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„Die ... Lenzische Übersetzung des Truculentus war die Grundlage für die Nachbildung: „Die Buhlschwester." Dabei verlegte Lenz die Komödie von Athen nach Königsberg. Die verschlagene Hetäre Phronesium ward in ein gewisses Julchen verkleidet, ihr Mädchen Astaphium heisst nun Rahel. Die drei im Netze zappelnden Buhler sind der Kaufmann Fischer-Diniarchus, der prahlerische und am meisten betrogene Stratophanes ist zum Hauptmann von Schlachtwitz gemacht und der tölpische Strabax zum Landjunker von Bauchendorf. Stratullax heisst nun Adam, Callicles Bürger Reibenstein, Geta Hausknecht Hans. Den Schluss hat Lenz mit wenig Strichen in der Buhlschwester wirksamer gemacht, indem das saubere Julchen, nachdem sie die beiden Junker peinlich ausgebeutelt hat, eilig Königsberg verlässt. Der Verdeutschung des Truculentus hat Lenz ein Nachwort, dem grossprahlerischen Offizier ein Vorwort vorangestellt, um den Zuhörern in der Salzmannschen Gesellschaft den alten Plautus im neuen Kleide zu empfehlen."

Ein Vergleich der ersten Szene des Lenzschen Truculentus mit seiner Buhlschwester zeigt, wie er bei seiner Umarbeitung verfuhr. Die Buhlschwester.2)

Der Trukulentus, 1)

ein Lustspiel d. Plautus verdeutscht.

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Eine ganze Lebenszeit reicht nicht zu, einen Liebhaber zu lehren, auf wie viele und mannichfaltige Weise man ihn zu Grunde richtet. Wie viel Schmeicheleyen werden angewandt wie viel Gezänke! gütige Götter! Ein Wink mit den Augen

Das ist die Lockspeise am Angel. Man trägt sich einige drey Nächte, unterdessen erkundigt sie sich heimlich nach unsern Umständen u. nach unserer Gemüthsart, ob wir hausshälterisch oder grossthuerisch seyn, das heisst denn den Angel auswerfen, denn in der That ist die Liebe der Frauenzimmer heut zu Tage dieselbe, die ein hungriger Fischer zu den allerliebsten Forellen und Karpen im Wasser fühlt.

Unterdessen beisst der Liebhaber an, und wenn er sich den Stachel recht gierig in Brust und Herz ge

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Methusalems Alter reichte nicht zu, einen Liebhaber klug zu machen. Mag er noch so oft anlaufen, noch so oft sich vornehmen, jetzt vernünftiger zu handeln es ist alles umsonst, ein Blick, ein Athem seiner Schönen wirft den ganzen babylonischen Thurm seiner guten Vorsätze über'n Haufen. Julchen hat mich um mein ganzes Vermögen gebracht, ich reise nach Danzig, ich gewinne im Spiel, ich stecke das Geld in meinen Handel, ich komme mit dem Vorsatz zurück, sie jetzt nicht eher wieder zu sehen, als bis ich wieder mich zu meinem vorigen Wohlstand emporgeschwungen habe - ja, und was kann ich dafür, dass mich jetzt eine unbekannte Macht bis unter ihr Fenster hinzieht, was kann ich dafür, dass ich jetzt die Hand ausstrecken

1) Bei Weinhold a. a. O., S. 77–106.
2) Ausg. von Tieck (1828), S. 123-165.

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Die Neubearbeitung ist eine ziemlich starke Zusammenziehung des plautinischen Textes. Die Handlung der Buhlschwester ist wie folgt:

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I. Akt. (1.) Fischer, ein junger Kaufmann, ist in Julchen verliebt. Er hatte ihr bereits sein ganzes Vermögen geopfert, als er das Verlorene im Spiele wieder gewann und sofort seiner Geliebten nachreiste. Er klingelt an Julchens Hause, (2.) ihr Mädchen Rahel öffnet ihm. Man hat Fischer längst tot geglaubt, jetzt will man wenig mehr von ihm wissen, weil man ihn für arm hält. Sobald jedoch Rahel gehört hat, dass er noch ein Schiff erwarte, wird sie teilnehmender und lässt ihn ein. (3.) Von Rahel hören wir einiges über Fischers früheres Leben. „Es ging ihm und uns, wie mit einem Rade, sowie er hinunter kam, so kamen wir empor." Rahel hat es auf den Landjunker von Bauchendorf abgesehen, nur sein Bedienter Adam ist ihr hinderlich. Dieser erweist sich in der nächsten (4.) Szene als einen bärbeissigen Diener, der wohl ahnt, dass man es auf seinen Herrn abgesehen habe, um ihm sein Geld abzulisten. (5.) Fischer hat Julchen noch nicht treffen können, alsbald aber (6.) eilt sie ihm mit offenen Armen entgegen. Er findet sie hübscher, als vor zwei Monaten bis auf die Taille, und Julchen erzählt ihm dann, sie habe einen jungen Sohn bekommen“. Rittmeister Schlachtwitz habe ihr einst oft versprochen, er werde sie zu seiner Erbin machen. Eines Abends zechten sie ihn an. „Ich blieb bei ihm sitzen, meine Mutter machte gegen den Morgen einen erschrecklichen Lärm, sie hätte. uns beide in einer Stellung betroffen, die sich nur für Eheleute schickte.“ Schlachtwitz nahm Reissaus und schrieb vor einigen Tagen von Marienburg, er wolle, da er gehört habe, sie sei schwanger, jährlich tausend Thaler zahlen. Das Gerücht sprengte Julchen aus; denn „meinen Sie, dass ich mich was darum bekümmere, ob mich die Leute für dies oder das halten." (!) Von einer Jungfer

