Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

zen Reichthum der besondern Kategorien in die Vorstellung der Einheit, ihrer Entzweiung und deren Auflösung einhüllten. Solche denkentbrannte, aber wissenschaftlich rohe Geister, wie Böhme, hatten an dem Schema der göttlichen Trias, ohne es zu wissen, den syllogistischen Typus, aber in wahrhaft speculativer Weise, so daß sie allerdings mit solchem göttlich logischem Leitfaden zu einer tieferen Erkenntniß zu gelangen vermochten, als dies mit dem blos formalen Denken möglich gewesen wäre. Wenn jedoch jezt noch diese Sprache in der Wissenschaft geführt, wenn jezt noch der Ternarius sanctus an die Stelle einer selbstbewußten und gebildeten Begriffsdialektik treten soll, so kann dies nur als eine Barbarei gelten, durch welche der Gang der Wissenschaft ohne Noth aufgehalten wird.

Die theosophische Erkenntniß ist unfrei, weil sie die Vermittelung ausschließt. Oder richtiger: sie hat eine Vermittelung, allein nur eine negative der Ausleerung des re= lativen Subjects von sich selbst, um der Wirksamkeit des absoluten Subjectes in sich unbedingten Raum zu schaf= fen. Das Denken Gottes ist in dem Menschen allein das wirkliche und wahrhafte. Der Denkende muß daher an sein Denken glauben; glaubt er daran, daß es die Wahrheit enthalte, so ist die Gewißheit nur eine subjective und es kann gerade da, wo Gott selber als die Wahrheit sich manifestirt zu haben scheint, der größte Irrthum, die fadeste Abgeschmackheit sich als Offenbarung, die vom Himmel stammt, insinuiren. Es fehlt an einem objectiven Kriterium, welches zugleich, als ontologischer

Maaßstab, mit der erkennenden Subjectivität identisch wäre. Wenn es möglich sein soll, daß ich durch absolute Passivität in Bezug auf Gott mich zum Ort seines Denkens mache und Gottes Denken durch seine pofitive Entäußerung an mich in Folge meiner negativen an ihn zu dem meinigen wird, so heißt dies eben so viel, als: das Denken an und für sich ist in Gott wie in dem Menschen dasselbe und, was der Form nach als ein Leiden erscheint, ist der Sache nach die reinste Selbst= thätigkeit des Denkenden, seine Selbstbestimmung. So= bald die Natur des Denkens begriffen ist, sich allgemein und nothwendig zu verhalten, hat die Angst vor dem Egoismus und vor dem Schlußzwang ein Ende. Der Philosoph braucht nicht mehr zu fürchten, daß es ihm wie dem Jakob Böhme ergehen könne, zeitweise, wenn in Folge fleischlicher Affecte die himmlische Jungfrau Sophia ihn verlassen, seine eigenen Schriften nicht verstehen zu können; Theosophische Sendbriefe 10, 29:,,Und das noch größer ist, ist mir die Natursprache eröffnet worden, daß ich kann in meiner Muttersprache die allergrößten Geheimnisse verstehen, und wie wohl ich nicht sagen kann, ich habe es ergriffen und gelernt, sondern also lange, als die Hand Gottes über mir hält, so verstehe ich es: so ste sich aber verbirget, so kenne ich auch meine eigene Arbeit nicht und bin meiner Händewerk fremde worden, damit ich doch sehen möge, wie gar unmöglich es sei, Gottes Geheimniß ohne seinen Geist zu erfor= schen und zu halten. "

Der Cartesianische Idealismus überwand diese Trübheit, ohne jedoch weder die Vorausseßung, daß die Wahrheit eine gegebene sei, noch ohne die Zufälligkeit der subjectiven Beistimmung durch die Nothwendigkeit des Begriffs selbst aufzuheben. Denn in ersterer Beziehung hielt er sich an die angeborenen Ideen und daß Gott nicht trüge Deus non est fallax; in zweiter

Beziehung aber sollte

wahr und gewiß sein, was ich eben so klar und deutlich einsehe, als daß ich, indem ich denke, bin. Malebranche's Lehre, daß wir, die Wahrheit - zu erkennen, alle Dinge in Gott sehen müßten, wandelt in sofern ganz den Weg der Theosophie. Erst derjenige Idealismus konnte daher der Logik eine andere Gestalt geben, welcher die Identität des Denkens und des Seins als den unbedingten Begriff des Selbstbewußtseins seßte.

