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bedeutender Dichter hervor, die in einer sehr gebildeten allgemein-italiänischen Sprache dichteten, was dem Umstande zuzuschreiben ist, dasz hier die berühmteste und erste Universität Italiens war, an der zu Zeiten (Pertic. p. 268, Balbo p. 62) 10,000 Schüler aus allen Gegenden Italiens und selbst aus dem Auslande zusammenkamen, und unter den gelehrtesten und berühmtesten Lehrern ihren Studien oblagen, wodurch alle genöthigt waren, sich einer allgemeineren Sprache als des Localdialects von Bologna zu bedienen, welcher nach Dante nicht illustre war. Vor allen ist hier Guido Guinicelli anzuführen, der grösste unter den Dichtern vor Dante, der sich durch Bilderschmuck und Gedankenfülle auszeichnet, und als Vater (oder besser als einer der Väter) der italiänischen Litteratur betrachtet wird; Dante begrüszt ihn im Purgatorio als seinen Meister, und im Libro del volgare eloquio nennt er ihn massimo; wir wollen seine Blüthe um 1230 ansetzen, obgleich Nannucci angiebt, dasz er 1276 di fresca età gestorben sei, und Crescimbeni ihn nei primissimi tempi (circa il 1200) blühen läszt, zwei Angaben, die sich vollständig widersprechen; ferner Ranieri dei Sammaritani da Bologna (um 1230), Guido Ghisolieri e Fabrizio da Bologna, die beide von Dante lobend erwähnt werden (Pert. 277), aber von deren Gedichten uns nichts mehr erhalten ist, Semprebene (um 1230), von dem Sarti glaubt, dasz er um 1226 lebte, dessen Blüthe von Valeriani und Nannucci aber um 1250, wahrscheinlich etwas zu spät, angenommen wird. Ferner sind zu nennen Messer Polo aus Reggio di Lombardia (vielmehr di Modena, um 1230), Gualpertino di M. Monflorito da Coderta (um 1230), Guerzo di Montesanti (um 1230), und Farinata degli Uberti (1230). Um das Jahr 1250 blühten: in Toscana: Monte Andrea da Firenze, Chiaro Davanzati da Fiorenza, Amorozzo da Firenze, Terino da Castel Fiorentino, Maestro Migliore da Fiorenza, Maestro Rinuccino da Firenze, Pacino Angiolieri da Firenze, Lapo Gianni od. Giovanni Lapo notaio di Firenze, Pannuccio dal Bagno Pisano, Lotto di Ser Dato Pisano, Bacciarone di Messer Baccone da Pisa, Natuccio Anquino Pisano, Geri Giannini Pisano, Gallo Pisano, detto anche Galletto da Pisa, Pucciandone Martelli da Pisa, Nocco di Cenni di Frediano da Pisa, Geronimo Terramagnino Pisano,

Betto Mettefuoco Pisano, Ugo di Massa da Siena, Si: Gui: da Pistoia, Meo Abbracciavacca od. Braccio Vacca da Pistoia, Cavaliere Jacopo o Giacomo Pugliesi da Prato, Giudice Ubertino d'Arezzo, Giovanni dall' Orto d'Arezzo e Giudice, Fra Guittone d'Arezzo (einer der gepriesensten älteren ital. Dichter. Man nimmt an, dasz er das Sonett in formaler Hinsicht ausbildete, dasz er der erste war, der ihm die regelmäszige Gestalt gab, die es jetzt hat. Dies ist aber nicht der Fall. Die Sonette des Piero delle Vigne und des Lodovico della Vernaccia, die ersten nachweisbaren, haben durchaus schon dieselbe Form wie die des Fra Guittone und der späteren), Dello da Signa, Bonaggiunta Urbiciani da Lucca, von Dante im Purgatorio und Volg. Eloq. erwähnt, und von Bembo, Redi und Landino sehr gepriesen; ferner Gonnella degl' Interminelli da Lucca, Bonodico Notaio da Lucca, Bartolomeo Notaio da Lucca, Dotto Reali da Lucca; im Kirchenstaat vor allen Onesto Bolognese, dottore in legge, welcher von Petrarca rühmend erwähnt wird, und dem Dante im Volg. Eloquio 1, 15 den Titel eines dottore illustre e di piena intelligenza nelle cose volgari giebt; ferner Anselmo da Ferrara, Conte Guido Novello da Polenta zu Ravenna, Ugolino Ubaldini da Faenza (Pertic. 263, Ebert Handbuch 33), Masarello da Todi in Umbrien; im Königreich Neapel: Rinaldo d'Aquino, Jacopo d'Aquino, Messer lo Abate da Napoli, Gugliel motto d'Otranto: in Norditalien: Albertino Cirologo da Treviso, Bandino Padovano (Pert. 309), Saladino da Pavia; auszerdem viele, deren Vaterort unbekannt ist: Ruggieri d'Amici, Bartolomeo di Sant' Angelo, Leonardo del Gualacca, Mino di Federico, Ubaldo di Marco, Arrigo Baldonasco, Simbuono Giudice, Giovanni Marotolo, Dello Bianco di Bucarello, Dozzo, ossia Deozzo o Andreozzo Nori, Conte di Santa Fiore, Bondie Dietaiuti, Ciacco dell' Anguillara (der letztere nur wahrscheinlich um 1250). Die Blüthe der folgenden altitaliänischen Dichter fällt um das Jahr 1260 und später: Pucciarello di Fiorenza (1260), Ser Baldo Fiorentino (1270), Gianni Alfani Fiorentino (1270; cf. Nannucci 1, 303), Ser Brunetto Latini Fiorentino (geb. um oder vor 1220, gest. 1294, der Staatsmann und Lehrer Dante's, von dem die der provenzalischen Litteratur und Sprache Urkundigen behaupten, dasz er die älteste Encyclopädie

