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Mit dem 25. Jahre ward der Jüngling Staatsbürger und Krieger; erst im Alter von 50 Jahren wurde er seiner Wehrpflicht entbunden. Von da ab übertrug man ihm die Belehrung und Beaufsichtigung der Jugend. (Vieles in der persischen Nationalerziehung erinnert an das Erziehungswesen Spartas.)

Ihre Religion, die des Zoroaster, lehrte: Alles Gute und Schöne, Hohe und Edle, alle Gerechtigkeit und Wahrheit, jede gute That, jeder fruchtbringende Gedanke komme von Ormuzd; alles Schlechte und Gemeine dagegen, Lüge, Diebstahl und Bosheit seien Werke des Ahriman. Sie erkannten daraus die Aufgabe des Menschen der Wahrheit und dem Rechte zuzustreben und allem Bösen entgegenzuwirken. Die alten Perser waren daher bemüht, überall Glück und Wohlsein zu fördern und Mängel und Schäden zu beseitigen. Sie giengen weder im Ganzen auf, wie die Chinesen, noch unterdrückten sie die mens ch= lichen Regungen, wie die Inder, sondern sie wirkten als selbständige Individuen zu ihrem eigenen Wohlfein und zum Wohle des Ganzen. Sie suchten nicht bloß die Werke Ahrimans zu zerstören, indem sie die Wälder lichteten und wilde Thiere tödteten, Sümpfe austrockneten und Einöden bebauten ; sondern waren auch bemüht Wahrheit und Recht auszubreiten, selbst über die Grenzen ihres Reiches hinaus.

Auf Grund ihrer religiösen Anschauungen wurden die Perser ein ero berndes Volk, das Krieg und Heldenthum zu seinem Ideale machte.

Einen besondern Lehrerstand gab es in Persien nicht; nur für die „Magier" waren besondere Schulen vorhanden, in denen neben den heiligen Schriften („3 e nda vest a“) auch weltliche Wissenschaften gepflegt wurden, und am Königshofe bestand in der Blütezeit des persischen Reiches eine besondere Schule für die Prinzen und für die Söhne der Vornehmen.

Bekanntlich wurde Persien von Alexander unterjocht; das stolze Reich fiel in Trümmer: der persische Krieger staat besaß nicht die Macht, sich wieder aufzuraffen.

Boroaster und die Religion der Iranier.

Unter einem der nordöstlichen Stämme Asiens, den Baktrern, trat ums Jahr 1300 ein religiöser Reformator, Zarathustra, oder Zoroaster auf, welcher den Religionsvorstellungen dieser Stämme eine bestimmtere Gestalt gab, welche sich dann über alle iranischen Stämme und so auch bei den Persern und Medern verbreitete. Unsere Hauptquelle für die Kenntnis dieser iranischen Religionsanschauungen und der von denselben vorausgeseßten Volksvorstellungen ist das Zendavesta, heilige Bücher, in der jezt nicht mehr gesprochenen alt= persischen oder Zendsprache abgefasst, von denen sich ansehnliche Bruchstücke erhalten haben; Bruchstücke, die, wenn auch mit jüngeren Bestandtheilen vermischt, doch im wesentlichen den Kern der zoroastrischen Lehre enthalten.

Die Grundvorstellung dieser Religion ist der schroffe Gegensaß einer Welt des Lichts und einer Welt der Finsternis. Den iranischen Stämmen wurde der Kampf um das tägliche Leben nicht leicht gemacht; Wüste und fruchtbares Land, Sommerhiße und Winterkälte wechseln in ihren Grenzen in schroffen Gegensäßen: und so glaubten sie, dass jene Welt des Lichts und die der Finsternis auf allen Gebieten des äußeren wie des inneren Lebens in hartem und unversöhnlichem Kampfe lägen. Die aus solchen Vorstellungen entsprungene Religion ist zwar polytheistisch, jedoch mit einem starken und vorwaltenden monotheistischen Zuge. Der oberste Gott der lichten Welt ist Ahuramazda oder Ormuzd, „der ewige Weise", dem andere zur Seite stehen, ihm zunächst der Sonnengott Mithra, der mit seinen tausend Augen und tausend Ohren alles sieht und hört, der die Finsternis und die Kälte zerstreut, die Lüge und ihre Dämonen überwindet. Um Ormuzds Thron stehen die Amescha Cpenta oder Amschas pants, sechs hohe Lichtgeister, an deren Spite er selbst als der siebente: doch war die Phantasie des Volkes nicht reich genug, um, wie die Griechen oder die Inder bei ihren Göttern thaten, diesen göttlichen Wesen bestimmtere Gestalt zu leihen. Ormuzd hat die Welt rein erschaffen, und so ehren seine Anbeter auch die Naturkräfte, das fließende Waffer der Ströme, das Feuer, welches Räuber und Raubthiere und nächtliches Dunkel verscheucht und das sie den „reinen Sohn“ oder das „Auge“ Ormuzds nennen, und die fruchttragende Erde, „die heilige Unterwürfige, die schöne Tochter Ormuzds".

