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Hier vor dem Wagen des strahlenden Gotts streut Eos die Rosen.
Und, von den Horen umtanzt, folgt ihr der glänzende Tag.
Doch wer vermöchte sie wohl, sie alle, die Sterne zu zählen,
Welche den Himmel der Kunst schmücken im heiligen Rom?
Willst du das Allerheiligste schaun, geh' in die Sixtina,
Blicke zur Decke hinauf, wo die gewaltige Kunst
Buonarotti's den Menschen emporreißt über sich selber.
Staune mit Andacht an und mit Entzücken das Werk,
Das vier Jahre hindurch auf dem Rücken liegend der Meister
Schuf mit der mächtigen Hand, die das Ermatten vergaß.
Rede man nicht, daß Fleiß und Genie ausschließen einander,
Nein, auf das Innigste sind beide verschmolzen in Eins.
Denn nicht giebt sich zufrieden ein wirklicher Künstler, bis daß er
Mit unermüdlichem Fleiß das, was er wollte, erreicht.
Auf vergänglichem Stoffe gemalt, auf Kalk und auf Leinwand,
Wünschte die Werke man nie wieder vergehen zu sehn.
Ist das zuviel verlangt, so mögen in künftigen Zeiten
Meister vielleicht noch erstehn, welche dem Rafael gleich
Und Lionardo da Vinci und Michel Angelo malen.

Aber die Zeiten sind fern, wenn man die heutige prüft.
Zwar wir stehen voran in den Künsten, den Reichtum zu mehren
Und zu genießen, was rings bringet die Erde hervor,

Doch wir stehen zurück in den Künsten der Musen und haben

Fast schon den seichtesten Stand, fürcht' ich, der Ebbe erreicht.

Aber wir können doch pilgern nach Rom und uns freun an dem Schönsten, Was in größerer Zeit herrliche Meister gewirkt.

Ich auch habe geschöpft aus Fontana di Trevi und darf so

Hoffen, das ewige Rom einmal noch wieder zu sehn.

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Die Wurmlinger Kapelle.

Luftig, wie ein leichter Kahn, Auf des Hügels grüner Welle, Schwebt sie lächelnd himmelan, Dort die friedliche Kapelle.

Einst bei Sonnenuntergang Schritt ich durch die öden Räume, Priesterwort und Festgesang Säuselten um mich wie Träume.

Und Marias schönes Bild Schien vom Altar sich zu senken, Schien in Trauer, heilig mild, Alter Tage zu gedenken.

Rötlich kommt der Morgenschein, Und es kehrt der Abendschimmer Treulich bei dem Bilde ein: Doch die Menschen kommen nimmer.

Leise werd' ich hier umweht Von geheimen, frohen Schauern, Gleich als hätt' ein fromm Gebet Sich verspätet in den Mauern.

Lieblich war die Maiennacht, Silberwölflein flogen,

Ob der holden Frühlingspracht Freudig hingezogen.

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Der Postillon.*)

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Und vorbei, wie Traumesflug,
Schwand der Dörfer Frieden.

Mitten in dem Maienglüc
Lag ein Kirchhof innen,
Der den raschen Wanderblick
Hielt zu ernstem Sinnen.

Hingelehnt an Bergesrand
War die bleiche Mauer,
Und das Kreuzbild Gottes stand
Hoch, in stummer Trauer.

Schwager ritt auf seiner Bahn Stiller jezt und trüber; Und die Rosse hielt er an, Sah zum Kreuz hinüber:

Aus deutschen Lesebüchern II, 591.

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