geschrieben habe, während doch diese Ehre dem Meister Peire von Corbiac zukommt, der einen Thesaur oder Schatz der damaligen Gelehrsamkeit in 840 Alexandrinern schrieb. Brunetto nannte seine Encyclopädie, die er zu Paris in französischer Sprache und in Prosa schrieb, ebenfalls Schatz, Tresor. Dieser Tresor wurde frühzeitig von Bono Giamboni ins Italiänische übersetzt. Später, aber auch noch in Paris (nach Nannucci 1, 429; nach Balbo

61 war es in Florenz) verfaszte Brunetto einen Tesoretto in italiänischen siebensylbigen paarweise gereimten Versen. Dagegen fällt das Breviari d'amor von Matfre Ermenguau von Beziers, dieses umfangreiche encyclopädische Werk von ungefähr 27000 achtsylbigen Versen, in eine spätere Zeit, da Matfre dieses, wie er uns selbst im Anfange desselben berichtet, im J. 1288, nicht 1258, wie einige angegeben haben, begann), Rustico di Filippo Fiorentino (Zeitgenosse Brunetto Latini's), Lapo, cioè Jacopo, detto anche Lupo degli Uberti, Fiorentino (1270), Bindo d'Alesso Donati da Fiorenza (1270), Guido Cavalcanti Fiorentino (um 1280, geb. vor 1250, gest. 1300, Dante's Freund, und von ihm als Dichter und in Beziehung auf Sprache und Styl selbst dem Guido Guinicelli vorgezogen, zugleich scholastischer Philosoph und subtiler Dialectiker, wie unter andern aus seiner vielfach commentirten tiefsinnigen Canzone über das Wesen der Liebe hervorgeht; nach Benvenuto da Imola ist derselbe il secondo occhio della toscana letteratura), Jacopo Cavalcanti (des vorhergehenden Bruder, gest. 1287), Guido Orlandi Fiorentino (Zeitgenosse von Guido Cavalcanti), Montuccio Fiorentino (1290), Graziolo da Fiorenza (1290), Riccuccio da Fiorenza (1290), Ricco da Fiorenza (1290), Federigo dall' Ambra Fiorentino (1290), Ser Pace Notajo da Fiorenza (1290), Francesco Ismera Fiorentino (1290), Dante da Majano (1290; Majano ist ein Ort unweit Florenz), Monna Nina oder Nina di Dante da Majano (1290), Dino Compagni da Firenze (1290—1300, geb. etwa um 1250, gest. 1323), Dino Frescobaldi Fiorentino (1290

1300), Jacopo Mostacci o Mostazzo da Pisa (1260), Folgore da San Gemignano in Toscana (1260), Lemmo Orlandi, ossia Guglielmo di Giovanni d'Orlandi, da Pistoia (1260), Meo di Bugno da Pistoia (1260), Cene dalla Chitarra d'Arezzo (1260), Mino del Pavesaio d'Arezzo (1290), Fredi da Lucca (1260), Nuccio Pia