In diese rein geschaffene Welt hat ein mächtiger Geist, den sie den „Übles sinnenden“, Angramainyus oder Ahriman nennen, mannigfache Übel gebracht: eine eigene Welt des Schändlichen oder Unreinen hat er der Welt des Ormuzd entgegengestellt. Wo die Sonne untergeht, im Westen oder im kalten Norden, hausen seine Devas oder Dämonen in dunklen Klüften; sie hören nicht auf schädliche Pläne gegen Ormuzd und seine Diener zu spinnen. Der Kampf dieser beiden Reiche und seiner Fürsten ist ein unaufhörlicher und erfüllt allenthalben die Welt. In die Mitte dieses Kampfes ist der Mensch gestellt, und Ormuzd und Ahriman streiten um dessen Seele. Zum Kampfe gegen Ahriman muss der Mensch Reinigungen vollziehen und häufig Gebetsformeln wiederholen; aber dies allein genügt nicht, denn die Lehre Zoroasters ist keine Religion müßiger Betrach

tung, sondern die Religion für ein arbeitsames, ritterliches, thatkräftiges Volk. Der Bekenner Ormuzds muss nach Kräften die fruchttragende Erde bebauen, denn die Wüste, das unfruchtbare Land, ist der Acker Ahrimans, dessen Dämonen nichts mehr scheuen, als das wohlbebaute Kornfeld, das in vollen Ähren steht; er muss Brücken über fließende Waffer schlagen und das Feuer nähren, dessen Glanz Gespenster und Raubthiere verscheucht. Die Thiere Ahrimans: Raubthiere und Ungeziefer, Eidechsen, Schlangen, Wölfe, Läuse, muss er ausrotten und dagegen die nüßlichen Hausthiere pflegen: das Rind, den Hahn, den Hund, welche Thiere Ormuzds sind. Reinheit ist allen Bekennern Ormuzds geboten, und den Griechen fiel der strenge Anstand auf, den sie bei allen Verrichtungen beobachteten. Bei einem Sterbefall z. B. mussten sich die Bewohner des Hauses, in welchem die Leiche lag, dreimal Leib und Kleidung waschen. Die Leiche selbst aber wurde weder begraben noch verbrannt, damit nicht Feuer oder Erde durch sie verunreinigt werde, sondern entfernt von den menschlichen Wohnungen in offenem Sarge den Vögeln und Hunden zum Fraße hingestellt.

Mehr noch als die äußere Reinheit schärft Zoroasters Gesetz die innere Reinheit ein; die Lüge besonders war ihm ein Greuel. Götterbilder, Tempel und Altäre kannten die Franier nicht: auf Bergeshöhen unter freiem Himmel brachten sie ihre Opfer dar. Ihre Priester hießen Magier und bildeten einen eigenen Stand, doch lebten sie in keiner so schroffen Kastenabgeschlossenheit wie die indischen Brahmanen. (Nach Schlosser-Kriegk.)

4. Die Erziehung bei den Ägyptern. 1)

(Der Priestersta a t.)

„Das ägyptische Volk hat sein Symbol in der Mumie: nicht Ausbreitung und Entwickelung - ununterbrochene Fortdauer, Unbeweglichkeit ist das Ziel seines Strebens. Es liebt nur die Vergangenheit; sein Nationaldenkmal ist das Grab, die Pyramide. Mit Symbolen der Vergangenheit und der Unbeweglichkeit umgab sich das Volk, umgaben es die Priester, die es beherrschten. Unbeweglich, ohne Freiheit und Leben, nur eine Dienerin der Tradition war darum auch die Kunst und die Wissenschaft der Ägypter. Aber dennoch ist Ägypten die Hand geworden, mit der der Orient nach dem Occident hinübergreift, - der Vermittler, durch den die orientalische Bildung nach Europa gekommen ist: aus Ägypten haben die Juden und die Griechen die Grundlagen zu ihrer geistigen Entwickelung erhalten."

1) Vergl. K. Schmidt. Gesch. d. Erz. S. 16.

Wie schon früher bemerkt, waren die Ägypter, ebenso wie die Inder, in Kasten getheilt, doch waren in Ägypten die Kasten nicht so streng geschieden als in Indien, und über alle verfügte der König. Die vornehmste und reichste Kaste bildeten die Priester. Sie waren die Vertreter der Wissenschaft und besaßen nicht unbedeutende Kenntnisse der Natur und in der Mathematik, so dass sie im Stande waren, das bürgerliche Jahr zu bestimmen und einen Kalender zu entwerfen. Auch das Amt der Richter war in ihren Händen; sie waren die Erzieher und Rathgeber des Königs; sie allein besaßen medicinische Kenntnisse, und vor allem erlangten sie als Religionsdiener das größte Ansehen und den nachhaltigsten Einfluss.

