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bekanntes und Bedingtes gesucht werden. Die Relativität solcher Begriffe hat daher auch zur Folge gehabt, daß beide Methoden auf dieselbe Weise beschrieben find, worüber Bachmann im System der Logik S. 358. einen interessanten Fall aus der Geschichte der mathema= tischen Lehrbücher anführt. Mit Bewußtsein und Conse= quenz einer bestimmten Methode zu folgen, gelingt nur den Philosophen, die mit der Fruchtbarkeit des ideen= reichen Geistes eine gewisse künstlerische Anlage, Sinn für die harmonische Form, verbinden. Die Geschichte der Philosophie zeigt uns wenig Beispiele ächter Metho= dif. Die Menge taumelt in einem Wust von Bestimmungen umher, den sie durch äußerliche Eintheilungen oft mit dem Schein methodischer Strenge aufpußt, der innerlich aber ganz haltungslos ist. Noch öfter wird die Methode sogar für einen Zwang gehalten, welchen das Denken sich anthun soll. So wie die Zufälligkeit des Vorstellens ein Ende haben und die selbstständige Ordnung der Begriffe eintreten soll, wird über die Spanischen Stiefel geklagt, in welche der freie Geist sich einschnüren solle und die Methode als eine Krücke, deren nur der am Gedankenstechthum niederliegende Schulpedant bedürfe, verächtlich fortgeworfen.

Die nur analytische Methode hat an dem Einzelnen als einem Gegebenen eine Vorausse zung, die synthetische an dem Allgemeinen als einem unmittelbar durch sich gewiß Seinsollendem ebenfalls. Das empirisch Gegebene läßt man sich gefallen und die anfänglichen

Allgemeinheiten der Synthesis erlaubt man sich als Wahrheiten anzusehen, welche so sehr sich von selbst verftünden, daß alles Verlangen nach ihrer Rechtfertigung überflüssig sei. Allein mit dieser Annahme wird oft ein arger sophistischer Mißbrauch getrieben. Keine Wahrheit darf sich schämen, ihre Berechtigung zu erweisen und jede, welche diesen Nachweis als eine Majestätsbeleidigung ge= gen sich ablehnt, macht sich sofort verdächtig.

Die Einheit der analytischen und synthetischen Methode ist erst die wahre Methode, die dialektische. In ihr ist das Moment der Analysis, die identische Selbstbestimmung, Eines mit dem Moment der Synthesis, der Fortbestimmung zum Unterschiede. Das Andere, zu welchem die Entwicklung gelangt, ist nicht eine bloße Ergänzung, welche nach der Einsicht in den Mangel der vorangängigen Bestimmung als Supplement und Correctur postulirt werden müßte. Das Postuliren würde nur dem denkenden Subject gehören und die neue Bestimmung zur vorigen nur von Außen her und nur subjectiv hinzukommen. Vielmehr muß das Andere selbst das Andere des Anderen, sein Anderes sein. Die erstere Bestimmung continuirt sich positiv in die weitere hinein als in eine ihr an sich immanente. Das Hinausgehen einer Bestimmung über sich ist das objective, eigene Thun derselben, ein Sichselbstbegreifen, Sichselbst= beurtheilen, Sichselbstzusammenschließen. In dem dialektischen Zusammenhang der Begriffsmomente ist jedes Moment Totalität; jedes ist analytisch_und_synthe

