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Wüstenkönig ist der Löwe; will er sein Gebiet durchfliegen,
Wandelt er nach der Lagune, in dem hohen Schilf zu liegen.
Wo Gazellen und Giraffen trinken, kauert er im Rohre;
Zitternd über dem Gewalt'gen rauscht das Laub der Sykomore.

Abends, wenn die hellen Feuer glüh'n im Hottentottenkrale,
Wenn des jähen Tafelberges bunte, wechselnde Signale

Nicht mehr glänzen, wenn der Kaffer einsam schweift durch die Karroo,
Wenn im Busch die Antilope schlummert, und am Strom das Gnu;

Sieh', dann schreitet majestätisch durch die Wüste die Giraffe.
Daß mit der Lagune trüben Fluten sie die heiße, schlaffe
Zunge kühle; lechzend eilt sie durch der Wüste nackte Strecken,
Knieend schlürft sie langen Halses aus dem schlammgefüllten Becken.

Plöglich regt es sich im Rohre; mit Gebrüll auf ihren Nacken
Springt der Löwe; welch' ein Reitpferd! sah man reichere Schabracken
In den Marstallkammern einer königlichen Hofburg liegen,

Als das bunte Fell des Renners, den der Tiere Fürst bestiegen?

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In die Muskeln des Genickes schlägt er gierig seine Zähne;
Um den Bug des Riesenpferdes weht des Reiters gelbe Mähne.

Mit dem dumpfen Schrei des Schmerzes springt es auf und flieht gepeinigt;
Sieh', wie Schnelle des Kameles es mit Pardelhaut vereinigt!

Sieh', die mondbestrahlte Fläche schlägt es mit den leichten Füßen!
Starr aus ihrer Höhlung treten seine Augen; rieselnd fließen
An dem braungefleckten Halse nieder schwarzen Blutes Tropfen,
Und das Herz des flücht'gen Tieres hört die stille Wüste klopfen.
Gleich der Wolke, deren Leuchten Israel im Lande Yemen
Führte, wie ein Geist der Wüste, wie ein fahler, luft'ger Schemen;
Eine sandgeformte Trombe in der Wüste sand'gem Meer,
Wirbelt eine gelbe Säule Sandes hinter ihnen her.

Ihrem Zuge folgt der Geier; krächzend schwirrt er durch die Lüfte;
Ihrer Spur folgt die Hyäne, die Entweiherin der Grüfte;
Folgt der Panther, der des Kaplands Hürden räuberisch verheerte;
Blut und Schweiß bezeichnen ihres Königs grausenvolle Fährte.

Zagend auf lebend'gem Throne seh'n sie den Gebieter sizen,
Und mit scharfer Klaue seines Sizes bunte Polster rizen.
Rastlos, bis die Kraft ihr schwindet, muß ihn die Giraffe tragen;
Gegen einen solchen Reiter hilft kein Bäumen und kein Schlagen.

Taumelnd an der Wüste Saume stürzt sie hin und röchelt leise. Tot, bedeckt mit Staub und Schaume, wird das Roß des Reiters Speise. Ueber Madagaskar, fern im Osten, sieht man Frühlicht glänzen; So durchsprengt der Tiere König nächtlich seines Reiches Grenzen. ,,Wär' ich im Bann von Mekkas Thoren." 1836. Wär' ich im Bann von Mekkas Thoren, Wär' ich auf Yemens glüh'ndem Sand, Wär' ich am Sinai geboren,

Dann führt' ein Schwert wohl diese Hand.

Dann zög' ich wohl mit flücht'gen Pferden
Durch Jethro's flammendes Gebiet;
Dann hielt ich wohl mit meinen Herden
Rast bei dem Busche, der geglüht.

Dann abends wohl vor meinem Stamme,
In eines Zeltes luft'gem Haus,
Strömt' ich der Dichtung inn're Flamme
In lodernden Gesängen aus;

Dann wohl an meinen Lippen hinge
Ein ganzes Volk, ein ganzes Land;
Gleichwie mit Salomonis Ringe
Herrscht' ich, ein Zauberer, im Sand.

Nomaden sind ja meine Hörer,
Zu deren Geist die Wildnis spricht:
Die vor dem Samum, dem Zerstörer,
Sich werfen auf das Angesicht;

Die all'zeit auf den Rossen hängen,
Absißend nur am Wüstenbronn;
Die mit verhängten Zügeln sprengen
Von Aden bis zum Libanon;

Die nachts, als nimmermüde Späher,
Bei ihrem Vieh ruh'n auf der Trift,
Und, wie vor Zeiten die Chaldäer,
Anschau'n des Himmels gold'ne Schrift;

Die oft ein Murmeln noch vernehmen
Von Sinas glutgeborst'nen Höh'n;
Die oft des Wüstengeistes Schemen
In Säulen Rauches wandeln seh'n;

Die durch den Riß oft des Gesteines
Erschau'n das Flammen seiner Stirn
Ha, Männer, denen glüh'nd wie meines
In heißen Schädeln brennt das Hirn.

