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Doch hüte ich mich wohl, dieses Urteil des nächsten Jahrhunderts über das unsrige zu antezipieren oder gar solche Namen zu nennen.

Und auch der Fall Nießsche“ wird immer interessant bleiben, als ein bemerkenswerter Beitrag zu der vielverhandelten Frage nach der Verwandtschaft von Genie und Wahnsinn, und zu dem immer mehr in unser Gesichtsfeld einrückenden Problem der Massenpsychologie: wie aus einem Unzeitgemäßen so rasch ein Zeitgemäßer werden konnte. Der Einsame, der am liebsten gegen den Strom schwamm, ist ergriffen worden vom Strom der Mode und von der Gunst der Vielzuvielen. Dadurch ist sein durch frankhaften Größenwahn selbst schon entstelltes Bild nur immer verzerrter geworden. Erst wenn dieser Strom_abgelaufen, die kritiklose Nietzsche-Begeisterung verschwunden und vor allem die schellenlauten Nietzsche-Pfaffen und Nietzsche-Verehrerinnen verstummt sind, wird sich bestimmen lassen, ob er ein rasch vorübereilendes Meteor und Irrlicht war, oder ein Gestirn, das weiterleuchtet und neue Wege weist. Heute schwankt sein Bild noch allzu= sehr von Gunst und Mißgunst aller Art verwirrt, der Staub, den die heftig Streitenden um ihn her aufwirbeln, macht es nur immer dunkler und undeutlicher. Und auch der ruhige Betrachter steht ihm noch zu nahe, als daß er die Größendimensionen richtig abschäzen könnte; deshalb verzichtet er besser auf ein allgemeines Werturteil und darf nicht heute schon Licht und Schatten richtig verteilen wollen, sondern muß froh sein, wenn das Bild, das er von ihm entwirft, ein annähernd getreues und kenntliches ist. Wer Nietzsche war, das können wir heute allenfalls bestimmen; was er der Welt sein und was von ihm bleiben wird, das wissen wir — oder sage ich bescheidener: das weiß jedenfalls ich heute noch nicht.

Als erster Band des Sammelwerkes,,Das 19. Jahrhundert in Deutschlands Entwicklung“ erschien 1899 im Verlage von Georg Bondi in Berlin:

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Dr. Theobald Ziegler

ord. Professor an der Universität Straßburg.

45 Bogen gr. 8°. Mit 13 Vollbildern (Porträts) Ladenpreis brofch. M. 10.—, in Halbleder geb. M. 12.50.

Die „Beitschrift für den deutschen Unterricht“ schreibt über dieses Werk:

„Das Neunzehnte Jahrhundert in Deutschlands Entwicklung ist der Gesamttitel des großartigen Unternehmens, dessen erster Band uns vorliegt und das, auf zehn Bände berechnet, die Entwicklung der gesamten deutschen Kultur in den lezten hundert Jahren zum Gegenstand hat.

Der erste Band, der das ganze Gebiet von hoher Warte überschaut, bot in gewisser Beziehung die größten Schwierigkeiten, weil er einen Mann von besonnenstem Urteil, unvor= eingenommenem Geist und einem hoch über den Dingen. stehenden Sinn, zugleich aber auch von den umfassendsten, vielseitigsten Kenntnissen erforderte. Daß Ziegler der rechte Mann dazu war, das ließ sich nach seinen bisherigen Leistungen, die sicherlich keinem unserer Leser unbekannt sind, erwarten, und das bestätigt sein neues, uns vorliegendes Werk, dessen Verfasser sich nicht nur als ein Mann von erstaunlicher Viel

seitigkeit, Weite des Blickes, tiefer philosophischer und historischer Bildung, sondern auch als ein Meister des Stils, der vornehmen, niemals gelehrt flunkernden oder gespreizten Formgebung, der wirkungsvollen Gruppierung und sicheren Zeichnung bewährt. Bei allem Reichtum des Wissenswerten, Aufhellenden, Durchdenkenswürdigen, den er, kein Geistesgebiet vernach= lässigend, uns bietet, weiß er doch stets den Blick aufs Große zu richten, mit sicherem Griffel die Linien so zu führen, daß wir erkennen, „wie alles sich zum Ganzen webet, eins in dem andern wirkt und lebet". Und was die Hauptsache ist: aus dem Buche spricht ein Charakter, ein ganzer Mann, gefund an Geist und Herzen; und darum ist das Buch niemals langweilig.

