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śnioτýμŋy. Helmont bewundert einerseits die Eitelkeit des Ariftoteles, anderseits die Leichtgläubigkeit der Welt, die Logik für eine so wichtige Wissenschaft zu halten. Uebrigens, sagt er, a. a. D. S. 35, gestehe ich gerne, daß zwar aus allem Disputiren immer ein Schluß hervorgehe; allein ich weiß auch, daß dieser Schluß weiter nichts, als eine Meinung zur Folge habe, und daß der mächtigste Syllogismus nie ein Wissen hervorgebracht und eigentlich erzeugt habe, auch nie zu erzeugen und hervorzubringen, in keiner einzigen seiner so vielen und mannigfaltigen Schlußweisen im Stande sein werde. In der That enthalten auch unter den 19 Schlußweisen der Syllogismen 12 eine bloße Verneinung; eine Verneinung aber hat wohl noch nie ein Wifsen erzeugt, weil sie vielmehr nimmt, als gibt, da die Wissenschaft hingegen etwas seßen und aussagen muß. Aber auch die 7 bejahenden Schlußweisen können eben so wenig ein neues Wissen erzeugen, da im Schlußsaß nicht mehr sein darf, als in den Prämiffen, als Vorausgeseztes oder Gewußtes schon vorhanden war. Endlich besteht ja das ganze Fundament eines Syllogismus darin, daß wenn zwei Dinge mit einander übereinstimmen, dieselben auch in einem dritten übereinstimmen müssen. Darum muß also nothwendig eine Erkenntniß dieses Uebereinstimmens schon vor dem auszusprechenden Schlusse in uns liegen; so daß man das, was durch den Schluß bewiesen werden soll, schon zuvor wissen muß. Wenn also Jemand durch die Vernunft- oder Disputirkunft,

Logica, eine Wissenschaft sucht, so muß er das, was er sucht, schon einiger Maaßen vorauswissen; denn wüßte er davon voraus schlechthin nichts, wie könnte er am Ende wissen, daß er es gefunden habe? Es müßten denn die Logiker sagen wollen, es werde das Wissen, welches man durch Schlüsse findet, nur von ungefähr gefunden!" Mit Einem Worte! Alle Erkenntniß, die wir durch einen Vernunftschluß mittelst Folgerung erlangen, ist allemal schon vorher in uns gelegen, und wird hierdurch nur ein wenig deutlicher, aber um nichts gewisser, sondern bleibt, wie vorher, mit dem Zweifel verbunden. Denn ein Schluß folgt immer dem schwächeren Theil der Vordersäge; daher seht man ihn zwar, aber immer mit dem Zweifel, ob nicht das Gegentheil auch wahr sein möchte? Ja der Schlußsaz verneint gewöhnlich nur etwas Besonderes, wenngleich der Vordersaß ein allge= mein verneinender ist; und wagt es nicht zu bejahen, wenn in einem der Vordersäge nur ein einziges Nicht oder Nein vorkömmt, welches zeigt, daß er nichts mit ficherer Bejahung lehrt, sondern am liebsten verneint. — Am Ende liegt denn also doch alles Wissen in dem Verstande, intellectu, gleichsam wie unter der Asche verborgen"

Das unmittelbare Wissen der Theosophie kommt immer auf die Vermittelung durch Gott selbst zurück, der, als das für sich seiende absolute Wissen, sich demjenigen offenbare, der sich gläubig zu ihm wende. €3 empfiehlt daher auch das Gebet, die Mittheilung des

göttlichen Wissens zu sollicitiren. Es ist möglich, daß der tiefe Mensch in solch mystischer Illumination die wahrsten Anschauungen vom Wesen der Dinge habe, allein eben so möglich, daß er die grundlosesten Vorstellungen für göttliche Eingebungen halte, da er die Formseite der Wissenschaft, das logische Element, verachtet, welches eben so nothwendig und berechtigt ist, als der Inhalt selber. So finden wir denn auch bei den Theosophen gewöhnlich einen imaginativen Ballast, mit welchem die Menge vornehmlich sich zu thun macht und die eigentlich speculativen Bestimmungen liegen läßt.

