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Epilog zu dem romantischen Epos „Cäcilie“.
Es ist vollbracht, das Werk, das ich ersonnen,
Der langen Sehnsucht schmerzlicher Gewinn.
An deinem Sarge ward es einst begonnen,
Auf deinen Hügel leg' ich's trauernd hin.
Es spiegeln alle Thränen, alle Wonnen
Des tiefbetrübten Herzens sich darin.

nimm es an! es war im bittern Leide Mein einz'ger Trost und meine leßte Freude.

Dem Schiffer gleich, der an den bunten Höhen

Des schönen Ufers staunend niederfuhr

Und manche Stadt, manch' prangend Schloß gesehen

Und manchen Hain und manche holde Flur,

Bis jetzt die Wind' aufs hohe Meer ihn wehen,

Wo jedes Bild verweht und jede Spur:

So seh' auch ich in nebelgrauen Weiten

Die Täuschung flieh'n und Freud' und Trost entgleiten.

Denn wie du warst im Leben und im Leiden,
In Lieb und Lust, im Schmerz und im Gefühl,
Das sucht' ich treu in Wort und Bild zu kleiden
Und anzureih'n in holder Töne Spiel.

So ließ ich nie dich aus der Seele scheiden
Und nahte mich an deiner Hand dem Ziel;
Doch mit dem Kranz, den du mir jezt gebunden,
Ist flüchtig auch der sel'ge Wahn entschwunden.

Drei Jahre sind mir schnell im Traum entflogen, Und wenn empört vom mächt'gen Schicksalsflug Die wilde Zeit auf unbeständ'gen Wogen Mich selber auch durch Krieg und Frieden trug: Ich merkt' es kaum, wie schwarz die Wolken zogen, Wie laut der Sturm an meinen Nachen schlug; Auf dir allein verweilten ohne Wanken In jeder Not die liebenden Gedanken.

Und wie die Zeit auch wechselnd fortgeschritten,
Du warst der Stern, die Sonne meiner Zeit;
Dir war die Wehr, womit mein Arm gestritten,
Dir jeder Traum der süßen Ruh' geweiht;
Und wenn mein Herz auch viel und tief gelitten,
Für dich allein bekämpft' ich kühn das Leid,
Daß nicht verlegt vom herbstlich kalten Hauche
Die Ros' erbleich' an deinem Hügelstrauche.

Denn weil ich längst nicht heimisch mehr hienieden, Seit deinen Geist ein schön'res Land umfängt, Das heit're Spiel lebend'ger Lust gemieden Und nur auf dich den ernsten Blick gesenkt, Ist mancher Freund von meinem Pfad geschieden Und hat mein Herz durch kalten Sinn gekränkt: Ich habe still für dich dies Weh getragen Und ihn geliebt, wie einst in schönern Tagen.

Wie ein Gefäß, das Myrrhen einst verschlossen, Auch später noch die süßen Düfte hegt;

Wie ein Gewölk, von Abendrot umflossen,

Sanft leuchtend noch sich durch die Dämm'rung regt;
Und wie ein Strom, ins salzige Meer ergossen,
Noch weit hinaus die füßen Wellen trägt:
So kann, gekränkt, verstoßen und verlassen,
Wer dich geliebt, nicht zürnen und nicht hassen.

Du sizest still auf deinem goldnen Throne, Vernimmst nicht mehr der Erde Lust und Pein, Kannst mit lebend'gem Dank und ird'schem Lohne Das treue Herz des Sängers nicht erfreu'n; Doch schmückt durch dich ihn seine Lorbeerkrone, Was ihn verherrlicht, alles ist es dein. Weil du es gabst und weil es dich gesungen,

Hat sich dein Lied dem niedern Staub entschwungen.

Und soll auch jezt dies jugendliche Leben
Mir ohne Lieb' und ohne Lust entflieh'n:
Wohl mancher Traum muß unerfüllt entschweben,
Wohl manche Blum' im Keimen schon verblüh'n.
Dir hab' ich mich mit Freuden hingegeben,
Und nimmer welkt, was du mir einst verlieh'n,
Nur einmal kann der Lenz dem Herzen prangen,
Doch bleibt sein Duft, wenn auch sein Glanz vergangen.

