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Sed nihil est, quod numerum non patiatur. Itaque numerus quasi figura quaedam metaphysica est, et Arithmetica est quaedam Statica universi, qua rerum potentiae explorantur.“

Leibniz-machte auch den Uebergang von der mathematischen Logik zur Sprache, jedoch so, daß er auch diese mathematisiren wollte. Was die Mystiker die Ad a= mitische Sprache oder die Natur sprache nennen, das sollte durch eine allgemeine Charakteristik der Be= griffe auf wissenschaftlichem Wege geleistet werden. Diese Symbolik sollte gegen den qualitativen Unterschied des Nationalindividualismus der Sprache eben so gleichgültig sein, als die Arithmetik es ist gegen die Qualität der Dinge. Ein Ungar, Georg Kalmar, machte eine Ausführung dieses Unternehmens, welche 1772 zu Berlin und Leipzig in Quarto unter diesem Titel erschien: Praecepta grammatica atque specimina linguae philosophicae seu universalis ad omne vitae genus accommodatae. Das schärfste Urtheil über die Pasigraphie hat Hegel in der Encyklopädie gegeben, in meiner Ausgabe S. 414 ff.: „Leibniz hat sich durch seinen Verstand verführen lassen, eine vollständige Schriftsprache, auf hieroglyphische Weise gebildet, was wohl partiell auch bei Buchstabenschrift, wie in unsern Zeichen der Zahlen, der Planeten, der chemischen Stoffe u. dgl. stattfindet, als eine allgemeine Schriftsprache für den Verkehr der Völker und insbesondere der Gelehrten für sehr wünschenswerth zu halten. Man

darf aber dafür halten, daß der Verkehr der Völker (was vielleicht in Phönicien der Fall war, und gegen= wärtig in Canton geschieht s. Macartneys Reise von Staunton) vielleicht das Bedürfniß der Buchstabenschrift und deren Entstehung herbeigeführt hat. Ohnehin ist nicht an eine umfassende fertige Hieroglyphensprache zu denken; sinnliche Gegenstände sind zwar fest= bleibender Zeichen fähig, aber für Zeichen von Geistigem führt der Fortgang der Gedankenbildung, die fortschrei= tende logische Entwicklung veränderte Ansichten über ihre inneren Verhältnisse und damit über ihre Natur herbei, so daß damit auch eine andere hieroglyphische Bestimmung einträte. Geschieht dies doch schon bei sinnlichen Gegenständen, daß ihre Zeichen in der Tonsprache, ihre Namen häufig verändert werden, wie z. B. bei den chemischen und minerálogischen." In der weiteren Ausführung dieser Kritik einer wissenschaftlichen Hieroglyphik hebt Hegel noch besonders die Möglichkeit der Unbestimmtheit und Verworrenheit ihrer Analyse hervor, d. h. die Nothwendigkeit, in einer lebendigen Sprache sagen zu müssen, was die Hieroglyphen, als an sich sinnlose Aeußerlichkeiten, bedeuten sollen.

Eine Vereinfachung der Buchstabenschrift ist allerdings in der neueren Zeit durch die Stenographie bereits eingetreten und es wird gewiß dahin kommen, daß wir sie auch für den Druck anwenden, sobald die Nation sich nur erst für ein bestimmtes System entschieden hat. Allein die Stenographie ist keine Pasigraphie, denn

wenngleich sie allgemeiner Grundsäge bedarf, so muß sie doch dieselben für eine jede besondere Sprache nach deren eigenthümlichen Lautsystem und Eigenheiten in Betreff des Artikels, der Pronomina, der Präpositionen u. s. w. zurichten.