centi Sanese (1280), Mico da Siena (1280), Giraldo da Castello in Toscana (1280), Messer Caccia da Castello (1290), Paganino da Sarzana im Herzogthum Genua (1260), Albertuccio della Viola (1260; Geburtsort unbekannt), Ottaviano ossia Attaviano degli Ubaldini, Cardinale (1260), Ser Monaldo da Soffena (1260), Ser Manno (1270), Gervasio Ricobaldo da Ferrara (1275), Tommaso Buzzuola da Faenza, Giudice (1280), Ugolino Buzzuola da Faenza (1280), Bernardo da Bologna (1280), Graziolo Bambagiuoli da Bologna, der sich ernste sittliche Gegenstände zum Thema wählte, und ein schönes moralisches Gedicht unter dem Titel Trattato delle virtù schrieb (Proben bei Perticari 282), Loffo o Noffo Bonaguidi (1280), Lippo Paschi dei Bardi (1280), Frate Angelo da Camerino (1290), Papa Bonifazio VIII. (geb. in Anangni im Kirchenstaat in der Delegation von Frosinone, gest. 1303), Fra Jacopone da Todi (gest. ungefähr 1306, Verfasser von geistlichen Gedichten voll hohen Schwunges, worin er selbst den Papst nicht verschonte, weshalb er von Bonifaz VIII. excommunicirt und zum ewigen Gefängnisz verurtheilt wurde, aus welchem er erst 3 Jahre vor seinem Tode durch den Tod des Papstes wieder herauskam), Ser Bello und Rustico Barbuto (1290), Lapo Saltarello, Ricco da Varlungo, Cione Baglione, Salvino Doni und Verzellino (alle um 1300), Francesco da Barberino (geb. 1264 zu Barberino, einem Marktflecken in dem Gebiete von Florenz, lebte als Rechtsgelehrter zu Florenz und starb 1348, Verfasser der Documenti d'Amore und del Reggimento e dei Costumi delle Donne, Dichtungen, die mehr der volksmäszigen als der Kunstdichtung angehören, in deren ersterer er Regeln für ein kluges, wohlgefälliges und tugendhaftes Verhalten im Leben, und in der letzteren sehr ins Einzelne gehende Lehren für Frauen jedes Alters und Standes giebt), Cino da Pistoja, geb. 1270, gest. 1341 (nach Tiraboschi's Vermuthung, nach anderen starb er schon 1336), von Dante sehr hoch geschätzt, mit dem er Sonette wechselte (vd. Dante's Vita Nuova e Rime, ed. Keil, p. 223, 225, 232), noch höher von Petrarca, der ihn oft zum Vorbild nahm.

Auf diese altitaliänische Poesie hatte die Poesie der Troubadours in Folge ihrer Priorität, Überlegenheit, Berühmtheit und Verwandtschaft der Sprache bedeutenden Einflusz; indesz ist es nicht unwahr

scheinlich, dasz auch die deutschen Minnesänger, namentlich auf die sicilische Poesie, nicht ohne mannichfache Anregung und Einwirkung geblieben sind. Nur darf man nicht mit Wackernagel den Einflusz der letzteren zu sehr vergröszern, und den der ersteren zu sehr beschränken oder ganz läugnen wollen. Denn es läszt sich nachweisen, dasz die Einwirkung der provenzalischen Poesie bei weitem stärker war, als die der deutschen Minnesänger, die sich auf nicht viel mehr erstreckt haben wird als auf die Form, auf die Technik. An dem glänzenden Hofe Friedrichs II. befanden sich gewisz selbst provenzalische Troubadours; wir wissen es von Folquet von Romans, der Friedrich in seinen Liedern pries, obgleich er sich in einem derselben über die Kargheit dieses Fürsten beschwerte (Diez Leben und Werke der Troub. 561), welches letztere eben ein sicherer Beweis ist, dasz er sich an seinem Hofe befand. Namentlich je weiter zurück in der Zeit, desto gröszer ist die Abhängigkeit von den Provenzalen, nach dem Jahre 1300 beginnt ihr Einflusz abzunehmen. Aber erst nach Petrarca's Tode, des letzten groszen Kenners, Bewunderers und Nachahmers der Troubadours, erlischt das Studium und die Kunde von denselben so gut wie ganz. Selbst die ältesten Commentatoren Dante's und Petrarca's befinden sich schon in einer so vollständigen Unwissenheit des Provenzalischen, dasz sie gar nicht wissen, was sie mit den in dieser Sprache geschriebenen Versen und Stellen in diesen Dichtern anfangen sollen, und dieselben daher gräulich verunstalten und miszverstehen. Ein ganzes Sonett von Messer Polo ist nach einer Canzone von Perdigon bearbeitet (Diez Poesie 277, Nannucci 1, 523), Gleichnisse der Troubadours entlehnten mehrere, unter anderen Amorozzo (z. B. das Gleichnisz Aimeric's von Peguilain von den Assassinen und das von dem überladenen Baume desselben Dichters), Jacopo von Lentino (mehrere Gleichnisse Folquet's von Marseille), Dante von Majano (Nannucci 1, 317), Giovanni dall' Orto, Tommaso Buzzuola, und sogar Dante Alighieri selbst, Inf. 31, 5 (das Gleichnisz Bernart's von Ventadorn von Peleus' Lanze, Werke der Troub. I, 17. Diez Poesie 133, Nannucci 1, 227. 358); Folgore von San Gemignano rühmt den Gesang und Tanz der Provenzalen (Diez Poesie 280, Nannucci 1, 343), also war

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