Die Erziehung in Ägypten war nach den verschiedenen Kasten eine verschiedene. Für die Priester und Krieger waren zu Theben, Memphis und Heliopolis wissenschaftliche Unterrichtsanstalten. Eine solche Unterrichtsanstalt schildert Ebers 1) sehr anziehend in folgender Weise:

„Eine große Bibliothek, in der tausende von Schriftrollen aufbewahrt wurden, und an die sich eine Papyrusfabrik schloss, stand den Gelehrten zur Verfügung, von denen einige mit dem Unterricht der jüngeren Schüler betraut waren, die in den Elementarschulen gebildet wurden. Diese lettere stand jedem Sohne eines freien Bürgers offen und wurde von mehreren hundert Knaben besucht, die hier auch Nachtquartier fanden. Freilich waren die Eltern gehalten entweder Kostgeld zu zahlen, oder die für den Unterhalt der Kinder_nothwen= digen Speisen in die Schule zu senden.

In einem besonderen Gebäude wohnten die Tempelpensionäre, einige Söhne der vornehmsten Familien, die hier gegen hohe Entschädigungssummen von den Priestern erzogen wurden. Inti I., der Gründer dieser Anstalt, hatte seine eigenen Söhne, ja selbst den Thronfolger Ramses, in ihr erziehen lassen.

Die Elementarschulen waren stark besucht, und der Stock spielte in ihnen eine so große Rolle, dass ein Pädagog der Anstalt den Say: „die Ohren des Schülers sind auf seinem Rücken; er hört, wenn man ihn schlägt“, aussprechen fonnte.

Diejenigen Jünglinge, welche aus den Elementarclassen in die hohe Schule überzugehen wünschten, hatten sich einem Examen zu unterziehen. War dieses bestanden, so konnte sich der junge Studierende unter den Gelehrten der früheren Grade einen Meister wählen, der seine wissenschaftliche Führung übernahm, und dem er sein Lebelang wie der Client dem Patron ergeben blieb. Durch ein zweites Examen war der Titel eines Schreibers" und der Eintritt in die

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1) Uarda. Roman aus dem alten Ägypten I. 2.

öffentlichen Ämter zu erlangen. Über diesen Gelehrten-Schulen bestand hier auch eine Anstalt für Künstler, in welcher diejenigen Jünglinge Unterweisung empfiengen, die sich der Baukunst, der Bildhauerei und Malerei zu widmen wünschten. Auch in ihr wählte sich jeder Lehrling einen Meister. Alle Lehrer an diesen Anstalten gehörten zu der Priesterschaft des Intitempels, welche aus mehr als 100 in fünf Classen getheilten Mitgliedern bestand, die von drei sogenannten Propheten geleitet wurden.“

Erziehung und Unterricht des Volkes und besonders der Töchter stand auf niedriger Stufe, doch fehlte es nicht gänzlich an allgemeinen Bildungsanstalten.

Beim Schreiben bediente man sich des Papyrus und schwarzer oder rother Tinte. Bei ihm, wie auch beim Lesenlernen, trat wahrscheinlich schon eine Trennung der Kasten ein; denn von den drei verschiedenen Arten zu schreiben, die nach der Reihenfolge erlernt wurden, gehörte die hieroglyphische den Mitgliedern der Priesterkaste allein.

Das Rechnen wurde besonders geübt, und die Mathematik war weit und allgemein verbreitet, ohne dass jedoch das Rechnen nach Platos Bemerkung in Ägypten wohlthätigen Einfluss auf die Verwaltung des Hauswesens, des Staates und auf das praktische Leben geübt hätte.

Die Methode im Rechenunterricht war vortrefflich, und Plato sagt deshalb von ihr:

„Freie Kinder müssen alles das lernen, was den Kindern der gewöhnlichen Leute und des großen Haufens in Ägypten zugleich mit den Elementen des Lesens und Schreibens beigebracht wird. Das Rechnen wird hier anfangs ganz dem kindlichen Fassungsvermögen gemäß mit Spielen und Vergnügen erlernt, indem mehr oder weniger Knaben Äpfel oder Kränze in einem gewissen Zahlenverhältnis erhalten, und indem dieselben bei der Anordnung von kriegerischen Spielen, wobei sie ihre Pläße ändern, und bei dem Wechsel von goldenen, filbernen, ehernen und anderen Schalen, welche sie sich gegenseitig übergeben, die zum Spiele nothwendigen und sich ergebenden Zahlenverhältnisse herausbringen. So werden die Lernenden zu friedlichen Beschäftigungen, zur Führung des Krieges und zur Verwaltung des Hauses angeleitet, so überhaupt mehr geweckt und zu nüßlichen Mitgliedern des Staates erzogen. Da in allem, was zum Messen gehört und sich auf Länge, Breite und Tiefe bezieht, allen Menschen eine lächerliche und schimpfliche Unwissenheit von Natur eigen ist, so suchen die Ägypter solche von sich zu entfernen.“

Gymnastik war von der allgemeinen Bildung ausgeschlossen; Musik trieb man nur zu religiösen Zwecken; dabei hielt man strenge fest an den alten musikalischen Weisen der Väter.

Niedergefäß, Geschichte der Pädagogik.

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