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Prosa der Ästhetik an; die Hermeneutik aber ist wie so viele Wissenschaften, eine gemischte Wissenschaft, welche daher eben sowohl der Psychologie als der Äfthetik oder Logik integrirt werden kann. Lange Zeit hindurch wurde das grammatische, rhetorische und herme= neutische Element als die sogenannte angewandte Logik, als die logica practica vorgetragen. Der Wolfianer G. Fr. Meier war einer der ersten, welcher in feiner: Vernunftlehre, Halle 1752, diese Abtheilung der Logik in die reine und angewandte zu verlassen anfing, wiewohl er den Inhalt der lezteren im dritten Haupttheil seines Werkes: von dem gelehrten Vortrag, noch auseinandersezte.

I. Die Sprachlogik.

Indem der Geist absichtslos, in reinem Selbstgenügen, die Sprache hervorbringt, wirkt er, ihm unbewußt, die logischen Kategorien in ihre Formen hinein. Gegen diese sind jene ein einfacheres und allgemeineres Element. Hegel in der Vorrede zur zweiten Ausgabe seiner Logik (S. W. III. S. 11): „Die Denkformen sind zunächst in der Sprache des Menschen herausgesezt und niedergelegt; es kann in unsern Tagen nicht oft genug daran erinnert werden, daß das, wodurch sich der Mensch vom Thiere unterscheidet, das Denken ist. In Alles, was ihm zu einem Innerlichen, zur Vorstellung überhaupt, wird, was er zu dem Seinigen macht, hat sich die Sprache eingedrängt, und was er zur Sprache macht

und in ihr äußert, enthält eingehüllter, vermischter, oder herausgearbeitet, eine Kategorie; so sehr na= türlich ist ihm das Logische, oder vielmehr dasselbige ist seine eigenthümliche Natur selbst. Stellt man aber die Natur überhaupt, als das Physikalische, dem Geistigen gegenüber, so müßte man sagen, daß das Logische vielmehr das Üebernatürliche ist, welches sich in alles Naturverhalten des Menschen, in sein Empfinden, Anschauen, Begehren, Bedürfniß, Trieb eindrängt und es dadurch überhaupt zu einem Menschlichen, wenn auch nur formell, zu Vorstellungen und Zwecken, macht. Es ist der Vortheil einer Sprache, wenn sie einen Reichthum an logischen Ausdrücken, nämlich eigenthümlichen und abgesonderten, für die Denkbestimmungen selbst besigt; von den Präpositionen, Artikeln, gehören schon viele solchen Verhältnissen an, die auf dem Denken beruhen; die Chinesische Sprache soll es in ihrer Ausbildung gar nicht oder nur dürftig bis dahin gebracht haben; aber diese Partikeln treten ganz dienend, um etwas weniges abgelöster, als die Argumente, Flerionszeichen u. dgl. auf. Viel wichtiger ist es, daß in einer Sprache die Denkbestimmungen zu Substantiven und Verben herausgestellt und so zur gegenständlichen Form gestempelt sind.“

Die Sprache enthält sowohl ihrem Ursprung nach aus der Vorstellung, als auch durch die Lautbildung, ein sinnliches Moment, durch welches sie reicher, als das einfach Logische, als die reine Kategorie ist. Hierin liegt der Grund, weshalb keine Sprachform in

eine Kategorie aufzugehen vermag, denn sie begreift ein Mehr in sich; aber auch der Grund, weshalb keine Kategorie in eine Sprachform aufzugehen vermag, weil jede Kategorie als solche weiter und nothwendig abstracter ist. Es bleibt deshalb unmöglich, die Sprachformen nur als Übersetzungen logischer Bestimmungen, als bloße Überkleidungen eines logischen Skeletts mit Lautbildungen aufzufassen. Die Hauptpuncte sind immer die Begriffsmomente des Subjects, des Prädicats und der Copula. Sie ordnen sich in der Grammatik, in der Entwicklung der Redetheile, die ontologischen Formen des Seins und des Wesens unter. Der Begriff der Qualität kommt z. B. eben so gut bei dem Begriff des Substantivums, als des Prädicats, als des Verbums vor; oder der Begriff der Quantität kommt nicht nur bei dem Begriff der Numeralien, sondern auch bei dem Singular und Plural der Substantive und der Verben, bei dem Begriff der Adverbien der Größe und bei den Comparationsformen vor. Eben so stellt sich die Kategorie der Relation nicht nur in den Präpofitionen und Conjuctionen, sondern nicht weniger in den Flerionen der Declinationen und Conjugationen dar.