Im ganzen ist die Darstellung ebenso zuverlässig und wohlbegründet wie lichtvoll und sachlich, dazu stets von innerem Anteil durchwärmt. Als geistvollem Manne strömen dem Verfasser auch allgemeine Gedanken, die sich ihm aus der Betrachtung der Einzelerscheinungen ergeben, in reicher Fülle zu, ein Umstand, der den Gewinn und Genuß des Lesers nicht wenig erhöht, zumal ihm solche Gedanken die männlich offene, durchaus ehrliche Persönlichkeit des Verfassers besonders nahezubringen geeignet sind. Leider muß ich mir versagen, Proben mitzuteilen. Man lese nur selber das prächtige Buch, das ich hier unmöglich ausschreiben kann. Man freue sich an all den klugen Urteilen, den glänzenden Zeitschilderungen, den überraschenden Lichtern, den plastisch herausgearbeiteten Charakterköpfen. Doch nein, solche Bruchstücke können ja keinen Begriff von der Trefflichkeit des ganzen Werkes geben; nur allein die Fülle des Inhaltes anzudeuten, bedürfte es schon einer Abhandlung; ja selbst die bewundernswürdige Kunst der Stoffverteilung, den wahren Feldherrnblick, mit dem der Verfasser die wogenden Massen der Erscheinungen überschaut und gleichsam leitet, könnte ich nicht kürzer und besser nachweisen, als indem ich nach bekannten Mustern das Inhaltsverzeichnis abschriebe.

...

So sei es denn genug mit Andeutungen, die doch kein Gesamtbild geben können. Jedem, der sich in dem grenzenlosen geistigen Wogen und Treiben des mit dem Jahre 1900 zu Ende gehenden Jahrhunderts historisch zurechtfinden will, sei das ausgezeichnete Buch aufs wärmste empfohlen.“

Druck von Heffe & Becker in Leipzig.

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Dr. Theobald Ziegler

ord. Professor an der Universität Straßburg

45 Bogen gr. 8°, mit 13 Vollbildern (Porträts).

Ladenpreis brosch. M. 10.—, Halbfranz geb. M. 12.50.

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Dr. Cornelius Gurlitt

Architekt, Professor an der Kgl: techn. Hochschule zu Dresden

43 Bogen gr. 8o, mit 40 Vollbildern.

Ladenpreis brosch. M. 10.—, Halbfranz geb. M. 12.50.

Diese beiden Bücher bilden die zwei ersten Bände eines großen und monumentalen Werkes, das (auf 10 Bände berechnet) die Entwicklung der gesamten deutschen Kultur im 19. Jahrhundert zum Gegenstand hat. Der Plan dieses Sammelwerkes und die Liste der Mitarbeiter sind umstehend angegeben.

„Das Neunzehnte Jahrhundert in Deutschlands Ent.

wicklung" vereinigt eine Anzahl hervorragender Männer der Wissenschaft, die aus Anlaß des bevorstehenden Jahrhundert. wechsels die letzten hundert Jahre deutscher Entwicklung auf den wichtigsten Kulturgebieten historisch-kritisch behandeln. In zwangloser Reihe erscheinen, herausgegeben von Dr. Paul Schlenther, Direktor des K. K. Hofburgtheaters zu Wien, nacheinander folgende Einzel. werke im Verlage von Georg Bondi in Berlin:

Dr Theobald Ziegler, ord. Professor a. d. Univ. Straßburg: Die geistigen und socialen Strömungen des 19. Jahrhunderts.

Dr. Georg Kaufmann, ord. Profeffor an der Universität Breslau: Politische Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert.

Frih Hoenig, Hauptmann a. D. in Berlin: Deutsche Kriegs. geschichte des 19. Jahrhunderts.

Dr. Siegmund Günther, ord. Professor a. d. technischen Hochschule München: Geschichte der anorganischen Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert.

Dr. Franz Carl Müller in München: Geschichte der orga. nischen Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert.

Dr. h. c. Franz Reuleaux, geh. Regierungsrat und ord. Professor an der technischen Hochschule Charlottenburg: Geschichte der Technik im 19. Jahrhundert.

Dr. Cornelius Gurlitt, Hofrat und Professor a. d. techn. Hochschule Dresden: Geschichte der deutschen Kunst im 19. Jahr. hundert.

Dr. Richard M. Meyer, Privatdocent a. d. Universität Berlin: Geschichte der deutschen Litteratur im 19. Jahrhundert.

Dr. Heinrich Welti in Berlin: Das musikalische Drama und die Musik des 19. Jahrhunderts in Deutschland.

Dr. Paul Schlenther, Direktor des K. K. Hofburgtheaters zu Wien: Geschichte des deutschen Theaters im 19. Jahrhundert.

Druck von Hesse & Becker in Leipzig.

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