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ein wahres ist, als es sich mit dem von ihnen vorausge= sezten Denken des absoluten Subjectes vereinigt. Dies heißt aber eben so viel, als die Wiederholung des ob= fectiven Standpunctes innerhalb der Absolutheit. Die so entstehende Logik ist die theosophische.

Das Denken ist in ihr zwar dem Begriff nach vollkommen, allein keineswegs ist es frei. Es soll das Denken Gottes selber sein; wie wird es sich aber solcher Identität gewiß? Die Subjectivität muß auf den Beweis der Identität dringen. Sie muß die UnbedingtHeit des absoluten Denkens mit der Bedingtheit des reTativen in bestimmter Weise vereinigen. Diese Bezie= hung des absoluten und relativen Denkens als identisch sein sollender ist der Inhalt der Transcendentallogik, welche das göttliche Denken und die mögliche Übereinstimmung mit demselben für eine bloße Hypothese zu erklären gezwungen ist.

Ift denn aber der Begriff des Denkens an sich nach der Nothwendigkeit seiner Kategorien; ist der Begriff des abstracten d. h. des von der specifischen Differenz der Idee als Natur und Geist abftrahirenden Seins; ist der Begriff des reinen göttlichen Selbstbewußtseins in der That an und für sich verschieden? Sind die Kategorien nicht die allwaltenden, einfachen, im Denken nicht nur, auch in der Natur, im Geist und seiner Geschichte stillgeschäftigen Wesenheiten? Sind sie nicht, als die absolute Form alles realen Seins, sich selbst der Inhalt? Sind sie nicht, ihm immanent, ideeller Weise

mit ihm identisch, dennoch für sich auch als eine eben fo selbstständige Gestalt der Idee unterschieden? Der

Logos ist naturlos, geschichtslos, und doch sind Natur und Geschichte vernünftig, logisch; was eben so viel heißt, als daß die Vernunft, die logische Idee an fich, aber auch erst an sich, Natur und Geist ist. Die abfolute Logik vollendet sich daher in der metaphysi= schen, welche nämlich die metaphysischen, logischen und dialektischen Bestimmungen als homogene Glieder des Systems der reinen Vernunft nachweist.

Um die Bemühungen der philosophischen Wissenschaft zu würdigen, muß man, unter andern Vorurtheilen, auch das ablegen, als gingen eigentlich ihre Begriffe nur die Philosophen von Fach an, als klügelten diese zu ihrem Selbstergößen, etwa um ihren außerordentlichen Scharfsinn vor den Leuten leuchten zu lassen, solche Wunderlichkeiten aus. Wahrlich - ein sehr überflüssiges Thun, dem die gemeinste Handarbeit als weit ehrwürdiger und wahrhaft menschlicher vorzuziehen wäre. Allein es ist nicht so. - In der Philosophie handelt es sich um Begriffe, die, in concreter Form, die Welt bewegen und namentlich in Religionskriegen ihre blutigen Opfer fordern, denn alle Religionskriege sind zugleich metaphysische Kriege, welche durch eine weiter ausgedehnte philosophische Bildung unmöglich werden. Zur Zeit der Reformation kam man daher auch darauf, daß die Irrlehren nicht nur der Materie nach falsch wären, sondern daß fle jedesmal auch eine falsche logische Opera

tion involviren müßten, von welcher aus fie mithin widerlegt werden könnten. Eine solche theologische, für die Kritik der Dogmengeschichte gar nicht uninteressante Logik gab z. B. der reformirte Theologe Lambert Danäus; Elenchi Haereticorum, ubi facili et singulari methodo explicatur, qua ratione haereticorum paralogismi deprehandi et solvi possint. Liber omnibus Evangelicae veritalis studiosis valde necessarius. Genevae 1580.

Erstes Capitel.

Die theosophische Logik.

Das weder nur objective noch nur subjective, sondern absolute Denken ist in seiner Unmittelbarkeit das Denken Gottes selber.