Die Stellen, welche bei Paracelsus die Einweihung des Menschen in das verborgene Wissen durch Gott selbst aussprechen, stehe in Lessing's Paracelsus, Berlin 1839, S. 46. ff. Weigel's sogenannter: Goldener Griff d. i. alle Dinge ohne Irrthum zu erkennen; beruhet ganz auf dem Gedanken, daß Object und Subject an und für sich identisch sind und daß die wahrhafte Objectivität nur dann ergriffen werden könne, wenn wir unmittelbar in das wahrhafte Subject eintreten, welches sich das Object erzeugt. Weigel (ft. 1588), der fich mit den buchstäbischen Theologen seiner Zeit in hartem Conflict befand, nennt zwar die mystische Erkenntniß, im Gegensaß zur äußerlichen Gelehrsamkeit, das Licht der Natur, versteht aber darunter die directe Manifestation Gottes als des absoluten Subjects, welches sich selbst das absolute Object, in dem menschlichen Erkennen. In der Deutschen Bearbeitung des goldenen Griffs, Frank

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furt 1697, heißt es am Ende des 22. Capitels (Seitenzahlen fehlen): „Ach! O Herr Gott, Du unsichtbarer verborgener Schöpfer, der Du alle Dinge erstchest in Dir selber von Innen, ehe sie herfürkommen, der Du auch die Engel also geschaffen hast, daß sie alle Dinge, wie Du, von Innen sehen in ihnen selber: Du bist das Sehen und Erkennen und das Urtheil in einem Jeden; Du hast alle Dinge aus dem Unsichtbaren in das Sichtbare berufen zum greiflichen Gegenwurf. Ach! erleuchte unsere Herzen, daß wir doch nicht verneinen das Auge Deines himmlischen Lichts, das Du uns ge= geben hast, Dich zu ersehen und zu erkennen, so wer= den wir müssen sagen, wie alle Erkenntniß, o Herr, allein von Dir herfließe aus den Augen in den Gegenwurf, auch als in Dich, das einige, ewige, himmlische Licht, durch welches wir von Dir erleuchtet werden, in die Ewigkeit zu schauen, und Alles daher zu urtheilen, Dich zu erkennen, nicht aus dem Objecto der Creatur oder Geschöpf hineingetragen, sondern aus dem Judicante, und also werden wir aus vielen Irrthumen erlöset und errettet werden. Amen."

Die concentrirteste Gestalt der Theosophie bleibt immer Jakob Böhme. Er ist seit einem Menschenalter so viel wieder besprochen und namentlich von Feuerbach in seiner: Geschichte der neueren Philosophie, Ansbach, 1833, S. 150-213 so gründlich reprodu= cirt worden, daß es unnüz ist, über ihn weitläufiger zu werden. Alle Momente der theosophischen Erkennt

niß kommen bei ihm in prägnantester Weise vor. Die Selbstverleugnung, das Gebet, die unmittelbare Einheit des menschlichen Erkennens mit dem göttlichen in den Zeiten der Erleuchtung, die Verachtung der buchstäblerischen Gelehrsamkeit, wie des Raisonnements, welches Böhme nach damaliger Sprachweise gewöhnlich Vernunft nennnt. Alle diese Hauptpuncte des theosophischen Schauens sind in guter Uebersichtlichkeit zusammengestellt von Jul. Hamberger in seiner: Lehre des Deutschen Philosophen Jakob Böhme. München 1844, . 1-17. Es tritt aber bei Böhme außer dem anthropologischen Element der subjectiven Passivität das pragmatische des realen Processes eben so stark hervor. Seine ganze Logik und Metaphysik bestand, wie bei den meisten christlichen Theosophen, in der Vorausseßung, daß von Gott Alles nach dem Bilde der Trinität geschaffen werde. Böhme war zwar logisch bedürfnißvoll genug, nicht mit der einfachen Dreiheit abzukommen, sondern entwickelte fle bis zur Siebenzahl seiner ewigen Quellgeister oder Naturgestalten, die er sodann zum Kampf der Geburt durch das Angstrad der Schiedlichkeit hindurchgeführt. Allein die Hauptsache war doch auch in dieser Fassung die Entgegenseßung der ewigen Einheit gegen sich selbst, um aus dem Grimm solcher Negativität zur triumphirenden Lieblichkeit der ursprünglichen Bejahung zurückzukehren. In dieser ontologischen Hinsicht berührt sich die theosophische Logik vollkommen mit der pragmatischen eines Herakleitos, eines Empedokles, welche auch noch den gan

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