Da die Sprache die Kategorien in sich aufgehoben enthält, so tritt für sie derselbe Unterschied der Auffasfung ein, wie für das Verhältniß der Logik zu den mathematischen Formen. Einmal nämlich kann die Grammatik selbst als die Logik genommen werden. Dies geschieht in der sogenannten natürlichen

Logik des gewöhnlichen Lebens, von welcher man, SchilIer's Xenie auf die Vulgärdichter parodirend, sagen könnte:

Weil ein Begriff Dir gelingt in einer gebildeten Sprache,

Die für Dich urtheilt und schließt, glaubst Du ein Denker zu sein. Es geschieht ferner in allen den Behandlungen der Grammatik, welche auf Bürgerschulen und besonders auch auf Mädchenschulen den Unterricht in der Logik zugleich vertreten sollen, für welchen Zweck in neuerer Zeit besonders die kleine praktische Sprachdenklehre für Elementarschulen von R. J. Wurst (fünfte Auflage, Reutlingen 1842) gebraucht worden.

Moment der Logik auch oft

Bei den Alten

Sodann aber ist diejenige Darstellung der Sprache abzuscheiden, welche sie nur als ein Logik abhandelt, in welchem Fall die mit der Psychologie verschmolzen ist. wurde Platon als derjenige betrachtet, der zuerst die Grammatik als Wissenschaft behandelte, nach dem Ausdruck des Laërtischen Diogenes im Platon c. 19: «Πρῶτος ἐθεώρησε τῆς γραμματικῆς τὴν δύναμιν."

Vorzüglich waren es aber die Stoiker, welche die Grammatik mit Bezug auf die Logik ausbildeten, wor= über uns besonders Diogenes Mittheilungen aufbehalten hat. Platon untersuchte in seinem Dialog Kratylos eigentlich nur den Ursprung der Sprache, ob sie, wie darin Kratylos behauptet, die Natur der Sache reproducire, oder cb fie, wie Hermogenes verficht, die Bedeutung der Wörter, ihre ỏpdótyta, nur conventionell fest=

fete. Die Stoiker aber beschäftigten sich auch viel mit der Ableitung der Redetheile, welches eigentlich das Band ist, wodurch die Grammatik mit der Logik verknüpft wird. Die Grammatik des Chrysippos hatte fünf Theile und einer derselben war nepi pwvñs überschrieben.

Unter den Neueren stellten Leibniz und Locke, fo sehr ste principiell sich entgegengesezt waren, hierüber zuerst wieder speculative Untersuchungen an; Locke im dritten Theil seines bekannten Werks über den menschlichen Verstand und Leibniz im dritten Theil seiner Gegenschrift der nouveaux essais sur l'entendement humain, die er zwar schon 1703 schrieb, die jedoch erst durch Raspe 1765 herausgegeben wurden. Beide beobachteten im Ganzen denselben Gang, erst das Entstehen des einzelnen Wortes und sodann den logischen Werth der Wörter zu betrachten, wie auch die Alten diesen Unterschied durch ovoua und λóyos bezeichneten. Leibniz hatte schon 1677 einen kleinen Dialog über diese Materie geschrieben: de connexione inter res et verba et veritatis realitate.

Nach Leibniz und Locke ward die Berücksichtigung der Sprache ein stereotypes Capitel der Logiken. Wolff that es freilich noch mit einer gewissen Einschränkung im dritten Abschnitt der Prolegomenen seiner Logif: de usu vocum sive terminorum circa notiones; Lambert aber verwendete 1764 die ganze dritte Abthei= lung seines Neuen Organons darauf, welche er Se= miotik überschrieb oder Lehre von der Bezeichnung der

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