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senheit Yorks in dieser Scene, so ist kein Bedenken zu hegen, die oben besprochenen Worte: My loving lord ebenfalls auf ihn zu beziehen, und es müssten denn Veränderungen erfahren:

1) Die Bühnenweisung No. 4, wo nach Gaunt noch York und Aumerle einzuschieben ist.

2) Die Bühnenweisung to the Marshal bei den Worten My loving lord, muss nunmehr lauten: To the duke of York.

3) Die Stelle nach den Worten Gaunts:

But you gave leave to my unwilling tongue
Against my will, to do myself this wrong

muss nun gelesen werden:

York:

Cousin, farewell;

and (to the Duke of York) uncle, bid him so;

Six years we banish him, and he shall go.
Cousin, farewell; what presence must not know,
From where you do remain, let paper show.

[Flourish. Exeunt King Richard, York, Bushy and Train.]

Es bleiben demnach auf der Bühne bei Bolingbroke: 1) Gaunt. 2) Marshal. 3) Aumerle. 4) Bagot. 5) Green; die sämmtlich den Dialog zwischen Gaunt und Bolingbroke anhören und die Letztern dann begleiten. Durch diese Aenderung fällt jener unedle und geradezu widerliche Zug aus dem Charakter Aumerle's fort, der von feindseliger Gesinnung gegen seinen Vetter erfüllt, diesen doch in der treuherzigsten Weise anredet Dass jetzt erst Einheit in diesen Charakter komme, werden mir wenigstens diejenigen zugestehen, die die Stelle mit Aufmerksamkeit gelesen und an dem hässlichen Widerspruche Anstoss genommen baben.

Durch diese Aenderung wird aber eine andere Stelle noch wesentlich afficirt und zugleich verständlicher gemacht. Sie befindet sich in der vierten Scene des ersten Actes, wo der König zu Aumerle spricht: He is our cousin, cousin; but 't is doubt, When time shall call him home from banishment, Whether our kinsman come to see his friends, Ourself and Bushy. Hier setzen nämlich die meisten Herausgeber, mit ihnen Delius, ein Komma, indem sie Ourself and Bushy, Bagot here and Green als Subjecte zum Verbum Observ'd ziehen. Dem widerspricht 1) die Lesart der Folio von 1623, die Ourself and Bushy als Erklärung zu friends heraufnimmt; 2) dass Bushy, der geheime Rathgeber und Secretair des Königs, Bolingbroke's Verbannung am eifrigsten betrieben hat; der ironische Ausdruck our friends also auf beide gleich gut passt; 3) der Umstand, dass Bolingbroke vom Kampfplatze zu Coventry sofort in's Exil geht, während der König schon längst vorher aufgebrochen ist, also von den Huldigungen Nichts gesehen haben kann, die das Volk seinem Lieblinge Hereford unterwegs bewies.

Dazu kommen noch folgende wichtige Momente. Bolingbroke's Begleiter sind ausser seinem Vater noch der Marshal, Aumerle und Andere, die nicht namentlich aufgeführt sind. Bagot und Green haben sich diesen offenbar angeschlossen, um auf eigene Faust die Spione zu spielen. Beim Beginn der vierten Scene sind diese beiden eben zurückgekehrt; während Aumerle, der ja den Herzog von Hereford nur bis zur nächsten Landstrasse begleitet hat, schon vor dem Eintritt Richard's mit den beiden Andern auf der Bühne ist. Bagot und Green nun haben dem Könige eben Bericht abgestattet und dieser bestätigt ihre Aussage auf Grund eigener früherer Beobachtungen mit den Worten: We did observe. Da Aumerle von den Strassenaufläufen Nichts gesehen haben konnte, sieht sich der König veranlasst, ihm zu erzählen, was er eben aus dem Munde der beiden Zuträger erfahren hat und konnte also nur fortfahren: Bushy here and Green observed his courtship etc.

