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Doch wie auch rasch verweht das Leben,
Wie kurz die zugemessne Zeit,

Du schaust mit staunendem Erbeben
Doch in das Aug der Ewigkeit.

GottschaII.

Das Leben ist ein Feuer, die Luft muß es erquicken; Sobald die Luft ihm fehlt, wird es in sich ersticken.

Rückert.

Leben, heil'ger Adelsbrief,
Dem Geschöpfe mitgegeben,
Als die erste Lust es rief!
Ausgespannt die Sonnenarme,
Aufgethan dein Segensherz,
Daß es ganz an dir erwarme,
Dich umrank' in Freud' und Schmerz!

Sieh der Erde weite Länder,

Sieh der Himmel endlos Zelt,

Und so weit das Meer die Bänder
Seiner Fluth hinausgeschwellt:

Unersättlich, unabwendig,

Freu'n sich alle Wesen dein:

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Man lebt nicht zweimal und wie groß ist deren Zahl,

Die leben auf der Welt auch einmal nicht einmal.

Rüdert.

Das Menschen Leben ist

Ein kurzes Blühen und ein langes Welken.
Durch diesen einfach langen Wechsel zieht
Der Jahreszeiten schneller, bunter Tausch,

Und schafft dem Menschen, der, dazwischen stehend,
Nicht folgen kann, so mannigfaches Weh.

Denn, wann der Herbst das Feld entblümt, entlaubt,
Da trübt sich selbst des frischen Jünglings Sinn,
Er muß das Alter kosten vor der Zeit.

Noch schmerzlicher, wann sich der Lenz belebt,
Da will des Greisen Wange neu sich röthen,
Sich zu verjüngen meint das matte Herz;
Ach! kurze Täuschung nur!

Der dürre Stamm er treibt ein schwaches Laub,
Doch zu gesunder Blüthe bringt er's nicht.

Uhland.

Dies Leben ist mit seiner Lust ein eiliges,
Mit allen seinen Freuden ein einstweiliges.
Das Gnügende zum Abschluß fehlt und immer sucht
Zu seinem Heil der Geist ein Ew'ges, Heiliges.

Das Leben ist das schönste doch im Leben.

Leben muß im Kampf erstarken,
Bis an seine lezten Marken.
Kampf ist Flügelschlag des Alls,
Brausen seines Wasserfalls.

Rückert.

A. Grün.

Wo nur rauscht des Lebens Schleppe,
Wühlt sie Kampfesstaub umher,
Und ein Schlachtfeld ist die Steppe,
Und ein Schlachtfeld ist das Meer.

Gottschall.

Seele und Leib.

Die Seel ist ein Krystall, die Gottheit ist ihr Schein, Der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beiden Schrein. Angelus Silesius.

Die Seele hätte nicht des Leibs bedurft, sie hätte

Zufrieden können sein mit freier Aetherstätte;
Allein der Seele hat bedurft der Leib zu leben;
Wie ohne Seele konnt' er sich vom Staub erheben?
Weil nun der Leib, beseelt von einer Seel', ist schön,
Dank sei der Seele, die herabkam von den Höhn!
und mög' ein Weilchen hier zu wohnen ihr gefallen,
Bis lieber körperlos sie will im Aether wallen.

Rückert.

Ich bitte, wollet mir nur Seel' und Leib nicht scheiden;
Vertragen lasset sich, so gut es geht, die beiden.
Ich bitte, macht nicht weiß dem eingebildten Ding,
Der Seel, es sei der Leib für sie viel zu gering.
Seht ihr nicht in den Kopf, daß gut nur sei das Gute
Das sie vollbringt und nicht auch etwas lieg' im Blute.
Bringt ihr den Wahn nicht bei, daß ihrem Adel sei
Nichts angemessen, als zu werden Leibes frei.
Beweiset ihr vielmehr, daß ihr nicht minder noth
Der Leib ist, als sie ihm, und Gott es so gebot.
Macht ihr begreiflich, daß sie selber haben muß,
Wenn sie nicht lahm will sein, zum Handeln Hand
und Fuß.

Erkläret ihr, daß sie den Leib nur soll verklären,
Um den verklärten mitzunehmen zu den Sphären;
Weil ohne Leib sich dort zurecht nicht würde finden,
Noch ihre Seligkeit die Seele ganz empfinden.

Rückert.

Es ist der Geist, der sich den Körper baut.

Schiller.

Denn Geist und Körper innig sind sie ja verwandt;
Ist jener froh, gleich fühlt sich dieser frei und wohl,
Und manches Uebel flüchtet vor der Heiterkeit.

Vielleicht ist unser unerforschtes Ich

Göthe.

Vor scharfen Augen nur ein dunkler Strich,,
In dem sich wunderbar zwei Welten schneiden.

Seele, die du unergründlich

Tief versenkt, dich ätherwärts

Schwingen möchtest und allstündlich

Lenau.

Dich gehemmt wähnst durch den. Schmerz,
An den Taucher, an den stillen,
Denke, der in finstrer See

Fischt nach eines Höhern Willen:
Nur vom Athem kommt sein Weh.
Ist die Perle erst gefunden
In der öden Wellengruft,
Wird er schnell emporgewunden,
Daß ihn heilen Licht und Luft;
Was sich lange ihm verhehlte,
Wird ihm dann auf einmal klar:
Daß, was ihn im Abgrund quälte,
Eben nur sein Leben war.

Du seltsam räthselhaft Geschöpf aus Thon,
Mit Kräften,

Hebbel.

Die leben, wühlen, zischen wie zum Hohn;

In allen Säften,

O bade deinen wüsten Fiebertraum

Im einz'gen Quell, der ohne Schlamm und Schaum.
Anette v. Droste-Hülshof.

Bedenke, daß ein Gott in deinem Leibe wohnt,

Und vor Entweihung sei der Tempel stets verschont !
Du kränkst den Gott in dir, wenn Du den Lüsten

fröhnest,

Und mehr noch, wenn Du in verkehrter Selbstqual
stöhnest.

Gott stieg herab, die Welt zu schaun mit deinen Augen;
Ihm sollst du Opferduft mit reinen Sinnen saugen.
Er ist, der in dir schaut und fühlt und denkt und spricht;
Drum was du schaust, fühlst, denkst und sprichst, sei
göttlich, licht.

Rückert.

Hängt ihr den Kopf, daß zur Erd' er sich richte,
Schaut ihr dort Würmer und andres Gezüchte;
Tretet als Riesen

Sie mit den Füßen!

Heb' ich den Kopf hoch nach himmlischen Fernen,
Schau ich dort Sonnen und Meere von Sternen,
Bet' ich und wein' ich,

Fühlend, wie klein ich!

3. Kerner.

Menschenantlig! Wundervoller Spiegel;

Vom lauen Hauch der Gottheit leis umflossen,
Du heilig Buch, in dessen Purpursiegel,

Des Himmels ew'ge Räthsel tief verschlossen!

A. Grün.

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