch die gehörige Geschmeidigkeit, die dir unentbehrlich ist, wenn du mit Nachdruck und Herzlichkeit zu deinen Pflegebefohlenen sprechen willst.

Endlich suche auch in deine Erzählung Handlung zu bringen. Dies geschieht alsdann, wenn du durch deine Mienen und die Bewegung deiner Glieder die Handlungen, welche du erzählst, auszudrücken suchst.

3. B. das: Wilhelmine, die Mutter ist da! muss mit einer Miene ausgesprochen werden, die den höchsten Grad der Freude ausdrückt. Dabei darfst du nicht in ruhiger Stellung bleiben. sondern musst eine solche annehmen, in welche ein Kind durch die Freude über die unvermuthete Zurückkunft der geliebten Mutter versezt zu werden pflegt.

Plan zur Erziehung der Erzieher.

„Man errichte eine Pflanzschule der Erzieher, berufe die berühmtesten Erzieher, einen Anatomen, einen Lehrer der Heilkunde als Lehrer, lege dabei eine Büchersammlung an; auch ein Schauspielhaus, um den Ton, Mienen und Anstand zu lernen, wäre dabei gut, aber das wäre zu theuer. Ich lege daher jedem, der sich der Erziehung widmet, einen einfachen Plan vor, der in den drei Worten begriffen ist: Erziehe dich selbst! dieser hat den Vorzua, dass er sehr einfach ist, wenig Geld kostet, gleich kann ausgeführt werden und Erzieher bilden wird, die nicht bloß von der Erziehung sprechen und schreiben, sondern wirklich erziehen können.

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3. Lerne mit Kindern sprechen und umgehen.

4. Lerne mit Kindern dich beschäftigen.

5. Bemühe dich, dir deutliche Kenntnisse von den Erzeugnissen der Natur zu erwerben.

6. Lerne die Erzeugnisse des menschlichen Fleißes kennen.

7. Lerne deine Hände brauchen.

8. Gewöhne dich mit deiner Zeit sparsam umzugehen.

9. Suche mit einer Familie oder einer Erziehungsgesellschaft in Verbindung zu kommen, deren Kinder oder Pflegesöhne sich durch einen hohen Grad von Gesundheit auszeichnen.

10. Suche dir eine Fertigkeit zu erwerben, die Kinder zur innigen Überzeugung von ihren Pflichten zu bringen.

11. Handle immer so, wie du wünschest, dass deine Zöglinge handeln sollen. Als Gegenstück zu Salzmanns Ameisenbüchlein“ erscheint dessen „Krebsbüchlein", oder „Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder". In beiden der genannten Schriften nimmt er sich der Kleinen an und ruft Eltern und Erziehern zu: „Wenn eure Kinder Untugenden und Fehler an sich haben, so sucht den Grund davon nicht in ihnen, sondern in euch".

Mittel, den Kindern das Lügen zu lehren.

1.

Belache und belohne die Lügen!

Krieg' ich auch Wein? fragte Lottchen bei Tische ihre Mutter.

Nein Lottchen! Der Wein ist Kindern nichts nüße.

Aber ich bin ja krank und habe einen schwachen Magen. Du sagtest ja einmal, dass der Wein für einen schwachen Magen gesund wäre.

Da lachte die ganze Tischgesellschaft über das drollige Mädchen. Die Mutter griff sogleich nach der Bouteille, schenkte ihr ein und sagte: Da hast du nur ein Gläschen, du kleine Lose! Ist nun der Magen wieder gesund?

Ja, Mutter! recht gesund. Es thut mir nichts mehr wehe.
Dieser Einfall wurde abermal mit Lachen aufgenommen.

Lottchen merkte es sich und suchte mehrmal durch solche Einfälle das Lob ihrer Mutter zu verdienen. Und da, wie bekannt, die Hunde am Riemchen Leder fressen lernen, so gewöhnte sich auch Lottchen durch dergleichen Spässchen das Lügen so an, dass sie in der Folge beständig unter dem Namen Lügenlotte in der Stadt bekannt war.

2.

Glaube alles, was dir deine Kinder sagen!

Die Frau Simpelin erkundigte sich allemal, wenn sie von Besuchen zurückkam, wie sich ihre Kinder in ihrer Abwesenheit aufgeführt hätten. Und zwar bei den Kindern selbst, weil sie glaubte, dass diese ihr von ihrem Betragen die zuverlässigste Nachricht geben könnten.

Nu, Kinder, seid ihr auch recht artig gewesen?

Recht artig, liebe Mutter!

Ihr habt doch nicht getobt?

Nein wirklich nicht.

Ihr seid doch nicht auf der Gasse umhergelaufen?

Wir sind nicht aus der Stube gekommen. Ich habe gestrickt, und meine Schwester hat in der Bilderbibel geblättert.

Nun das ist sein. Da bringe ich auch ein Stückchen Kuchen mit, weil ihr so artige Kinder gewesen seid.

Giengen die Kinder spazieren, so fragte sie die Mutter allemal, wo sie gewesen wären. Und da nannten sie immer einen Ort, mit dem sie wohl zufrieden war. Und das glaubte sie alles, ohne weitere Nachfrage anzustellen, ob die Kinder auch die Wahrheit geredet hätten.

Anfänglich redeten sie nur immer die Wahrheit. In der Folge versahen sie aber doch da und dort etwas, das sie für gut hielten, der Mutter zu verbergen. Sie liefen z. E. einmal in der Mutter Abwesenheit mit wilden Kindern auf der Gaffe umher, wurden darüber bänglich und konnten sich anfänglich nicht entschließen, die Mutter zu belügen. Endlich sagte aber die ältere Schwester: Wir dürfen es doch nicht sagen, dass wir herumgelaufen sind, sonst kriegen wir keinen Kuchen. Dies bewog nun die andern Kinder, dass sie mit der älteren Schwester eins wurden, der Mutter, wie sie sagten, eine Nase vorzuschwaken.

Da nun die Mutter fragte: Seid ihr fein zu Hause geblieben? so erschraken sie; keines trauete zu antworten, bis die ältere Schwester losbrach und sagte: Ja, liebe Mutter, wir sind nicht vor die Thür gekommen. Da stimmten denn die kleineren Kinder auch mit ein.

Die Mutter lobte sie wegen ihrer Eingezogenheit. Die Kinder dachten aber, geht es so, dass die Mutter alles glaubt, so können wir ja mehrmals solche Spässchen machen.

Nun begiengen sie die größten Ausschweifungen, wenn die Mutter nicht zu Hause war und versicherten allemal bei ihrer Zurückkunft, dass sie recht fleißig und artig gewesen wären. Sie besuchten auf ihren Spaziergängen die Spielpläge, wo es am wildesten hergieng und nenneten hernach allezeit einen Ort, da sie gewesen wären, von dem sie wussten, dass er der Mutter angenehm sei.

Sie wurden von Jahren zu Jahren in ihren Lügen dreister und frecher, und es kam am Ende so weit, dass die Frau Simpelin ihrer Kinder Narr wurde.

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