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Mutterliebe.

Wo das Gebüsch geweihte Schatten streut,
Im Rasensiz, von Weiden überhüllet,
Ruht sie, im Schmucke holder Weiblichkeit
Die Mutter, die geheim den Säugling stillet.
Gesenkten Blicks, gleich einer Caritas,

weihte.

Durch Demuth hehr, wie die Gebenedeite.
Sieh, wie sie sich beim Wohlthun süß vergaß,
Ganz sich der Pflicht · ein Blüthenopfer
Sieh frommen Ernst mit Zärtlichkeit gemischt,
Der Jungfrau Reinheit bei der Gattin Treue;
Des Frohsinns Glanz durch Leiden halb verwischt;
Auf heitrer Stirn der Schmerzen erste Weihe.
Wie sie das Kind an ihren Busen drückt,
Mit holder Sorge zu ihm hingebogen,
Und wonnelächelnd auf den Sprößling blickt,
Den süße Müh' und zarte Angst erzogen.
Gleich einer Knospe, die ihr Dorn verlegt,

Zürnt nimmer sie der Ursach ihrer Schmerzen.
Der stumme Dank im Blick des Kinds ersezt
Die herbsten Leiden einem Mutterherzen!

Der ersten Freude mattes Morgenlicht,

Das sich auf ihres Kleinen Wangen zeigte,
Verklärt im Widerschein ihr Angesicht,
Wenn es auch thränenfeucht sich zu ihm neigte.
Durch Liebe stark, vermag ein Mutterherz
Den schönen Kranz von ihren Jugendtagen,
Verlächelnd des Verblühens leisen Schmerz,
Auf den Altar der Treue froh zu tragen.
Nicht fragend, ob verdienten Dankes Spur
Jm jungen Sinn sich löschte oder bliebe,

Sie spendet, wie die gütige Natur,

Ihr Zweck ist Wohlthun und ihr Wesen Liebe. Wohl uns, es knüpft des Weltenlenkers Hand, Wie an den Pappelstamm die Glockenwinden, Uns an der Mutterliebe zartes Band,

Eh' wir den Sturm des Schicksals noch empfinden.

Rutterliebe!

Allerheiligstes der Liebe!

Salis.

Ach! die Erdensprache ist so arm,
O, vernähm' ich jener Engel Chöre,
Hört' ich ihrer Töne heilig Klingen,
Worte der Begeist'rung wollt' ich singen:
„Heilig, heilig ist die Mutterliebe!"

Wie die Sonne geht sie lieblich auf,

Blickt herab, den Blick voll süßem Frieden,
Lächelt freundlich ihren jungen Blüthen
Und die Pflanze sproßt zum Licht hinauf.
Rauhe Stürme ziehen durch die Flur,
Und die junge Pflanze bebet;

Doch die Sonne blickt durch die Natur
Und die junge Pflanze lebet

Neu erwärmt von ihrem Blick und strebet
Höher noch zu ihrer Sonne auf.

Mutterliebe, du, du bist die Sonne!

O wie leuchtest du der Blüthe dóch so warm!

O wie heilig ist die Mutterwonne,

Wenn das Kind umschlingt der treue Arm!
So am Abend, so am Morgen,

Nie ermattet sie,

Wacht in Freuden, wacht in Sorgen,

Spät und früh;

Sie begießt mit Mutterthränen
Ihrer Augen Lust,

Wärmet sie mit stillem Sehnen
An der treuen Brust.

Süße Hoffnung schwellt die Mutterbrust,
Daß die Blüthe werd' zur Knospe keimen,
Früchte sieht sie in den süßen Träumen.
Heil'ge reine Mutterliebe,

Daß sich nie dein stiller Himmel trübe!

W. Hauff.

Erkennst du nicht, o Mensch, an diesem heil'gen Muttertriebe Der unsichtbaren Gottheit Liebe ?

Schiller.

Selber die Kirche, die göttliche, stellt nicht
Schöneres dar auf dem himmlischen Thron;
Höheres bildet

Selber die Kunst nicht, die göttlich geborne,
Als die Mutter mit ihrem Sohn.

Freudig sieht sie aus ihrem Schooße
Einen blühenden Baum sich erheben,
Der sich ewig sproffend erneut.
Denn sie hat ein Geschlecht geboren,
Welches wandeln wird mit der Sonne
Und den Namen geben der rollenden Zeit.

Greifenalter.

Schiller.

Sagt nicht mehr guten Morgen! guten Tag!
Sagt immer guten Abend! gute Nacht!
Denn Abend ist es um mich, und die Nacht
Ist nahe mir; o wäre sie schon da!

Uhland.

Rules, du ruhige, schließt sich in deinem Reiche; so kehret Auch zum Kinde der Greis kindisch und kindlich zurück. Schiller.

Der weise Greis ist ein Geweihter,
Ist ein Prophet der jungen Welt,
Ein Spiegel ihr, in den so heiter
Und klar die Abendsonne fällt.

Tiedge.

Laß nun schwinden die Bilder der Lust und der fröhlichen Jugend

Grünende Kränze, die einst heiter das Haupt dir

geschmückt,

Welk auch freuen die Kränze dich noch und die holden
Gestalten

Blühen in friedlicher Brust stiller und sinniger fort. Denn nicht scheidet das Leben von uns, wir scheiden vom Leben;

Nicht durch den Gott, es erlischt nur durch den
Priester die Gluth.

E. Schulz e.

Ruch du gingst einst, die Myrth' im Haare,

An Bräutigam's Arme zum Altare,

Frischblühend wie der Mai;

Auch du bist unter Blüthenkränzen
Umhergeschwebt in muntern Tänzen,
Von aller Sorge frei.

Ach nun, wie bleich dir deine Wangen,
Wie deiner Augen Licht vergangen,
So müde Seel' und Leib!

Ob Frühling blüh', ob Herbstlaub gelbe,

Dein Siz am Ofen stets derselbe,
Schon halb entschlummert Weib.

Und doch

ein Hauch! und deine Mängel

Sind abgefallen! Du ein Engel

Vor Gottes lichtem Thron!

Mühsam ist hier die Bahn zu wallen,

Schwer das Bestehen, leicht das Fallen,

Doch überreich der Lohn.

Schlaf.

Foucqué.

Schlummer und Schlaf, zwei Brüder, zum Dienste der Götter berufen,

Bat sich Prometheus herab, seinem Geschlechte zum Trost.
Aber den Göttern so leicht, doch schwer zu ertragen
den Menschen,

Ward nun ihr Schlummer uns Schlaf, ward nun ihr
Schlaf uns zum Tod.

Göthe.

Schlaf, du kindlicher Gott, du Gott der Kindheit!
Du Verjünger der Welt, die, dein entbehrend,
Rasch in wenig Stunden wäre gealtert.
Wunderthätiger Freund, Erlöser des Herzens!
Rings umstellt und bewacht am hellen Tage
Ist das Herz in der Brust und unzugänglich
Für die leiseren Genien des Lebens;
Denn ihm wandeln voran auf allen Wegen
Die Gedanken, bewaffnet, als Lictoren,
Schreckend und verscheuchend lieblichen Zauber.
Aber in der Stille der Nacht, des Schlummers,
Wacht die Seele heimlich und lauscht wie Hero,

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