Bei dieser Gelegenheit mag noch zweier anderer bisher unverständlicher

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oder ungenügend erklärter Stellen Erwähnuug geschehen. Die eine davon findet sich in der ersten Scene des zweiten Actes unmittelbar nach dem stichomythischen Dialoge zwischen Richard und Gaunt. Der König hat eben geäussert: I am in health, I breathe and see thee ill; worauf Gaunt nach der gewöhnlichen Lesart antwortet: Now, He that made me knows, I see thee ill, Ill in myself to see and in thee seeing ill. Delius erklärt dazu: Das to see fand Steevens wohl dem Verse zu lieb überflüssig, so unentbehrlich es auch ist, ich bin krank in mir selbst anzusehen, und darin krank, dass ich Dich krank sehe." Delius muss die Stelle nur flüchtig gelesen haben, sonst hätte er nicht übersehen, dass das „ill“" in dem ersten Verse der Rede Gaunts auf Richard geht, und nicht auf Gaunt: Mein Schöpfer weiss, ich seh Dich krank, krank u. s. w. Der Vers ist in dieser Fassung überhaupt nicht zu verstehen, auch mit der Steevens'schen Aendederung nicht. Offenbar ist es des Dichters Absicht, sich antithetisch auszudrücken; dieser Zweck wird aber nur erreicht, wenn das sinnstörende "and" in "not" verwandelt wird, so dass der Sinn französisch ausgedrückt ware: Je vois que tu te portes mal, de voir du mal en moi, ne voyant point de mal en toi-même. Hinter der mehrfachen Bedeutung des ill (Subst., Adj., Adv.) hat der Dichter den Sinn der drei Verse änigmatisch versteckt, und liefert in den fünf folgenden Versen den Schlüssel zur Lösung. Der Gebrauch von ill mit folgendem Infinitiv ist ähnlich dem des „mad“ in 1. Henry IV. v. 384. For he made me mad to see him shine so brisk etc. Aehnlich auch 2. Henry IV. II, 2. Thou art a blessed fellow to think as every man thinks.

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Die andere Stelle findet sich in der zweiten Scene des dritten Actes. And nothing can we call our own but death, And that small model of the barren earth, which serves as paste and cover to our bones. Dass man Shakspeare in dieser Verbindung mit dem Ausdrucke „barren earth" geradezu Unsinn sprechen lässt, ist keinem Erklärer bisher aufgefallen. Das Adjectiv ,,barren, das homerische,,aTouyetos" kann unmöglich als allgemein giltiges Epitheton auf die Erde zu beziehen sein, als deren Gegensatz man wohl das Meer barren" nennen darf. Shakspeare nennt an anderen Stellen unwirthliche Gebirge „barren mountains;" so 1. Henry IV. I, 3. Die Erde ist vielmehr nur barren" in ihrem Innern, und sonst in keiner Beziehung; und da small model doch offenbar ein Grab bezeichnet, das Grab aber ein Modell des menschlichen Körpers, nicht aber der Erde ist (wie z. B. Delius will), so ergiebt sich die Aenderung des „of" in "in" von selbst, wodurch sofort der Sinn deutlich wird: Und jenes kleine Abbild im unfruchtbaren Innern der Erde, welche (scil. die Erde) als Umhüllung und Decke für unsere Gebeine dient; so dass also die Stelle zu lauten hätte:

And that small model in the barren earth,
Which serves etc.

Halle.

B. Tschischwitz.

Bibliographischer Anzeiger.

Allgemeines.

H. Wendt, Das Latein auf der Realschule. Zwei Gutachten. (Rostock, Stiller.)

Grammatik.

9 Sgr.

K. A. J. Hoffmann, Neuhochdeutsche Elementargrammatik. Mit Rücksicht auf die Grundsätze der historischen Grammatik bearbeitet. 6. Aufl. (Clausthal, Grosse.)

E. Martin, Grammatik und Glossar zu der Nibelunge Nôt. (Berlin, Weidmann.)

Lexicographie.

6 Sgr.

F. Köhler, Vollständigstes englisch-deutsches und deutsch-englisches Hand

worterbuch. 2 Thle. 3. Aufl. (Leipzig, Reclam.)

Literatur.

