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Die Kreuzschau. *) 1834.

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Zu Gottes Angesicht, das Firmament Zu seinem Kleid, das Land zu dessen Saum. ‚Du wirst dem, dessen Herz dich Vater nennt, Nicht, Herr, im Zorn entziehen deinen. Frieden,

Wenn seine Schwächen er vor dir bekennt. Daß, wen ein Weib gebar, sein Kreuz hienieden

Auch duldend tragen muß; ich weiß es
Lange,

Doch sind der Menschen Last und Leid
verschieden.
Mein Kreuz ist allzuschwer; sieh', ich ver-
Lange

Die Last nur angemessen meiner Kraft; Ich unterliege, Herr, zu hartem Zwange." Wie er so sprach zum Höchsten kinderhaft, Kam brausend her ein Sturm, und es geschah,

Daß aufwärts er sich fühlte hingerafft. Und wie er Boden faßte, fand er da

Sich einsam in der Mitte räum'ger Hallen, Wo ringsum sonder Zahl er Kreuze sah. Und eine Stimme hört er dröhnend hallen: ,,Hier aufgespeichert ist das Leid; du hast Zu wählen unter diesen Kreuzen allen.“

Versuchend ging er da, unschlüssig fast,

Von einem Kreuz zum anderen umher, Sich auszuprüfen die bequem're Last. Dies Kreuz war ihm zu groß und das zu schwer;

So schwer und groß war jenes andre nicht,

Doch scharf von Kanten drückt' es desto mehr.

Das dort, das warf wie Gold ein gleißend Licht,

Das lockt ihn, unversucht es nicht zu

lassen; Dem goldnen Glanz entsprach auch das Gewicht.

Er mochte dieses heben, jenes fassen,

Zu keinem neigte noch sich seine Wahl. Es wollte keines, keines für ihn passen. Durchmustert hatt' er schon die ganze Zahl-Verlorne Müh! vergebens war's geschehen!

Durchmustern mußt' er sie zum andern Mal. Und nun gewahrt er, früher übersehen, Ein Kreuz, das leidlicher ihm schien zu sein, Und bei dem einen blieb er endlich stehen. Ein schlichtes Marterholz, nicht leicht, allein Jhm paßlich und gerecht nach Kraft und Maß; „Herr," rief er, „so du willst, dies Kreuz sei mein!"

Und wie er's prüfend mit den Augen maß

Es war dasselbe, das er sonst getragen, Wogegen er zu murren sich vermaß. Er lud es auf und trug's nun sonder Klagen.

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„O Franz! und diese lange, bange Zeit! Wie soll ich, dich zu sehen, mich entwöhnen? Du bist mein Leben, meine Seligkeit!" „Du hörst mich, hörest die Trompete dröhnen, Sie wird dir meiner Liebe Botschaft bringen

Bei der Retrait' in Nachhalls Zittertönen. Wenn diese legten Töne zu dir dringen, Ich bin's, gedenke mein! dann weht von drüben

Dir meine Seele zu auf ihren Schwingen. Mag doch der Eisgang kurze Feindschaft üben,

Der Frühling unsrer Liebe wird erwachen, Und keine Trennung fürder uns betrüben."

„Hört auf! wer mag noch lärmen hier und lachen!"

Ein Fischer sprang herein und schrie das Wort: „Hört ihr denn draußen nicht des Eises Krachen? Ihr Herrn, die ihr hinüber müßt, macht fort; Stromauf! da hält sich's länger, bis es bricht,

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Dem Lichte zu am andern Ufer dort!"
Franz, bleib' hier!"-,,Mein Lieb, ich
darf es nicht,
Nicht Urlaub hab' ich.“— „Meines Vaters
Haus . .“

„Ich binSoldat und kenne meine Pflicht.“ ,, lieber Franz, in solchem nächt'gen Graus...!"

„Wir scheiden ja, mein Lieb, zum letzten Male.

Laß ab! sei stark! die andern sind voraus.“ Stromauf, schrägüber, nach dem Lichtsignale, Sie schritten schnell und schweigsam durch die Nacht,

Erhellt von keines Sternes bleichem
Strahle;

In Nebeln, von dem Winde hergefacht, Schien ihnen oft das Lichtlein zu verschweben;

Sie schritten zu, als ging es in die
Schlacht.

Sie fühlten unter sich das Eis erbeben Und hörten's grausig donnernd sich zerspalten

Und sah'n es aufgerissen sich erheben;

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Vater!

Wir sind nur fünf! es fehlt der sechste
Mann!

Der fehlt, ist Franz; sie hielt ihn auf; was that er!

Doch seht den Schatten dort! das muß

er sein, Im windgefegten Schneegewölke naht er, Franz! Franz! gib Antwort! - Keine Antwort! Nein,

Es ist es nicht. Das Schneegewölk zerfallen;

Stumm, ebenmäßig hüllt die Nacht uns ein."

Und von dem Strome her, wo wirbelnd wallen

Die Schollen und einander sich zerschmettern,

Hört laut man wohlbekannten Ton erichallen.

Der ehernen Trompete mutig Schmettern Retrait'! ihm selbst Posaune des Gerichts; Er ruft dem Tode, nicht den ird'schen Rettern.

Und strombegleitend fern und ferner bricht es, Und leis' und leiser, aus der Nacht hervor, Ein Hauch der Ahnung überird'schen Lichtes.

Dem Krug vorbei; Da lauschet wohl ein Ohr!

