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Niemals gab es der Dichter so viel als heute sich zählen,
Aber auch niemals ward selt'ner gesungen ein Lied.

Ach, was sind die Seen, die himmlisch blauen,
Was die Verge mit beschneiter Spize,
Bunte Wälder, taubeglänzte Auen,
Wenn ich liebend nicht ein Herz besize,
Dem ich, was ich fühle, kann vertrauen!

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Ja knieen will ich, Vergangenheit,
Vor deinen Gebilden aus Stein,
Der nackt die ernste Schönheit beut,
Verachtend des Reizes Schein.

Ihn lassend der frömmelnden Enkelwelt, Die, von Gleisnersinn erfüllt,

Die Lüsternheit zu ergänzen quält,

Was der schlaue Bildner verhüllt.

Und lernen will ich auf deinen Laut, Was der Mensch bewirkt und erschafft, Wenn er dem Gott im Busen vertraut Und der selbst gegebenen Kraft.

Dann kehr' ich heim mit stolzem Sinn Und schaff' in gesättigter Ruh', Was jung soll sein, wie ich es bin, Und alt soll werden, wie du.

Die Ruinen des Campo Vaccino.

Seid gegrüßt, ihr heil'gen Trümmer,

Auch als Trümmer mir gegrüßt,
Obgleich nur noch Mondesschimmer
Einer Sonn', die nicht mehr ist!
Nennt euch mir, ich will euch kennen,
Ich will wissen, was ihr war't!
Was ihr seid, braucht's nicht zu nennen,
Da die Schmach euch gleich gepaart.

Eintrachtstempel! du der erste,
Der sich meinem Blick enthüllt!
Deine lezte Säule berste,
Schlecht hast du dein Amt erfüllt!
Solltest deine Brüder hüten,
Warst als Wächter hingesezt,
Und du ließest Zwietracht wüten,
Die sie fällt' und dich zuleßt.

Jupiter, aus deinem Tempel,
Stator, der zu steh'n gebeut,
Brich des Schweigens Sklavenstempel,
Heiß' sie steh'n, die neue Zeit!
Doch umsonst ist hier dein Walten,
Du stehst selber nur mit Müh':
Unaufhaltsam geh'n die Alten
Und das Neue über sie.

Warum in dies Feld der Leichen
Jst, Septimius Sever,
Eingang dies dein Siegeszeichen?
Ausgang dünkt es mich vielmehr.
Als dem lezten, der's zu fassen,
Wenn auch nicht zu thun verstand,
So ein Plätzchen dir gelassen,
Doch nicht hier, am äußern Rand.

Titus! Nicht dem Ruhm, dem Frieden
Bautest du dein Heiligtum;
Doch dir ward, was du vermieden,
Jeder Stein spricht deinen Ruhm.

*) Konstantin.

1819.

Auch den Frieden in dem Munde
Ging ein and'rer d'rauf ins Haus'; *)
Doch der Friede zog zur Stunde
Aus dem Friedenstempel aus.

Curia, die aus ihren Thoren
Krieg der Welt und Frieden ließ;
Harr'st du deiner Senatoren?
Einer doch ist dir gewiß.

Sieh' ihn steh'n dort an den Stufen
Bei dem Mann im Priesterkleid,
Sieh', er kommt, wird er gerufen,
Und er geht, wenn man gebeut.

Sieh' des Purpurs reiche Falten,
Majestätisch steht er da!
Ja, du suchst nach deinen Alten?
Schließ die Pforten, Curia!
Unten such', die unten wohnen,
Wir sind oben leicht und froh:
Rom hat nur noch Ciceronen,
Aber keinen Cicero.

Hat der Bruder dich erstochen,
Remus mit dem weichen Sinn?
Sieh' vom Schicksal ihn gerochen:
Er, sein Reich, gleich dir dahin!
Dort in seines Tempels Hallen,
Schmuz'ger Mönche düstrer Zug;
Horch, des Küsters Glöcklein schallen!
Dünkt die Rache dir genug?