Es ist ferner gewiß, daß der steigende Verkehr der Völker, die immer größer werdende Gewohnheit des Reisens, die sich immer weiter erstreckende Gleichmäßig- · keit der Lebensart, insbesondere auch die immer ausgedehntere Einheit der Völker in socialen, politischen und religiösen Ansichten, einen gewissen Wortvorrath unter ihnen gemeinschaftlich machen werden und zwar so, daß immer diejenige Sprache darin den Ton für ein bestimmtes Gebiet angeben wird, deren Volk die Sache ursprünglich producirt hat. So gehören z. B. die Ausdrücke, deren wir uns für das Heer- und Kriegswesen so wie für die Umgangsformen der Gesellschaft bedienen, der französischen Sprache an. Das Wort Ball hat in Calcutta, Meriko, New York u. s. w. dieselbe Bekanntheit und Geltung, wie in Paris. So gehört die Terminologie der Wissenschaften der griechischen Sprache und den aus ihr gemachten lateinischen Uebersetzungen. So gehört die Terminologie der Musik des Wechselgeschäfts und der Fortification der Italienischen Sprache an. Die Terminologie des Europäischen Civilrechts ist das Werk der Römer. Der Deutschen Sprache fiel die Terminologie für die Tiefe und Weite der Erde, nämlich die des Bergbaues und des Seewesens zu u. s. w.

Die einzelnen Wörter aus diesen Terminologieen sind innerhalb des Kreises der Europäischen Civilisation allgemein verbreitet und müssen, da dieselbe auf unserem Planeten alle andern sich unterwirft, überall heimisch werden, so daß es möglich sein wird, mit einer gewissen Wörtermasse der verschiedensten Abstammung sich durch die ganze Welt hin zu bewegen. Allein nur für die Oberfläche des Lebens ist eine solche Weltsprache möglich. Insoweit kann man dem geistvollsten Lerikographen Frankreichs, Charles Nodier, der eine Weltsprache prophezeite, Recht geben. Die Tiefe des Lebens aber ist durch den Ausdruck einer solchen immer doch nur substantivisch und adjectivisch bleibenden, durch die Mimik sich für das engste Bedürfniß ergänzenden Sprache nicht zu erschließen und für sie bedarf es immer der Kraft volksthümlicher Eigenheit. Das Denken kann ihrer für seine Vollendung am wenigsten entbehren und eine Philosophie, obwohl die universellste That des Geistes, kann nur durch die Vermittlung des nationalen Genius zur Schönheit des wissenschaftlichen Kunstwerkes emporblühen.

Die Genesis der Sprache liegt in der Entwicklung der Formen der Intelligenz. Das Wort entsteht als die eroterische Erscheinung der Vorstellung. Der Act, mit welchem der Geist die Anschauung in sich zur. Innerlichkeit der Vorstellung wandelt, ist zugleich der, mit welchem er die Vorstellung als Wort gestaltet. Weil und indem wir Vorstellungen produciren, sprechen wir; nicht,

weil wir sprechen, haben wir Vorstellungen. Das Erzeugen der Vorstellungen und damit auch das der fle darstellenden Worte ist ursprünglich ein reflerionsloses. Da aber das sie hervorbringende Subject an sich, seinem Wesen nach, denkend ist, so ist auch der Sprache das Denken in ihren verschiedenen Formen auf unbewußte Weise immanent. Die Einheit des Denkens mit dem Sprechen erscheint daher als eine viel innigere gegen die Vergegenständlichung, welche das Denken in den mathematischen Formen findet. Die der Sprache ohne Absicht und insofern irrthumlos von dem unbewußt schöpferischen Geist eingebildete Logik scheint die wahrhafte Natur des Denkens am Gewissesten zu enthüllen. Die Wissenschaft der Sprache wird insofern zugleich zu einer Wissenschaft des Denkens.

Im Begriff der Sprache ist aber erstens das einzelne Wort; zweitens dessen Verbindung mit andern Wörtern und drittens die Erforschung des objectiven Sinnes einer gegebenen Rede zu unterscheiden. Das richtige Verständniß muß sowohl die wahre Bedeutung des einzelnen Wortes, als die seiner Stellung und Geltung innerhalb seiner bestimmten Verbindung beweisen. So entsteht: 1) die grammatische;

2) die rhetorische;

3) die hermeneutische

Modification der Logik. Die Grammatik ist, ihrer organischen Genesis nach, ein Moment der Psychologie; die Rhetorik gehört als die Wissenschaft der Kunst der

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