Reibenstein erhielt sie dann ein Kind, und sowie Schlachtwitz kömmt, legt sie sich mit dem Kinde zu Bette. Sie beredet nun Fischer, für eine Kollation zu sorgen. Dieser sieht ihr (wie Diniarch) nach mit den Worten: Welche Naivität! Welche Aufrichtigkeit! Reizendes Mädchen!" Er ist in sie verliebter, als je. „O Julchen, wenn du meinen letzten Blutstropfen von mir fordertest, du verdientest ihn."

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II. Akt. (1.) Julchen, nachlässig, wie eine Wöchnerin, gekleidet, erwartet den Rittmeister, der nun (2.), wie Stratophanes, von seinen Thaten und zwar, wie dieser, in der Figur der,,praeteritio" spricht. Wenn ich geneigt zum Prahlen wäre, so könnte ich euch drei Tage lang erzählen aber ich lasse lieber meine Hände triumphieren, als meine Zunge. Mögen andre sich zu Helden lügen, denk' ich, oder solch einen Bänkelsänger von Homer1) mieten, der ihnen Siege an den Hals wirft, die sie nicht erfahren haben, ich verlasse mich auf die Augenzeugen meiner Thaten. “2) Er erfährt von dem Jungen, der ihm aus dem Gesichte geschnitten sei. „Kaum war er zur Welt geboren, so griff er dem Accoucheur nach dem Degen." Alles Übrige hält sich genau an Plautus. An Stelle der zwei Sklavinnen, die Stratophanes überbringt, hat Schlachtwitz einen echten Bologneser" als Schosshündchen, den Julchen mit Phronesiums Worten begrüsst: Paenitetne te, quot mi ancillae sient,

Quin etiam insuper tu adducas, quae mi comedint cibum?

(V. 529): „O weh, noch mehr Brotfresser ins Haus!“

(3.) Hans, Fischers Hausknecht, und ein kleiner Junge bringen die bestellte Kollation. Julchen bedankt sich für die Sendung, wobei Herr von Schlachtwitz, unbemerkt an einem ihrer Fenster stehend, von der Strasse her alles unten sieht und in argen Zorn gerät.

III. Akt. Der dritte Akt umfasst nur drei und eine halbe Seite. (1.) Von Bauchendorf hat für Mastochsen die Tarentiner Schafe des Plautus fünfzig Dukaten eingenommen, die er nun Julchen opfern will. Hocherfreut führt ihn Rahel ins Haus. (2.) Adam erwartet seinen jungen Herrn und erklärt Rahel, er sei nimmer der alte Grobian; er bittet eintreten zu dürfen und drängt sich, wie Stratullax (V. 662), ein.

IV. Akt. (1.) Fischers Wunsch ist erreicht, da der Offizier im Zorne schied. (2.) Rahel berichtet Fischer, dass drinnen Bauchendorf zeche, was diesen arg aufregt. Während er sein

1) Nach V. 480, den Lenz las:

Scio ego multos memorauisse milites mendacium
Et homeronidam et post illam illi memorari potest.
Geppert jedoch liest:

Et homicidarum post illa cumulus memorari potest.
2) V. 485. Pluris est oculatus testis unus, quam auriti decem.

Los beklagt, führt Reibenstein zwei Mädchen gebunden ein, Lene und Anne. (3.) Unter Prügeln entwindet er ihnen das Geständnis, dass Julchen das Kind seiner Tochter habe. Er schickt Lene um dasselbe, ,, wenn sie einen Sohn haben wollte, so könnte sie sich schon einen machen lassen." Reibenstein dringt in Anne, wer der Vater von Lieschens Kind sei, da tritt Fischer, Lieschens Verlobter, vor und gesteht, dass er es sei. Reibenstein will ihm dafür als Strafe von der Mitgift fünfhundert Thaler, die sechs Talente des Callicles, abziehen. In Fischers Brust regt sich wahre Liebe für Lieschen, obwohl er einen „elektrischen Schlag" ins Herz bekam, als er Julchen wieder sah. (4.) Fischer verlangt von Julchen das Kind. Sie bittet um dasselbe nur auf einige Monate; er will es ihr aber nur auf zwei Stunden überlassen. Noch immer hofft Julchen, ihn zu überlisten.