O Land der Zelte, der Geschosse! O Volk der Wüste, kühn und schlicht! Beduin, du selbst auf deinem Rosse Bist ein phantastisches Gedicht!

Ich irr' auf mitternächt'ger Küste;
Der Norden, ach! ist kalt und klug.
Ich wollt', ich säng' im Sand der Wüste
Gelehnt an eines Hengstes Bug.

Gesicht des Reisenden. *)

Mitten in der Wüste war es, wo wir nachts am Boden ruhten;
Meine Beduinen schliefen bei den abgezäumten Stuten.

In der Ferne lag das Mondlicht auf der Nilgebirge Jochen;
Rings im Flugsand umgekomm'ner Dromedare weiße Knochen!

Schlaflos lag ich; statt des Pfühles diente mir mein leichter Sattel,
Dem ich unterschob den Beutel mit der dürren Frucht der Dattel;
Meinen Kaftan ausgebreitet hatt' ich über Brust und Füße;
Neben mir mein bloßer Säbel, mein Gewehr und meine Spieße.

Tiefe Stille, nur zweilen knistert das gefunk'ne Feuer;
Nur zuweilen kreischt verspätet ein vom Horst verirrter Geier;
Nur zuweilen stampft im Schlafe eins der angebundnen Rosse;
Nur zuweilen fährt ein Reiter träumend nach dem Wurfgeschosse.

Da auf einmal bebt die Erde; auf den Mondschein folgen trüber Dämm'rung Schatten; Wüstentiere jagen aufgeschreckt vorüber. Schnaubend bäumen sich die Pferde; unser Führer greift zur Fahne; Sie entsinkt ihm, und er murmelt: Herr, die Geisterkarawane!

Ja, sie kommt! vor den Kamelen schweben die gespenst'schen Treiber,
Ueppig in den hohen Sätteln lehnen schleierlose Weiber;
Neben ihnen wandeln Mädchen, Krüge tragend, wie Rebekka
Einst am Brunnen; Reiter folgen

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Mehr noch! nimmt der Zug kein Ende?

sausend sprengen sie nach Mekka.

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Weh', auch die zerstreuten Knochen werden wieder zu Kamelen,

Und der braune Sand, der wirbelnd sich erhebt in dunkeln Massen,
Wandelt sich zu braunen Männern, die der Tiere Zügel fassen.

Denn dies ist die Nacht, wo alle, die das Sandmeer schon verschlungen, Deren sturmverwehte Asche heut' vielleicht an unsern Zungen

Klebte, deren mürbe Schädel uns'rer Rosse Huf zertreten,

Sich erheben und sich scharen, in der heil'gen Stadt zu beten.

Immer mehr! - noch sind die lezten nicht an uns vorbeigezogen,
Und schon kommen dort die ersten schlaffen Zaums zurückgeflogen.
Von dem grünen Vorgebirge nach der Babelmandeb-Enge
Saus'ten sie, eh noch mein Reitpferd lösen konnte seine Stränge.

Haltet aus, die Rosse schlagen! jeder Mann zu seinem Pferde!
Zittert nicht, wie vor dem Löwen die verirrte Widderherde!
Laßt sie immer euch berühren mit den wallenden Talaren!
Rufet: Allah! — und vorüber zieh'n sie mit den Dromedaren.

Harret, bis im Morgenwinde eure Turbanfedern flattern!
Morgenwind und Morgenröte werden ihnen zu Bestattern.
Mit dem Tage wieder Asche werden diese nächt'gen Zieher.
Seht, es dämmert schon! ermut'gend grüßt ihn meines Tiers Gewieher.

*) Gude II, 298. Leimbach I, 220.

Aus deutschen Lesebüchern III, 526.

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Der Mohrenfürst. *)

Sein Heer durchwogte das Palmenthal, Er wand um die Locken den Purpurshawl, Er hing um die Schultern die Löwenhaut, Kriegerisch klirrte der Becken Laut.

Wie Termiten wogte der wilde Schwarm. Den goldumreiften, den schwarzen Arm Schlang er um die Geliebte fest: „Schmücke dich, Mädchen, zum Siegesfest!