tisch zugleich und, für einen besondern Cyklus von Bes griffen, ist es daher gleichgültig, von welchem das Er= kennen anfängt, denn jeder ist Anfang, jeder Mitte, je der Ende. Jeder Schlußsag ist allerdings ein durch die Beziehung zweier andern Urtheile vermitteltes Urtheil. Allein jedes dieser Urtheile ist an sich selbst Resultat zweier andern, so wie jedes Urtheil eines Schlußsages selbst wieder zur Prämisse in einem andern Schluß werden kann. In dem Panorama aller Begriffe kann daher jeder den logischen Werth des Obersages, Untersages oder Schlußfazes bekommen. Die Nichtbeachtung dieser Möglichkeit hat oft zu den leersten Streitigkeiten über die Stellung der Begriffe geführt. Ist jedoch einmal eine bestimmte Initiative mit einem Begriff gemacht, so wird in den Episyllogismen wie in dem Prosyllogismen eine bestimmte Ordnung, ein eigenthümlicher Progreß der Verknüpfung nothwendig. Indem durch die objective Dialektik der Inhalt gegen das erkennende Subfect, das erkennende Subject gegen den Inhalt frei ist, so kann man diese Unabhängigkeit mit Hegel als das Zusehen des Subjects zur Selbbewegung des Begriffs bezeichnen. Dies Zusehen ist aber nicht als ein Müßigsein des Denkenden vorzustellen, als ob jene Be= wegung, ohne sein 3nthun, ganz außer ihm selbst fiele. Jenes Zusehen soll nur die absolute Selbstständigkeit der Bestimmungen des Begriffs gegen das erkennende Subject ausdrücken, wie Feuerbach in dieser Hinsicht, die Negation der particulären Individualität recht prägnant

zu segen, sagte: Cogito, ergo omnis homo sum; und: cogito, ergo nemo sum. Das Denken macht den Ego zum Menschen und diesen, da er für das Sezen des Allgemeinen und Nothwendigen von sich als diesem zu abftrahiren hat, zum Niemand. Uebrigens gebraucht auch griftoteles ben ausbruck ἐπισκέψις, ἐπιβλέπειν für die Haltung des Erkennenden im Act des Begreifens.

Die Logik überhaupt kann die Methodik des Denkens genannt werden. Die methodologische Modification des Logik aber ist diejenige Gestaltung derselben, welche daraus entspringt, das der Begriff des Begriffs, Urtheils und Schlusses dem analytischen, synthetischen oder dialektischem Gange des Erkennens als Mittel untergeordnet wird. Eine vollkommen reine Durchführung nur der analytischen oder synthetischen Methode ist schwierig, weil jede dieser Methoden durch sich selbst zur entgegengeseßten führt und die dialektische allein, als ihre Einheit, von der Gefahr ihrer Einseitigkeiten frei ist.

1) Die analytische Logik.

Wir haben uns vorgeseht, jeden Standpunct, der fich aus dem Begriff des Denkens für eine besondere Gestaltung der Logik ergibt, auch durch ein geschichtliches Beispiel zu erläutern, um dadurch auch thatsächlich vie Gewißheit zu steigern, daß wir hier nicht blos abstracte Deductionen machen, vielmehr wirkliche Unterschiede des Denkens aus seinem Begriff darlegen, welche die Kraft gehabt haben, 'zu Momenten der concreten Entwickelung

der Wissenschaft zu werden. Die analytische Gestaltung der Logik gehört der Cartesianischen Philosophie an und trat zuerst bei Descartes in der Gestalt von Betrachtungen auf, diejenige Methode zu gewinnen, welche die meiste Gewißheit zu geben vermöchte. Mit dem Element der formalen Logik wollte er das alethiologische in seiner Methode vereinen. Diese selbst stellte er in verschiedenen Aufsägen unter der Form von Regeln auf, theils in den Briefen, theils in den Règles pour la direction de l'esprit, am reinsten aber in den trefflichen Discours de la Méthode pour bien conduire sa raison et chercher la vérité dans les sciences. Hier zeigt sich durchweg der analytische Chrakter des Philosophen, bis dahin, daß er mit einer unvergleichlichen Anatomie uns die ganze Geschichte seines philosophischen Bewußtseins erzählt und sich selbst als einen für die Analyse gegebenen Gegenstand behandelt. Er schildert uns seine Zustände, seine Situationen mit aller Umständlichkeit. Die Unordnung, Unregelmäßigkeit, Verworrenheit der alten Städte machte ihn aufmerksam, daß øft ein Werk, von Einem gemacht, vollkommener sei, als ein von vielen Meistern gearbeitetes.

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Le commencement de l'hiver m'arrêta en un quartier où, ne trouvant aucune conversation, qui me divertit, et n'ayant d'ailleurs, par bonheur, aucuns soins ni passions qui me troublassent, je demeurois tout le jour enfermè seul dans un poële, où j'avois tout le loisir, de m'entretenir de mes

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