Zweites Capitel.

Die transcendentale Fogik.

Eine Logik, welche die Einheit des Selbstbewußtseins als den Begriff betrachtet, mit welchem sie alles Wissen auszugleichen hat, ist dem Princip nach absolut, denn das Ich ist unbedingte Selbstbestimmung. Diesen Standpunct hätten wir aber schon früher gehabt; er ergab sich als der der Wissenschaftslehre, als das Wissen des Wissens im subjectiven Idealismus, der die Substan= tialität, Causalität und Wechselwirkung oder das Geset

der Identität, des Gegensages und des Grundes nur in der Form des Sezens des Ichs ausdrückte und alle reale Objectivität zu einer nur ideellen Projection des Ich's verflüchtigte. Wird dagegen die Objectivität als an sich seiende anerkannt, so tritt eine Gebrochenheit des Selbstbewußtseins ein, eine Beschränkung seiner Absolutheit. In dieser Hinsicht steht dieser Standpunct unter dem des reinen subjectiven Idealismus. Er ist nicht so titanisch, nicht so schöpferisch, nicht so consequent und einfach, und doch ist er gerade durch die Schranke, die er in sich hereinnimmt, tiefer. Er macht eine Metaphysik möglich und zwar eine mit der Logik identische, oder auch, was dasselbe, eine Logik, deren Bestimmungen wesentlich einen metaphysischen Charakter haben. Wenn Kant daher in der zweiten Ausgabe seiner Vernunftkritik der ersten Kühnheit seines Idealismus die Schwingen stußte, so hatte dies doch den weiteren Sinn, daß er dem Subject das Object nicht als ein blos negatives aufopfern wollte. Fichte verfolgte die Einseitigkeit der reinen Subjectivität, welche følgerecht kein anderes Object, als nur ein selbsterschaffenes, zu haben vermochte und daher praktisch werden mußte. Diese Wendung war seine Größe. Seine Wissenschaftslehre, die wir nunmehr durch den Druck seiner ganzen literarischen Nachlaffenschaft in jedem Moment ihrer Metamorphosen überausführlich kennen, frankte bis an ihr Ende an der Unklarheit, mit welcher das psychologische und logische, das ontologische und dialektische Element darin vermischt waren. Kant urtheilte in der Jenger

Allgemeinen Literaturzeitung, Intelligenzblatt 509, 1799: „Reine Wissenschaftslehre ist nichts mehr oder weniger, als bloße Logik, welche mit ihren Principien sich nicht zum Materialen des Erkenntnisses versteigt, sondern vom Inhalte desselben als reine Logik abstrahirt, aus welcher ein reales Object herauszuklauben vergebliche und daher auch nie versuchte Arbeit ist, sondern wo, wenn es die Transcendentalphilosophie gilt, allererst zur Meta= phyfik übergeschritten werden muß." Diese Erklärung war, besonders in ihrem weiteren Verlauf, nach einer Seite hin eine Schwäche, aber nach einer anderen tastete' ste einen richtigen Punkt heraus.

[ocr errors]

dieser Beziehung sich erst Sein soll aber als Beauf die abstracten Be=

Das apriorische Denken bezieht sich nach der Allgemeinheit und Nothwendigkeit seiner Bestimmungen auf das concrete Sein, um mit zu verwerthen. Das concrete griff nur gelten, sofern es stimmungen bezogen wird. D. H. die Einheit des Denkens und Seins ist für den Begriff des Selbstbewußtseins im Allgemeinen zweifellos, im Besonderen aber, für die concrete Erfüllung des Bewußtseins, sezt sie sich nicht als Identität, nur als Uebereinstimmung des Seins und Denkens. Bleib' ich im Erkennen mir bewußt, daß ich nicht das Wesen, nicht die Sache an und für sich, nur ihre Erscheinung erfasse, so verhalte ich mich transcendental. Die Absolutheit des Denkens liegt insofern hier nur darin, daß ich die Nothwendigkeit einsehe, bei der

bloßen Beziehung

« PreviousContinue »