So mag denn weit dies fromme Lied erschallen,
Wo deutscher Ernst mit deutscher Treue gilt,
Und wie sich hell in klarer Bäche Wallen
Mit nahem Licht der ferne Stern enthüllt,
So leuchte jest wie in des Himmels Hallen,
Auf Erden auch, Cäcilie, dein Bild!

Doch du nimm hold das Lezte, was ich biete,
Es war auch mir des Lebens lezte Blüte.

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Urahne, Großmutter, Mutter und Kind In dumpfer Stube beisammen sind; Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt, Großmutter spinnet, Urahne gebückt Sißt hinter dem Ofen im Pfühl Wie wehen die Lüfte so schwül!

Das Kind spricht:,,Morgen ist's Feiertag, Wie will ich spielen im grünen Hag, Wie will ich springen durch Thal und Höh'n, Wie will ich pflücken viel Blumen schön; Dem Anger, dem bin ich hold!" Hört ihr's, wie der Donner grollt?

Die Mutter spricht:,,Morgen ist's Feiertag, Da halten wir alle fröhlich Gelag, Ich selber, ich rüste mein Feierkleid; Das Leben, es hat auch Lust nach Leid, Dann scheint die Sonne wie Gold!" Hört ihr's, wie der Donner grollt?

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Der Reiter und der Bodensee. *)

Der Reiter reitet durchs helle Thal,
Auf Schneefeld schimmert der Sonne
Strahl.

Er trabet im Schweiß durch den kalten Schnee,

Er will noch heut' an den Bodensee;

Noch heut' mit dem Pferd in den sichern Kahn,

Will drüben landen vor Nacht noch an.

Auf schlimmem Weg über Dorn und Stein, Er braust auf rüstigem Roß feldein.

Aus den Bergen heraus, ins ebene Land, Da sieht er den Schnee sich dehnen wie Sand.

Weit hinter ihm schwindet Dorf und Stadt,
Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.
In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus,
Die Bäume gingen, die Felsen aus;
So flieget er hin eine Meil' und zwei,
Er hört in den Lüften der Schneegans
Schrei;

Es flattert das Wasserhuhn empor,
Nicht anderen Laut vernimmt sein Ohr;
Keinen Wandersmann sein Auge schaut,
Der ihm den rechten Pfad vertraut.
Fort geht's, wie auf Sammt, auf dem weichen
Schnee,

Wann rauscht das Wasser, wann glänzt
See?

Da bricht der Abend, der frühe, herein: Von Lichtern blinket ein ferner Schein.

Es hebt aus den Nebeln sich Baum an Baum,
Und Hügel schließen den weiten Raum.
Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn,
Dem Rosse giebt er den scharfen Sporn.

Und Hunde bellen empor am Pferd,
Und es winkt im Dorf ihm der warme
Herd.

*) Gude IV, 160.

Lüben und Nace III, 427.

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Und deckt' ihn die Rinde mit Eis nicht zu,

Ich spräch', aus dem Nachen stiegest du.““

Der Fremde schaudert, er atmete schwer:

„Dort hinten die Eb'ne, die ritt ich her!" Da recket die Magd die Arm' in die Höh': „Herr Gott! so rittest du über den See;

An den Schlund, an die Tiefe bodenlos,

Hat gepocht der rasenden Hufes Stoß!

Und unter dir zürnten die Wasser nicht?
Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?
Und du wardst nicht die Speise der stummen
Brut?

Der hung'rigen Hecht' in der kalten
Flut?""

Sie rufet das Dorf herbei zu der Mär',
Es stellen die Knaben sich um ihn her;
Die Mütter, die Greise, sie sammeln sich:
„Glückseliger Mann, ja, segne dich!
Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch,
Brich mit uns das Brot und iß vom Fisch!"
Der Reiter erstarret auf seinem Pferd,

Er hat nur das erste Wort gehört.

Es stocket sein Herz, es sträubt sich sein Haar,
Dicht hinter ihm grinst noch die grause
Gefahr.
Es siehet sein Blick nur den gräßlichen
Schlund,

Sein Geist versinkt in den schwarzen Grund.

Im Ohr ihm donnert's wie krachend Eis,

Wie die Well' umrieselt ihn kalter Schweiß. Da seufzt er, da sinkt er vom Roß herab, Da ward ihm am Ufer ein trocken Grab.

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