Roma, Venus! Schönheit, Stärke,
Pulse ihr der alten Welt!
Hier inmitten eurer Werke
Euer Tempel aufgestellt!

In der stummen Schönheit Prangen,
Kalt in Trümmern, wank und schwach
Was ihr zeugtet, ist vergangen,
Folget euren Kindern nach.

Dort der Bogen klein und enge, Schwach gestüzt und schwer verlegt, Wem von all' der Helden-Menge Ward so ärmlich Mal gesezt? Titus! so laß es fallen, Denn ob's auch zusammenbricht. So lang' Menschenherzen wallen, Brauchst Du, Titus, Steine nicht!

Hoch vor allen sei verkläret,
Konstantin, dein Siegesdom!
Mancher hat manch' Reich zerstöret,
Aber du das größte, Rom.
Ueber Romas Heldentrümmern
Hobst du deiner Kirche Thron;
In der Kirche magst du schimmern;
Die Geschichte spricht dir Hohn.

Mit dem Raub von Trajans Ehren
Hast du plump dein Werk behängt;
Trajan kann des Schmucks entbehren,
Er lebt ewig unverdrängt.
Aber eine Zeit wird kommen,
Da zerstäubt geraubte Zier,
Da erborgter Schein verglommen,
Was spricht, Heuchler, dann von dir?

Kolosseum, Riesenschatten Von der Vorwelt Machtkoloß, Liegst du da in Tod'sermatten Selber noch im Sterben groß!

Und damit verhöhnt, zerschlagen,
Du den Martertod erwarbst,
Mußtest du das Kreuz noch tragen,
An dem, herrliches, du starbst!

Nehmt es weg, dies heil'ge Zeichen,
Alle Welt gehört ja dir;
Ueb'rall, nur bei diesen Leichen,
Ueb'rall stehe, nur nicht hier!
Wenn ein Stamm sich losgerissen
Und den Vater mir erschlug,
Soll ich wohl das Werkzeug küssen,
Wenn's auch Gottes Zeichen trug?

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Kolosseum, die dich bauten, Die sich freuten um dich her, Sprachen in bekannten Lauten, Dich verstanden, sind nicht mehr! Deine Größe ist gefallen, Und die Großen sind's mit ihr, Eingestürzt sind deine Hallen, Eingebrochen deine Thür'!

O, so stürz' denn ganz zusammen, Und ihr andern stürzet nach, Decket, Erde, Fluten, Flammen, Jhre Größe, ihre Schmach! Hauch' ihn aus, den lezten Odem, Riesige Vergangenheit: Flach dahin, auf flachem Boden Geht die neue, flache Zeit!

Abschied von Wien. 1843.

Leb' wohl, du stolze Kaiserstadt! Zwar nicht auf immer, denk' ich, Zu andern Grenzen lebensmatt Die irren Schritte lenk' ich.

Schön bist du, doch gefährlich auch,
Dem Schüler wie dem Meister,
Entnervend weht dein Sommerhauch,
Du Capua der Geister.

Auf deinen Fluren geht sich's weich,
Und Berg' und Wälder breiten
Rings um dich her ein Zauberreich,
Durch das die Ströme gleiten.

Weithin Musik, wie wenn im Baum
Der Vögel Chor erwachte,

Man spricht nicht, denkt wohl etwa kaum Und fühlt das Halbgedachte.

Dazu dein Volk, ein wack'res Herz. Verstand und vom gesunden, Das sich mit Märchen und mit Scherz Der Wahrheit Bild umwunden.

Man lebt in halber Poesie,
Gefährlich für die ganze,
Und ist ein Dichter, ob man nie
An Vers gedacht und Stanze.

Doch weil, von soviel Schönheit voll,
Wir nur zu atmen brauchen,
Vergißt man, was zum Herzen quoll,
Auch wieder auszuhauchen.

Die Tafel bleibt, die Leinwand leer, Drum fort aus diesen Gründen, Ob von der Reiselust Beschwer Sich fest're Bilder ründen.

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