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rere, indem sie sagen, auch X Y Z seine Symphonieen, und weil jener drei seien; müsse auch dieses drei sein. Daß aber Unzähliges dergleichen stattfinden müßte, das kümmert sie nicht. Denn für g und r würde ein Sternbild eristiren. Wenn, weil jedes von dem übrigen doppelt ist, aber nicht ein anderes, und zwar aus der Ursache, weil, da drei Derter sind, bei jedem das eins zu dem s hinzugethan wird: so ist es deshalb nur drei, und nicht weil der Symphonieen drei sind!"

Denn der Symphonieen sind mehrere, welches hier nicht der Fall sein kann. Aehnlich sind diese Leute den alten Homeriden, welche kleine Aehnlich keiten sehen, große übersehen. Einige sagen, viele Dinge seien ähnlich den mittleren Saiten, die eine zu 9, die andere zu 8; und das epische Versmaaß zu 17 sei diesen gleich an Zahl. Zur rechten Seite schreitet man fort mit 9 Sylben, zur linken mit 8. Dann sagen sie, es sei eine gleiche Entfernung bei den Buchstaben von a zu w und bei den Flöten von dem Baß bis zum Alt, dessen Zahl gleich sei der Gesammtheit des Himmels."

"Man sehe aber, ob es nicht für Jedermann ein Leichtes sei, dergleichen vorzubringen und in dem Ewigen eben so gut, wie in dem Vergänglichen aufzufinden. Allein die gepriesenen Namen in den Zahlen und das denselben Entgegengesezte und überhaupt das Mathematische, in der Art wie Einige es aufstellen und zur Ursache der Natur machen, scheint uns, wenn wir die Sache so betrachten, zu verschwinden. Denn

auf keine von den in Hinsicht der Principe festgesezten Weisen ist etwas von demselben ursachlich. Das freilich offenbaren sie,, daß das Gute sich vorfinde und daß zu der Reihe des Schönen das Ungerade gehöre, das Rechte, das Gleiche und die Potenzen einiger Zahlen, indem Jahreszeiten und eine solche Zahl zugleich sind. Auch das Uebrige, was sie von den mathematischen Lehrsägen zusammenbringen, ist Alles von gleichem Werth. Deshalb kommt es auch den Zufälligkeiten gleich, da es zwar Alles Bezogenes ist, jedoch jedes auf eigene Weise, indem nur die Analogie das Gemeinsame ist.“

Wir haben diese ganze Stelle mit all' ihren Erem= plificationen hergesezt, weil nach der Manier des Aristoteles das Allgemeine, worauf es ihm ankommt, erst allmälig und ohne besondere Betonung, wie beiläufig zum Vorschein gelangt. Man kann aber das Mißverständniß des Verhältnisses der Zahl und des Mathemathischen überhaupt zum realen Sein nicht treffender ausdrücken, als er es zuleht hier thut. Das, was nun aber in dem Mathematischen und in dem anderweit Realen das Analogische und damit Gemeinsame ausmacht, das ist eben das Logische selbst. Obwohl nun Aristoteles bereits diese Einsicht hatte, so hat es doch bis in die neueste Zeit niemals an Philosophirenden gefehlt, welche sich durch die indifferente Physiognomie der Zahl haben mystificiren lassen, in ihr dasjenige neutrale Ele= ment zu suchen, welches in Wahrheit nur der abstracte Begriff sein kann. Sie mußten dabei, auch wenn keine

Tradition ihre Vorstellungen vermittelte, doch von selbst auf die Annahmen der alten Pythagorik zurückkommen und durch die Gegensäge des Unbegrenzten und Begrenzten, des Ungleichen und Gleichen, des Ungeraden und Geraden sich bestimmen lassen. Durch die Sephiroth der Kabbalah wurden diese Vorstellungen innerhalb der modernen Welt oft angefrischt und eine Verschmelzung des Kabbalistischen mit dem Pythagoräischen erzeugt, welche besonders Geheimgesellschaften und Mystikern zusagte. Diese fanden für ihren speculativen Dilettantismus in der mathematischen Symbolik ein ihrem Geschmack zusagendes Surrogat der schulmäßigen Logik und Metaphysik, die ste wegen ihres Formalismus oft mit Recht verachteten. Die übersichtlichste Zusammenfassung dieser arithmetisch-geometrischen Ontologie und Dialektik bleibt die: Zahlenlehre der Natur von Eckartshausen, Leipzig 1794, und dessen Probaserlogie oder practischer Theil der Zahlenlehre der Natur 1795.