2 Thlr.

10 Sgr.

Gaugengigl, Ergänzung der Bruchstücke des Ulfilas nach der Sinaitischen
Handschrift des Dr. Tischendorf. (Passau, Pleuger.)
Gaugengigl, Die Fragmente des Ulfilas nach der silbernen Handschrift
in Upsala. (Passau, Pleuger.)

16 Sgr.

Charlotte v. Schiller und ihre Freunde. Herausgegeben von Ludw. Urlichs. 3 Bde. (Stuttgart, Cotta.)

22 Thlr.

4 Sgr.

F. Scholl, Reden zur Erinnerung an zwei Heroen im deutschen Liede,
Franz Schubert und L. Uhland. (Stuttgart, Nitzschke.)
Biographische Skizzen deutscher Dichter.

des Volksschriften-Vereins.)

2 Bde. (Zwickau, Buchhandl.

9 Sgr.

Kaeschke, Anthologie deutscher Lyriker seit 1850. (Leipzig, Lorck.)

1 Thlr.

1 Thlr. 12 Sgr.

LA. Staufe, Romanische Poeten. In ihren originalen Formen und metrisch übersetzt. (Wien, Pichler.) A. Cohn, Shakspeare in Germany in the 16 & 17 centuries: an account of english actors in Germany and the Netherlands and of the plays performed by them during the same period. (Berlin, Asher.) 82% Thlr.

Hilfsbücher.

J. Rauch, Deutsches Lesebuch für die drei unteren Classen der Gymnasien und höheren Bürgerschulen. 3. Aufl. (Heidelberg, Mohr.) 18 Sgr. Mozin, Neues französisches A. B. C. 10. Aufl. (Stuttgart, Cotta.) 15 Sgr. F. Burguy, Stücke zum Uebersetzen aus dem Deutschen in's Französische. 2. Aufl. (Berlin, Schneider.)

Dialogues et poésies à l'usage de l'enfance. 3. éd. (Cassel,

16 Sgr. Bertram.)

71/2 Sgr.

Sitzungen der Berliner Gesellschaft

für das

Studium der neueren Sprachen.

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103. Sitzung vom 22. November 1864. Herr Büchmann zeigte an: 1) Deutsche Inschriften an Haus und Geräth. Berlin, W. Hertz 1865 (wird im Archiv besprochen). 2) Geflügelte Worte von G. Büchmann, zweite Auflage. Dieselbe ist gegen die erste um 125 Citate bereichert. Der Ursprung einiger viel gebrauchter, wie: solamen miseris etc., tempora mutantur etc., Schlaf des Gerechten, Bramarbas u. A., hat sich noch nicht feststellen lassen. Herr Mahn liest über die Etymologien von brave und borgne. Das erstere Wort tritt erst nach dem dreissigjährigen Kriege im Deutschen auf. Von den vielen versuchten Etymologien ist nur die vom kimmer. braw(terror, dread, fright) haltbar, obgleich das Wort dort nicht in adjectivischer Form vorkommt. Das zweite Wort betreffend, findet sich in einem Wörterbuche, dass im Bretagnischen baragamann, Brot und Butter, zur Bezeichnung eines falschen Blickes gedient habe, da der Schielende beide Gegenstände mit beiden Augen zu gleicher Zeit anzusehen scheine. Wegen des Ausfalls der vielen Laute wird beispielsweise auf même von metipsissimus verwiesen. Herr Leo berichtete über die Thätigkeit der Weimarischen Shakspeare-Gesellschaft. Der erste Band des Jahrbuches werde zur nächsten Ostermesse erscheinen; für die Bibliothek seien vorläufig 400 Thaler ausgesetzt; die Grossherzogliche Bibliothek stelle der Gesellschaft ihre einschlagenden Schätze zur Verfügung. Betreffs einer Uebersetzung habe man sich entschieden, nur auf der Grundlage der Schlegel-Tiekschen fortzubauen: Georg Reimer werde neben der üblichen Volksausgabe eine andere mit Verbesserungen und Anmerkungen der ShakspeareGesellschaft veranstalten; für eine Uebersetzung und Bearbeitung des Archiv f. n. Sprachen. XXXVII.

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