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Geharnischte Sonette.

O, daß ich stünd' auf einem hohen Turme,
Weit sichtbar rings in allen deutschen Reichen,
Mit einer Stimme, Donnern zu vergleichen,
Zu rufen in den Sturm mit mehr als Sturme:

Wie lang' willst du dich winden, gleich dem Wurme,
Krumm unter deines Feinds Triumphrads Speichen?
Hat er die harte Haut noch nicht mit Streichen
Dir g'nug gerieben, daß dich's endlich wurme?

"

Die Berge, wenn sie könnten, würden rufen:

Wir selber fühlten mit fühllosem Rücken

Lang g'nug den Druck von eures Feindes Hufen."

Des Steins Geduld bricht endlich auch in Stücken,

Den Götter zum Getretensein doch schufen

Volk, mehr als Stein, wie lang' darf man dich drücken?

*) Cube IV, 111. Lüben und Nade III, 312. Aus beutschen Lesebüchern III, 235.

Was schmiedst du, Schmied?

Wir schmieden Ketten, Ketten!"

Ach, in die Ketten seid ihr selbst geschlagen.
Was pflügst du, Bau'r?

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„Das Feld soll Früchte tragen!" Ja für den Feind die Saat, für dich die Ketten.

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Was zielst du, Schüße?
Gleich Hirsch und Reh wird man euch selber jagen.

,,Tod dem Hirsch, dem fetten!"

Was strickst du, Fischer? „Nez dem Fisch, dem zagen!“
Aus eurem Todesnez wer kann euch retten?

Was wiegest du, schlaflose Mutter?,,Knaben!"

Ja, daß sie wachsen und dem Vaterlande,

Im Dienst des Feindes, Wunden schlagen sollen.

Was schreibest, Dichter, du? "In Glutbuchstaben
Einschreib' ich mein' und meines Volkes Schande,
Das seine Freiheit nicht darf denken wollen.“

Ihr Ritter, die ihr haust in euren Forsten,
Ist euch der Helmbusch von dem Haupt gefallen?
Versteht ihr nicht den Panzer mehr zu schnallen?
Ist ganz die Rüstung eures Muts zerborsten?

Was siset ihr daheim in euren Horsten,
Jhr alten Adler, habt ihr keine Krallen?
Hört ihr nicht dorther die Verwüstung schallen?
Seht ihr das Untier nicht mit seinen Borsten?

Schwingt eure Keulen! denn es ist ein Keuler;
Er wühlt, er droht, voll Gier nach schnödem Futter
Stürzt er den Stamm, nicht bloß des Stammes Blätter;

Es ist ein Wolf, ein nimmersatter Heuler,
Er frißt das Lamm, er frißt des Lammes Mutter;
Helft, Ritter, wenn ihr Ritter seid, seid Retter!

Es steigt ein Geist, umhüllt von blankem Stahle,
Des Friedrichs Geist, der in der Jahre sieben
Einst that die Wunder, die er selbst beschrieben,
Er steigt empor aus seines Grabes Male

Und spricht: „Es schwankt in dunkler Hand die Schale,
Die Reiche wägt, und mein's ward schnell zerrieben.
Seit ich entschlief, war niemand wach geblieben;

Und Roßbachs Ruhm ging unter in der Saale.

Wer weckt mich heut' und will mir Rach' erstreiten?

Ich sehe Helden, daß mich's will gemahnen,
Als seh' ich meinen alten Ziethen reiten.

Auf, meine Preußen, unter ihre Fahnen!
In Wetternacht will ich voran euch schreiten,
Und ihr sollt größer sein als eure Ahnen.“

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Der alte Frih saß drunten in den Nächten
Auf einem Thron, aus Thatenglanz gewoben,
Und dachte, weil den Busen Seufzer hoben,
An sein einst freies Volk, das ward zu Knechten.
Da kam, so lange von des Schicksals Mächten
Jm ird'schen Stand des Lebens aufgehoben,
Sein alter Bruder kam jezt her von droben;
Den sah er und hob an: Will's noch nicht fechten?

Der aber sprach: Ich komme vom Geschicke
Zu dir gesandt, als Bote, daß erschienen.
Jezt ist die Stunde, wo es bricht die Stricke.