Der, welcher am Entschiedensten das Denken als ein Rechnen behandelt hat, ist unstreitig Thomas Hobbes gewesen, der seine Logik auch geradezu schon auf dem Titel Computatio nannte. Im dritten Capitel des ersten Buchs sagt er in dem Opp. omnibus Amstelod. 1668: „Per ratiocinationem intelligo computationem. Computare vero est plurium rerum simul additarum summam colligere, vel una re ab alia detracta, cognoscere Residuum. Ratiocinari ergo idem est, quod Addere et Subtrahere. Non ergo

putandum est, computationi i. e. ratiocinationi in numeris tantum locum esse, nam et magnitudo magnitudini, corpus corpori, motus motui, tempus tempori etc. adjici adimique potest."

Im vorigen Jahrhundert erneuerte denselben Gedanken Gottfr. Ploucquet, der 1790 als Profeffor zu Tübingen starb und sich mit der Aufstellung seines Gedankencalculs einen vorübergehend großen Namen machte: Principia de substantiis et phaenomenis; accedit methodus calculandi in logicis ab ipso inventa, cui praemittitur commentatio de arte characteristica universali. Frcf. et Lips. 1753. Ed. II. 1764. Ueber diese Methode hat sein Landsmann Hegel im dritten Theil seiner Logik S. 164 also geurtheilt: „Der Ploucquetsche Calcul hat ohne Zweifel die consequenteste Verfahrungsweise ergriffen, wodurch das Verhältniß des Schlusses fähig wird, dem Calcul unterworfen zu werden. Er beruht darauf, daß von dem Verhältnißunterschiede, dem Unterschiede der Einzelheit, Besonder= heit und Allgemeinheit im Urtheile abstrahirt und die abstracte Identiät des Subjects und Prädicats festgehalten wird, wodurch sie in mathematischer Gleichheit sind; — einer Beziehung, welche das Schließen zu einer völlig gehaltleeren und tautologischen Formirung von Säßen macht. Im Sah: Die Rose ist roth, soll das Prädicat nicht das allgemeine Roth, sondern nur das bestimmte Roth der Rose bedeuten; im Sage: Alle Christen sind Menschen, soll das Prädicat

nur diejenigen Menschen bedeuten, welche Christen sind; aus diesem und dem Sage: Die Juden sind keine Christen, folgt dann der Schlußsaß, der diesen syllogistischen Calcul bei Mendelssohn nicht gut empfohlen hat: Also sind die Juden keine Menschen, (nämlich diejenigen Menschen nicht, welche die Christen find). Ploucquet gibt als eine Folge seiner Erfindung an: posse etiam rudes mechanice totam logicam doceri, uti pueri arithmeticam docentur, ita quidem, ut nulla formidine in ratiociniis suis errandi torqueri, vel fallaciis circumveniri possint, si in calculo non errant. Diese Empfehlung, daß Ungebildeten durch den Calcul mechanisch die ganze Logik beigebracht werden könne, ist wohl das Schlimmste, was von einer Erfindung übe die Darstellung der logischen Wissenschaft gesagt werden kann." Eine genaue Beschreibung und Kritik des Ploucquetschen Calculs nach seiner Schrift: Methodus calculandi in logicis, gibt v. Eberstein in seiner Geschichte der Logik und Metaphysik bei den Deutschen u. s. f. Halle 1794, Bb. I. S. 303-12.

Ein anderer Schwabe, E. G. Bardili trat Stutt= gart 1800 mit einer nochmaligen Erneuung des Ploucquet'schen Gedankens auf, wenngleich er den Namen desselben in der Vorrede seines Buchs nur flüchtig und in Verbindung mit dem von Bilfinger erwähnte. Der großsprecherische Titel dieses Buchs lautet: Grundriß der Ersten Logik, gereiniget von den Irrthümern bisheriger Logiken überhaupt, der Kantischen insbesondere;

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