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V. Akt. Diesen Akt hat zum grössten Teil Lenz erfunden. Julchen bangt um ihrer Streiche halber. Sie will das Kind zurückgeben. Die Historie von dem untergeschobenen Kinde könnte über kurz oder lang dem Rittmeister zu Ohren kommen und sie gezwungen werden, alles wieder herauszugeben." Auch Bauchendorf soll mit guter Manier“ aus dem Hause transportiert werden, damit es nicht heisst, er habe sein Geld bei uns verloren." Sie will darum nach Döbschütz zu dem Rittmeister schicken, und dieser und Bauchendorf sollen an einander geraten. Adam soll dann zu Hilfe gerufen werden. Nun ist aber nach Rahels Bericht Adam betrunken eingeschlafen. Von hier geht es wieder auf Plautus zurück. (2.) Herr von Schlachtwitz, mit einem grossen Geldbeutel, tritt auf; „er hat das Jahresgehalt verdoppelt." Julchen nimmt kalt alle Gelder in Empfang. (3.) Da kömmt taumelnd Bauchendorf und sucht sein herzallerliebstes Julchen... es ist Zeit zu Bette zu gehen“. Darüber entbrennt Schlachtwitzens Zorn. Die beiden Nebenbuhler wollen erst fechten, dann Julchens Gunst sich um Geld erkaufen. Hierbei vermag der Junker nicht nachzukommen. Julchen thut darum, als schlüge sie sich auf die Seite des Rittmeisters. Ehe dies geschieht, will ihr Bauchendorf den ganzen Gürtel mit Geld geben; allein er ist ihm bereits abgeschnallt worden. Julchen sagt nun Bauchendorf, der Rittmeister habe ihm denselben entwendet, und giebt ihm den Schlüssel zu Schlachtwitzens Zimmer. Dort liege ein Beutel mit dreihundert Dukaten, den er als Entschädigung nehmen solle. Kaum aber hat sich Bauchendorf entfernt, um sich das Geld anzueignen, als ihm Julchen den Rittmeister nachschickt. Unterdessen macht sich Julchen mit Rahel mittelst der Post nach Tilsit fort. „Wie werden die gerupften Gänse hinter uns her gacksen!" Das Motiv des Truculentus mit dem untergeschobenen Kinde des Capitano findet sich auch in Cecchis,,Incantesimi“ (S. 396) und öfter.

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Register

zum ersten Bande (Plautus).

(Die Zahlen bedeuten die Seite.)

Abel, Eugen, 83. 85.
Abril, S. P., übers. Terenz 60.
Accolti, B. V., Virginia 107.
Acquettino 132.
Adam, J. A., 106.

Addisson 80. The drummer 483
-487.

Adelphi des Terenz 24. 28. 56. 58.
62. 66. 67. 68. 69. 668. 677; von
Chompré 72; von Laya benützt
73; englisch 75. 80; von Romanus
42. 44; aufgeführt in Ferrara 52;
in Löwen 36; in München 44; in
Nürnberg 40.

Adolf Friedrich von Mecklen-
burg 213.

Adolphis Winkelschreiber 101.
Aelius Stilo 14. 18.

Agricola, J., 89. 91. 95.

Aischylos 9.

Albert, P., 4. 10.

Alfonso I. von Ferrara 51. 162.
607.

Allacci, Drammaturgia 109. 162.
164. 173. 240. 274. 444. 515. 527.
540. 541. 631. 718.
Alt, H., 52. 103. 375.

Altertum, seine Bedeutung und
sein Einfluss 3 ff. 454. 455.
Alticozzi 409. 756.
Amboise, Franç. d', 103.
Ambra, Franc., il furto 517.
Amenta, N., 544.

Amis et Amiles 191.

Ampère 265.
Amphitruo 16. 18. 19. 20. 50. 51.
56. 57. 59. 60. 62. 63. 67. 68. 72.
73. 75. 78. 79. 80. 82. 83. 101. 132.
191. 193. 332. 494. 496. 508. 564.
572. 574. 575. 594. 613. 700; Cha-
rakteristik und Nachahmungen
115-129; ob im 4. und 5. Jahr-
hundert gespielt 19. 20.
Andreini 544. 656-661.
Andria des Terenz 24. 28. 41. 43.
51. 58. 61. 65. 66. 69. 72. 74. 75.
76. 83. 84. 85. 89. 94. 97. 108. 109.
111. 146. 491. 517. 534. 538. 574.
668. 698.

Andrieux, le trésor 762.
Andronikus 18.

Anfossi 324.

Angellieri Alticozzi 409. 756.
Angely 323.

Antigone 8: in Kassel gespielt 40.
Antimaco, Giul., 531.

Anzeiger für deutsches Altertum
208.

Apollinaris, Sidonius, 15.
Apostolo, Zeno, 51. 161. 162. 163.
240. 510.
Apuleius 8. 92.
Arber, Edw., 670.
Archippos 116.

Aretino, Pietro, 56; la Corti-
giana 282; lo Hipocrito 539. 540;
il Marescalco 390. 639; la Talanta
632. 656.

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