Da sprang der alte König auf mit Mienen,
Als ob er selbst zum neuen Kampf sich schicke,
Und sprach: „Jezt will ich wieder sein mit ihnen.“

Wir haben lang' mit stummem Schamerröten
Geblickt auf uns und unsres Landes Schande,
Zu dir aufhebend unsres Armes Bande:
Wie lang', Herr, willst du sie noch fester löten?"

Jest willst du dich, o Retter in den Nöten,
Erbarmen wieder über deinem Lande;
Die Rettung kommt, sie kommt im Städtebrande
Von dir, sie kommt in blut'gen Morgenröten.

Herr, vom Schweren kann nur Schweres lösen,
Und wir sind schwergebückt in unserm Staube;
Oeile du, die Kraft uns einzuflößen

Zum Auferstehn. Laß nicht dem Sturm zum Raube
Uns werden in der Rettung Sturmgetöse;

Panier sei Hoffnung, unser Schild dein Glaube!

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Die andern nahmen die Briten, Und andere die Dänen auf; Wir brachten mit müden Schritten Bis hierher unsern Lauf.

Wir konnten nicht weiter keuchen, Erschöpft war unsre Kraft: Frost, Hunger, Elend und Seuchen, Sie haben uns hingerafft.

Zu Ottensen an der Mauer Der Kirch' ist noch ein Grab, Darin des Lebens Trauer Ein Held gelegt hat ab. Geschrieben ist der Namen Nicht auf den Leichenstein; Doch er samt seinem Samen Wird nie vergessen sein.

Ein ungeheuerer Knäuel, Zwölfhundert oder mehr Es zieht sich über den Greuel Ein dünner Rasen her.

Zweites Grab.

Von Braunschweig ist's der Alte, Karl Wilhelm Ferdinand, Der vor des Hirnes Spalte Hier Ruh' im Grabe fand.

Der Lorbeerkranz entblättert, Den auf dem Haupt er trug,

Die Stirn vom Schlag zerschmettert, Der ihn bei Jena schlug;

Nicht, wo er war geboren, Hat dürfen sterben er,

Von seines Braunschweigs Thoren
Kam irrend er hieher;

Umirrend mit den Scherben
Des Haupts von Land zu Land,
Das, eh' es konnte sterben,
Erst allen Schmerz empfand;

Das erst noch mußte denken
Der Zukunft lange Not,
Eh' es sich durfte senken
Beschwichtigt in den Tod.

Jezt hat sich's hier gesenket,
Doch hebt sich's, wie man glaubt,
Noch aus der Gruft und denket,
Das alte Feldherrnhaupt.

Zu Ottensen, von Linden Beschattet auf dem Plan, Ist noch ein Grab zu finden, Dem soll, wer trauert, nahn'.

Der deckt nun uns're Blöße, Ein Obdach er uns gab; Man merkt des Jammers Größe Nicht an dem kleinen Grab."

Da sieht es die Befreiung Nun wohl auf deutscher Flur, Doch auch von der Entweihung Die unvertilgte Spur.

Da sieht es der Zwölfhundert Grabstätte sich so nah Und ruft wohl aus verwundert: Ein Feldherr ward ich ja!

Feldherrnamt, wie grausend!
Um mich, den Feldherrn, her
Gelagert sind die tausend,
Ein großes Schmerzensheer.

Euch hat auf andern Pfaden,
Und doch aus gleichem Grund,
Der Tod hierher geladen,
Ihr seid mit mir im Bund.

Drittes Grab.

Daß ohne Totenhemde Jhr auf den Gräbern sigt, Das schmerzt mich, weil der Fremde Noch geht in Purpur ist.

Ist keiner mehr am Leben, Den Purpur auszuzieh’n Dem Fremden und zu geben Euch nackten Toten ihn?

Mit seinen dunklen Schüßen
Der Dels, mein wack'rer Sohn,
Der könnte wohl euch nühen;
Doch fiel auch der nun schon.

Jezt kann ich keinen nennen,
Da ihn der Tod geraubt;
Und schmerzlich fühl' ich brennen
Die Spalt' in meinem Haupt."

Dort in der Linden Schauer Soll lesen er am Stein Die Inschrift, daß die Trauer Ihm mag gelindert sein.

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