Einundzwanzigster Auftritt
Die Vorigen. Phone.
Ich seh', du hast ihn! also liefre mir ihn aus.
Ein Mädchen zu erklären, wäre Kunst. Merkur (zu den Zuschauern).
Der Oper Zauberfreuden stellt sie vor.
Die Oper, den Gesang! Phone.
Vorstellen läßt sich der Gesang nicht; aber leisten.
Nur frisch, zur allgemeinen Freude, immer zu!
(Sie singt eine große Arie, nach deren Schluß sie sich gegen den Grund
Zum Schluffe, merk' ich, neigt sich unser buntes Spiel.
(Zum ersten Knaben, der sich, indeffen daß Phone singt, im Hintergrunde aufgehalten hat und, wie sie nach dem Hintergrunde geht, sogleich wieder zu Merkur hervor eilt.)
Hier hast du meinen Stab, nun geh, mein Kind, Und führe mir die Seelen alle her.
Zweiundzwanzigster Auftritt
Merkur. Pathos.
Sie kommt in stillem Ernste, die uns heut' Das Tragische bedeutet; hört sie an! Was sie zu sagen hat, verkünde sie allein. (Er entfernt sich.) Pathos.
Sie sind getan, die ungeheuren Taten, Kein heißer Wunsch ruft sie zurück,
Kein Wählen gilt, es frommt kein Raten, Zerstoben ist auf ewig alles Glück. Von Königen ergießt auf ihre Staaten Sich weit und breit ein tödliches Geschick. Welch eine Horde muß ich vor mir sehen? Das Schreckliche geschieht und wird geschehen!
Der Nächste stößt den Nächsten tückisch nieder, Und tückisch wird zulezt auch er besiegt;
Denn, wie ein Schmied im Feuer Glied an Glieder Zur ehrnen, ungeheuren Kette fügt,
So schlingt in Greuel sich ein Greuel wieder, Durch Laster wird die Lastertat gerügt: In Todesnebel, Höllenqualm und Grausen Scheint die Verzweiflung nur allein zu hausen. Doch senkt sich spät ein heiliges Verschonen In der Beklemmung allzudichte Nacht, Am holden Blick in höhre Regionen Fühlt nun sich jedes edle Herz erwacht,
Dort drängt's euch hin, dort hoffet ihr zu wohnen, Auf einmal wird ein Himmel euch gebracht; Vom Reinen läßt das Schicksal sich versöhnen, Und alles löst sich auf im Guten und im Schönen.
Sie reihen sich in folgender Ordnung:
Marthe. Nymphe. Zweiter Knabe. Pathos. Erster Knabe. Phone. Märten.
Merkur (der vorwärts an die linke Seite tritt). Und wenn sie nun zusammen sich gesellen, Nach der Verwandtschaft endlich angereiht, So merkt sie wohl, damit in künft'gen Fällen Jhr sie erkennet, wenn von Zeit zu Zeit Sie einzeln sich euch vor die Augen stellen, Wenn jedes einzeln seine Gabe beut.
Zu unsrer Pflicht könnt ihr uns liebreich zwingen, Wenn ihr genehmigt, was wir bringen.
Vorspiel zu Eröffnung des Theaters in Halle
Wald. Tempel. Vorn zwei alte Baumstämme. Erster Auftritt
Das, was vor Jahren wir in Lauchstädt brachten, Das ist von euch noch manchem wohlbekannt, Und damals galt's, ein eng veraltet Haus Mit einem neuen freiern zu vertauschen.
Da ward es jedem wohl, wenn aus der Klemme Er in die breitre beßre Wohnung trat
Und mit Bequemlichkeit und heiterm Sinn Die Bilder schaute, wie sie gaukelten. Heut' aber sehen wir kein neues Haus: Es ist dasselbe, das durch eure Gunst Uns öfter schon zu eurer Lust empfing; Doch find' ich es verändert, weiß nicht wie?
Es kommt mir vor, als ob die sämtlichen Die Ellenbogen freier zu bewegen Im Falle wären, ohne gerad' einander Unfreundlich anzustoßzen. Alle scheinen mir Bequemlicher zu sizen, ob die Bänke gleich Nicht frisch gepolstert sind. Was ist denn das? Ich frage, wie ihr seht, und weiß genau Schon, was ich frage
Denn wir verstehn uns schon und wollen uns Wie sonst vergnüglich unterhalten; ist ja doch Gerechte Zeit für diesmal uns gegeben.
Nun, auf besagtes Damals noch einmal Zurück zu kommen, sind euch wohl die beiden Gestalten noch zumeist erinnerlich,
Die ihrer Zeit als komisch treues Pärchen Euch in so mancher Formenwandelung Durch ihrer Laune guten Fluß ergeßten. Sie sind der Welt bekannt, und ihre Namen Nennt schon der alten Dichter frommer Mund; Doch darf, ja muß ich sie wohl auch euch nennen, Wie ich sie damals euch schon vorgestellt: Philemon heißt der Mann und Baucis sie. So weit ist alles gut! Doch nun vernehmt, Was mit den guten Alten sich begeben.
Es hat der Götter Schluß und gnäd’ger Wille Das treuverdiente Paar im Fach der Alten, So zur Belohnung ihrer würd❜gen Taten Als auch der Welt zum Muster und Exempel, In zwei Standbildern rühmlichst aufgestellt Und, weil besonders sie als Oberförster Und Oberförsterin wohlgefällig sich gezeigt, Ganz in der Draperie von schönen Bäumen, Zur Zier des Tempels, dem sie würdig dienten. Da stehn sie nun in grünen Uniformen, Aufs munterste mit Efeu dekoriert, Und ruhn gemächlich so in ihren Fächern Noch als die treuen immergrünen Alten.
Heut' aber ist es Zeit, die rechte Zeit, Ins Leben sie, zum Leben zu erwecken, Damit sie Anteil auch zum zweiten Male An allem nehmen, was der Tag uns bringt, Und bei des Friedens allgemeiner Feier Die Alten jugendlich sich wieder freun. Sie geben sich vor so viel werten Gästen Wohl ganz wie sonst aufs heiterste zum besten.
Wir wollen sehn, ob ihr Humor erhalten Ich gehe jezt und wecke erst den Alten.
Doch wie? - was ist mir? wie befangen Auf einmal sind mir Hand und Herz! Es stockt in meinem Busen das Verlangen, Und mich verläßt gewohnter Scherz.
(Ernste Musik, mehr feierlich als traurig, kann nachstehendes melodramatisch begleiten.)
Denn Geisterstimmen, wie aus tiefen Klüften, Vernehm' ich nah und näher in den Lüften, Verhängnisvolle Wundertöne,
Die mir der Parzen nahe Zukunft deuten. — Ihr müßt auf eine andre Szene,
Auf Ernst und Feier euch bereiten:
70 Nicht günstig ist die Zeit den Scherzen; Der Himmel selbst scheint sich zu schwärzen.
Doch fürchtet nicht! Die Seelen sanft berühren Ist mir die viel willkommenere Pflicht, Als sie den Schatten zuzuführen;
Drum schaut getrost: es bleibe Licht!
Der Parzen jüngste seht ihr kommen, Die Aller Lebensfaden spinnt; Ernst ist sie zwar, in sich genommen, Doch allen Menschen hold gesinnt; Und wie ich mag aus ihren Blicken lesen, Ist heitrer diesmal ihr gefällig Wesen:
Gewiß, ein großes Werk ist ihr gelungen, Worin der Welt ein Heil und euch entsprungen.
(Klotho läßt sich auf dem Felsen sehen.)
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