Und lang gezogen, leise zitternd schwingen Des Nachhalls lezte Töne sich empor. Wenn diese letten Töne zu dir dringen, Ich bin's, gedenke mein! dann weht von drüben

Dir meine Seele zu auf ihren Schwingen. Mag doch der Eisgang kurze Feindschaft üben,

Der Frühling unsrer Liebe wird erwachen, Und keine Trennung fürder uns betrüben." Und unterwärts erschallt mit Donnerskrachen Das Eis, daß Scholle sich auf Scholle ballt, Und dröhnend öffnet sich des Todes Rachen. Es schweigt; die lezten Töne sind verhallt.

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Woll'st endlich sonder Grämen Aus dieser Welt uns nehmen Durch einen sanften Tod! Und, wenn du uns genommen, Laß uns in Himmel kommen,

Du, unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;

Kalt ist der Abendhauch.
Verschon' uns, Gott! mit Strafen
Und laß uns ruhig schlafen

Und unsern kranken Nachbar auch!

Rheinweinlied. *) 1776.

Bekränzt mit Laub den lieben, vollen Becher | Im Erzgebirge dürft ihr auch nicht

Und trinkt ihn fröhlich leer!
In ganz Europia, ihr Herren Zecher,
Ist solch ein Wein nicht mehr.

Er kommt nicht her aus Hungarn, noch aus Polen,

Noch wo man Franzmänn’sch spricht; Da mag Sankt Veit, der Ritter, Wein sich holen!

Wir holen ihn da nicht. Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle; Wie wär' er sonst so gut? Wie wär' er sonst so edel, wäre stille, Und doch voll Kraft und Mut!

Er wächst nicht überall im Deutschen Reiche, Und viele Berge, hört! Sind, wie die weiland Kreter, faule Bäuche Und nicht der Stelle wert. Thüringens Berge, zum Erempel, bringen Gewächs, sieht aus wie Wein, Ist's aber nicht; Man kann dabei nicht singen, Dabei nicht fröhlich sein.

suchen,

Wenn ihr Wein finden wollt; Das bringt nur Silbererz und Kobaltkuchen

Und etwas Lausegold.

Der Blodsberg ist der lange Herr Philister,

Er macht nur Wind wie der;
Drum tanzen auch der Kuckuck und sein
Küster
Auf ihm die Kreuz und Quer'.
Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre
Reben;

Gesegnet sei der Rhein!
Da wachsen sie am Ufer hin und geben
Uns diesen Labewein.

So trinkt ihn denn und laßt uns alle
Wege

Uns freu'n und fröhlich sein! Und wüßten wir, wo jemand traurig läge, Wir gäben ihm den Wein.

Die Geschichte von Goliath und David. **) 1778.

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Da kam in seinem Schäferrock Ein Jüngling, zart und fein; Er hatte nichts als einen Stock, Als Schleuder und den Stein;

Und sprach: „Du hast viel Stolz und Wehr, „Ich komm' im Namen Gottes her."

Und damit schleudert er auf ihn
Und traf die Stirne gar:
Da fiel der große Esel hin,

So lang und dick er war;
Und David haut in guter Ruh'
Ihm nun den Kopf noch ab dazu.

Trau nicht auf deinen Tressenhut,
Noch auf den Klunker d'ran!
Ein großes Maul es auch nicht thut,
Das lern' vom langen Mann:
Und von dem kleinen lerne wohl,
Wie man mit Ehren fechten soll.

Urians Reise um die Welt.

Wenn jemand eine Reise thut, So kann er was verzählen; Drum nahm ich meinen Stock und Hut Und that das Reisen wählen. Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan; Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Zuerst ging's an den Nordpol hin;
Da war es kalt, bei Ehre!

Da dacht' ich denn in meinem Sinn,
Daß es hier besser wäre.

Da hat er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

In Grönland freuten sie sich sehr, Mich ihres Orts zu sehen,

Und seßten mir den Thrankrug her;
Ich ließ ihn aber stehen.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Die Estimo's sind wild und groß,
Zu allem Guten träge;

Da schallt ich einen einen Kloß
Und kriegte viele Schläge.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Nun war ich in Amerika; Da sagt' ich zu mir: Lieber! Nordwestpassage ist doch da; Mach' dich einmal darüber!

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan; Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Flugs ich an Bord und aus ins Meer, Den Tubus festgebunden,

Und suchte sie die Kreuz und Quer'
Und hab' sie nicht gefunden.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Von hier ging ich nach Mexico; Ist weiter als nach Bremen. Da, dacht' ich, liegt das Gold wie Stroh, Du sollst 'n Sack voll nehmen. Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan; Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Allein, allein, allein, allein, Wie kann ein Mensch sich trügen! Ich fand da nichts als Sand und Stein Und ließ den Sack da liegen.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

D'rauf kauft' ich etwas kalte Kost
Und Kieler Sprott und Kuchen
Und sezte mich auf Ertrapost,
Land Asia zu besuchen.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Der Mogul ist ein großer Mann
Und gnädig über Maßen

Und flug; er war ist eben d'ran,
'n Zahn auszieh'n zu lassen.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan; Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Hm! dacht' ich, der hat Zähnepein Bei aller Größ' und Gaben! Was hilft's dann auch noch, Mogul sein? Die kann man so wohl haben.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan; Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

Ich gab dem Wirt mein Ehrenwort, Jhn nächstens zu bezahlen;

Und damit reist' ich weiter fort
Nach China und Bengalen.

Da hat Er gar nicht übel d'ran gethan;
Verzähl' Er doch weiter, Herr Urian!

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