Sieh', glänzende Perlen bring' ich dir dar! Sie flicht durch dein krauses, schwarzes Haar! Wo Persias Meerflut Korallen umzischt, Da haben sie triefende Taucher gefischt. Sieh', Federn vom Strauße! laß sie dich schmücken,

Weiß auf dein Antlig, das dunkle, nicken! Schmücke das Zelt, bereite das Mahl! Fülle, bekränze den Siegespokal!"

Aus dem schimmernden weißen Zelte hervor Tritt der schlachtgerüstete fürstliche Mohr; So tritt aus schimmernder Wolken Thor Der Mond, der verfinsterte, dunkle, hervor.

Da grüßt ihn jubelnd der Seinen Ruf, Da grüßt ihn stampfend der Rosse Huf. Ihm rollt der Neger treues Blut Und des Nigers rätselhafte Flut.

„So führ' uns zum Siege, so führ' uns zur Schlacht!" Sie stritten vom Morgen bis tief in die Nacht. Des Elefanten gehöhlter Zahn**) Feuerte schmetternd die Kämpfer an.

Es fleucht der Leu, es flieh'n die Schlangen Vor dem Rasseln der Trommel, mit Schädeln behangen,

Auf der Messe, da zieht es, da stürmt es hinan Zum Circus, zum glatten, geebneten Plan. Es schmettern Trompeten, das Becken klingt, Dumpft wirbelt die Trommel, Bajazzo springt.

Herbei, herbei! - das tobt und drängt; Die Reiter fliegen, die Bahn durchsprengt Der Türkenrapp' und der Brittenfuchs; Die Weiber zeigen den üppigen Wuchs.

*) Leimbach I, 228.

**) Die Trompete der Neger.

1.

2.

Hoch weht die Fahne, verkündend Tod: Das Gelb der Wüste färbt sich rot.

So tobt der Kampf im Palmenthal. Sie aber bereitet daheim das Mahl; Sie füllt den Becher mit Palmensaft, Umwindet mit Blumen der Zeltstäbe Schaft.

Mit Perlen, die Persias Flut gebar, Durchflicht sie das krause, schwarze Haar, Schmückt dieStirne mit wallenden Federn und Den Hals und die Arme mit Muscheln bunt.

Sie seht sich vor des Geliebten Zelt; Sie lauscht, wie ferne das Kriegshorn gellt. Der Mittag brennt und die Sonne sticht: Die Kränze welken, sie achtet's nicht.

Die Sonne sinkt, und der Abend siegt; Der Nachttau rauscht und derGlühwurmfliegt. Aus dem lauen Strom blickt das Krokodil, Als ob es der Kühle genießen will.

Es regt sich der Leu und brüllt nach Raub, Elefantenrudel durchrauschen das Laub. Die Giraffe sucht des Lagers Ruh', Augen und Blumen schließen sich zu.

Ihr Busen schwillt vor Angst empor. Da naht ein flüchtiger blutender Mohr: „Verloren die Hoffnung, verloren die Schlacht! Dein Buhle gefangen, gen Westen gebracht! An's Meer, den blanken Menschen ver

kauft!"

Da stürzt sie zur Erde, das Haar zerrauft, Die Perlen zerdrückt sie mit zitternder Hand, Birgt die glühende Wange im glühenden Sand.

Und an der Reitbahn verschleiertem
Thor

Steht ernst ein grausgelockter Mohr,
Die türkische Trommel schlägt er laut,
Auf der Trommel liegt eine Löwenhaut.

Er sieht nicht der Reiter zierlichen Schwung,
Er sieht nicht der Rosse gewagten Sprung.
Mit starrem, trock'nem Auge schaut
Der Mohr auf die zottige Löwenhaut.

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Spring' an, mein Wüstenroß aus Alexandria!
Mein Wildling! Solch ein Tier bewältiget kein Schah,
Kein Emir, und was sonst in jenen

Destlichen Ländern sich in Fürstensätteln wiegt;

Wo donnert durch den Sand ein solcher Huf? wo fliegt
Ein solcher Schweif? wo solche Mähnen?

Wie es geschrieben steht, so ist dein Wiehern: Ha!
Ausschlagend, das Gebiß verachtend, stehst du da;
Mit deinem losen Stirnhaar buhlet

Der Wind; dein Auge blizt und deine Flanke schäumt:
Das ist der Renner nicht, den Boileau gezäumt

Und mit Franzosenwiß geschulet!

Der trabt bedächtig durch die Bahn am Leitzaum nur,
Ein Heerstraßgraben ist die leidige Cäjur

Für diesen feinen saubern Alten.

Er weiß, daß eitler Mut ihm weder ziemt noch frommt;
So schnäufelt er und hebt die Hüflein, springt und kommt
Ans and're Ufer wohlbehalten.

*) Leimbach I, 205.

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