Auf Recht und Freiheit, Kraft und Treue Erhöh'n sie dir den Stuhl aufs neue, Drum Barbarossas Adler kreist, Daß du vom Fels zum Meere waltend Des Geistes Banner hoch entfaltend, Die Hüterin des Friedens heißt. Drum wirf hinweg den Witwenschleier; Drum schmücke dich zur Hochzeitsfeier, O Deutschland, mit dem grünsten Kranz! Flicht Myrten in die Lorbeerreiser! Dein Bräut'gam naht, dein Held und Kaiser Und führt dich heim im Siegesglanz. Die schöne Form macht kein Gedicht, Der schön Gedanke thut's auch nicht; Es kommt drauf an, daß Leib und Seele Zur guten Stunde sich vermähle. Christian Fürchtegott Gellert. *) (Geschichte der deutschen National-Litteratur § 44.) Der erste, der mit kluger Hand Der Männer Schmuck, den Hut, erfand, Trug seinen Hut unaufgeschlagen, Die Krempen hingen flach herab; Und dennoch wußt' er ihn zu tragen, Daß ihm der Hut ein Anseh'n gab. Er starb und ließ bei seinem Sterben Den runden Hut den nächsten Erben. Der Erbe weiß den runden Hut Nicht recht gemächlich anzugreifen; Er sinnt, und wagt es kurz und gut, Er wagt's, zwo Krempen aufzusteifen. D'rauf läßt er sich dem Volke seh'n; Das Volk bleibt vor Verwund'rung steh'n Und schreit: Nun läßt der Hut erst schön! Er starb, und ließ bei seinem Sterben Den aufgesteiften Hut dem Erben. Der Erbe nimmt den Hut und schmält. Ich, spricht er, sehe wohl, was fehlt. Er seht darauf mit weisem Mute Die dritte Krempe zu dem Hute. O! rief das Volk, der hat Verstand! Seht, was ein Sterblicher erfand! Er, er erhöht sein Vaterland! Er starb, und ließ bei seinem Sterben. Den dreifach spißen Hut dem Erben. *) Gellerts Fabeln und Erzählungen, mit Einleitung herausgegeben von Karl Biedermann. Leipzig 1871. **) Göinger I, 99. Der Hut war freilich nicht mehr rein; Beglückter Einfall! rief die Stadt, Der Erbe trägt ihn in sein Haus Er starb, und ließ bei seinem Sterben Den umgewandten Hut dem Erben. Das Gespenst. *) Der Geist erschrak und winkte mit der Daß kein Gedicht so elend ist, Hand, Der Diener sollte ja nicht gehen. Ein jeder, der dies Wunder liest, Zieh' sich daraus die gute Lehre, Das nicht zu etwas nüßlich wäre. So kann uns dies zum Troste dienen: Der Prozeß. *) 1746. Ja, ja, Prozesse müssen sein! Gesezt, sie wären nicht auf Erden, Wie könnt' alsdann das Mein und Dein Bestimmet und entschieden werden? Das Streiten lehrt uns die Natur; Drum, Bruder, recht' und streite nur! Du siehst, man will dich übertäuben; Doch gieb nicht nach, sez' alles auf Und laß dem Handel seinen Lauf; Denn Recht muß doch recht bleiben. Was sprecht Jhr, Nachbar, dieser Rain, „Nicht doch, Gevatter, nicht, Ihr irrt; „Gevatter, Jhr seid nicht gescheit! Ich sag' es noch einmal, Kunz holt Herr Glimpfen ein, Greift in den Zaum und grüßt Herr Glimpfen. „Herr," fängt er ganz erbittert an, „Mein Nachbar, der infame Mann, Der Schelm, ich will ihn zwar nicht schimpfenDer, denkt nur, spricht, der schmale Rain, Der zwischen unsern Feldern lieget, Der, spricht der Narr, der wäre sein. Allein den will ich seh'n, der mich darum betrüget! Herr," fuhr er fort,,,Herr, meine beste Kuh, Sechs Scheffel Haber noch dazu; (Hier wieherte das Pferd vor Freuden) O, dient mir wider ihn und helft die Sach' entscheiden"! ,,Kein Mensch, "verseßt Herr Glimpf,,,dient Der Nachbar hat nichts einzuwenden; Glimpf reitet fort. „Ich halte, was ich noch nach, Euch versprach.“ Wie hitig wird der Streit getrieben! Manch Ries Papier wird vollgeschrieben; Das halbe Dorf muß in das Amt: Man eilt, die Zeugen abzuhören, Und fünfundzwanzig müssen schwören; Und diese schwören insgesamt, Ei, Kunz, das Ding geht ziemlich schlecht! Manch widrig Urteil kömmt. Doch last Glimpf muntert den Klienten auf: Ich schwör' Euch endlich durchzudringen; Kunz borgt manch Kapital. Fünf Jahre währt der Streit. Allein warum so lange Zeit? Ein legtes Urteil kommt. O seht doch, Er hat zwar viel dabei gelitten; Und Haus und Hof schon angeschlagen Genug, daß er den Rain gewinnt. „O!" ruft er, „lernt von mir, den Streit aufs höchste treiben; Geld gleich bringen.“ | Ihr seht ja, Recht muß doch Recht bleiben!" „Herr, ich hör' es schon, ich will das Der Maler. Ein kluger Maler in Athen, Und bat sich seine Meinung aus. Der Kenner stritt mit ihm aus Gründen Gleich trat ein junger Geck herein 1746. Ach welcher Fuß! O wie geschickt Der Maler ward beschämt gerühret Wenn deine Schrift dem Kenner nicht gefällt, sein Sohn. *) 1748. „Ja, Vater," rief der unverschämte Knabe, Hart an dem Weg, wo man nach Frank- |