In Gott ist das Sein und Denken dasselbe; sein Begriff ist mit seiner Realität schlechthin identisch. Er selbst ist alle Wahrheit und selbst deren Gewißheit. Er bedarf daher keiner endlichen Vermittelung des Erkennens; vielmehr ist er, auch denkend, der in seiner Unendlichkeit unendliche.

Dies im Allgemeinen kann man zugeben. Das göttliche Denken ist die Wahrheit des menschlichen und das menschliche muß daher das göttliche zu dem seinigen zu machen suchen. Ganz consequent bleibt hier nichts übrig, als sich seines eigenen Denkens zu entäußern,

um dem Denken des vorausgesezten absoluten Subjectes durch absolute Passivität, durch lautere Gelassen heit, wie die altdeutschen Mystiker sagten, in sich Raum zu machen. Diese Entäußerung führt zu einer asketischen Haltung des relativen Subjects, sich des Bösen und der Sinnlichkeit, sofern dieselbe störend werden könnte, zu entschlagen. Nur der Gute, nur der nicht Sinnentrunkene können Gott nahen, und von ihm der Erleuchtung mit seiner Weisheit gewürdigt zu werden; ein Zustand, welchen die Neuplatoniker Ekstase nannten.

Weil aber darin das göttliche Denken von dem Menschen Besiz nimmt, so wird das Denken nicht frei. Es bleibt sich selbst dunkel. Es kann für die Wahrheit seis ner Bestimmungen keinen Beweis führen. Sie bleiben zufällige sporadische Lichtblize des göttlichen Wesens in das Dunkel der menschlichen durch Sünde corrumpirten, durch Sinnlichkeit befangenen Intelligenz. So hoch daher das theosophische Denken an sich steht, so sehr es, seiner Intention nach, wirklich absolut ist, so wenig Bewußtsein hat es über die Nothwendigkeit seiner For=

Daß der unpersönliche Begriff der reinen Vernunft ein Abstractum ist; daß die Vernunft ihre concrete Eristenz an und für sich nur in dem absoluten Subjecte hat, welches der Grund ihres Denkens ist; so wie daß das formale Denken nur an der Oberfläche der Dinge herumtastet, ist richtig; allein in diesem unbestimmten Begriff bleibt nun der Theosoph stecken und hat daher nicht sowohl eine Logik, als nur eine Erkenntnißlehre.

Er geht, wie die pragmatische, wie die anthropologische Logik, auf das Erfaffen der Dinge selbst und zeigt die nämliche Dürftigkeit für die besonderen Bestimmungen des Denkens. Ja, es kann sich ereignen, daß er in Ansehung derselben, wo er sie nicht zu umgehen vermag, ganz in die gewöhnlichsten Trivialitäten der von ihm tief verachteten Schullogik verfällt.

Am reinften ausgebildet finden wir diese Verachtung in der Venatio scientiarum und der Logica inutilis des Johann Baptista Helmont, 1632. Helmont war Mystiker und sezte die Unmittelbarkeit der Mittheilung des wahrhaften Wissens durch Gott über alles Rais sonnement. Rirner und Siber haben in dem achten Heft des Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und am Anfange des XVII. Jahrhunderts, Sulzbach 1826, übersichtliche Auszüge und Helmonts Schriften gegeben; die die allgemeine Wissenschaftslehre betreffenden S. 31 fleht daraus, daß Helmont die Logik nimmt. Er meint, daß, wenn man von etwas wisse, das Schließen keine Ueberzeugung hervorzubringen vermöge. Er kritisirt die Logik als die Kunft der Definition, Division und Demonstration und polemistrt gegen den Aristoteles mit offenbarer Unkenntniß desselben, da Aristoteles sehr bestimmt den bloß formalen Schluß von demjenigen unterscheidet, der die Form als die des Inhaltes selber seht, und von erferent ausbrüclid fagt: ὁ συλλογισμος οὐ ποιήσει

41. Man ernur als formale nicht im Voraus Erkenntniß und

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