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Es werden immer aus den Schaaren
Hervor erhabne Seelen gehn,
Die unverleßlich die Gefahren
Der Zeitenpestilenz bestehn.

Die sind der Menschheit Licht und Leiter
Vor ihnen wird es hell und klar;
Sie schreiten vor durch die Gefahr
Und führen Menschenseelen weiter.
Ein sieggewisser Göttermuth
Bezeichnet leuchtend diese Hohen;
Sie sind die heiligen Heroen,
Auf denen Gottes Vollmacht ruht.

Nur der große Gegenstand vermag

Tiedge.

Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;
Im engern Kreis verengert sich der Sinn,

Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.
Schiller.

Willst du die Menschheit studiren, studire nur fleißig die Menschen!

Aber um menschlich zu sein, forsche im Buch der Natur.

Hier Elemente liegen.

Wie Raufer in dem Haar
Einander und bekriegen
Sich wechselnd immerdar.

Es blitt das rothe Feuer

Aus Wolkenwall mit Macht,
Und donnert ungeheuer,
Als wie zu rechter Schlacht.

Göthe.

Es schüttelt sich die Erde,
Die tief im Herzen brennt
Und wirft mit Drohgeberde
Gestein an's Firmament.
Das Meer daneben bäumet
Als ein unbändig Roß
Zum Kampfe sich und schäumet
Auf Erd' und Himmel los.
Der Sturmwind schnaubt dazwischen
Mit allgemeinem Braus,

Luft, Erd' und Meer zu mischen
In eines Chaos Graus.
Der Mensch, das schwache Leben,
Steht mitten drein gebannt,
Und fühlt mit dumpfem Beben
Der rohen Kämpfer Hand.
Da wird's ihm wild zu Sinnen;
Am großen Weltgefecht
Auch Antheil zu gewinnen,
Erwürgt er sein Geschlecht.

Und bald so ungeheuer

Beginnt er, daß zum Schluß

Ihm Luft, Meer, Erd' und Feuer

Den Vorrang lassen muß.

Die Gränzen der Menschheit.

Rückert.

Was uns die Natur zu sein vergönnt hat,

Mehr oder minder kann der Mensch nicht werden,

Auf des Berges Gipfel oder im Thale

Bleibt er, was er ist, und wird nicht größer;

Schöpf' er aus dem Brunnen oder Weltmeer Dort und hier erfüllt er nur sein Krüglein.

And der Mensch hat seine Gränzen,
Gränzen, über die hinaus

Sich sein Muth im Staube windet,
Seiner Klugheit Aug' erblindet,
Seine Kraft wie Binsen bricht
Und sein Innres zagend spricht :
Bis hierher und weiter nicht.

Wenn der uralte

Herder.

Grillparzer.

Heilige Vater

Mit gelaffener Hand
Aus rollenden Wolken

Segnende Blize,

Ueber die Erde sä't,
Küß ich den lezten

Saum seines Kleides,
Kindliche Schauer
Treu in der Brust.

Denn mit Göttern

Soll sich nicht messen
Irgend ein Mensch.
Hebt er sich aufwärts
Und berührt

Mit dem Scheitel die Sterne,

Nirgends haften dann
Die unsichern Sohlen
Und mit ihm spielen
Wolken und Winde.
Steht er mit festen

Markigen Knochen

Auf der wohlbegründeten
Dauernden Erde;

Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe

Sich zu vergleichen!

Göthe.

Yom Ew'gen losgeriffen, das Erd' und Himmel hält, Schwankt alles Thun der Menschen und jede Größe fällt.

Gottschall.

Der Mensch durch Liebe mit dem Weltall verbunden.

Wenn die Sonne hoch und heiter

Lächelt, wenn der Tag sich neigt,
Liebe bleibt die goldne Leiter,
Drauf das Herz zum Himmel steigt.
Ob der Jüngling fie empfinde,
Den es zur Geliebten zicht,
Ob die Mutter sie dem Kinde
Sing' als süßes Wiegenlied;

Ob der Freund dem Freund sie spende,
Den er fest im Arme hält,

Ob der hohe Greis sie wende
Auf den weiten Kreis der Welt;

Ob der Heimath sie der Streiter
Zolle, wenn er wund sich neigt,
Liebe bleibt die goldne Leiter,
Drauf das Herz zum Himmel steigt.

Allmächt'ge Liebe! Göttliche! wohl nennt

Geibel.

Man dich mit Recht die Königin der Seelen!

Dir unterwirft sich jedes Element,

Du kannst das Feindlichstreitende vermählen;
Nichts lebt, was deine Hoheit nicht erkennt.

Lieb' ist höher Leben im gemeinen.

Je mehr du fremdes lieben kannst,
So herzlicher und wärmer;
Je mehr aneignend du gewannst,
Am Eignen selbst nicht ärmer.

Seelenkräfte des Menschen.

Schiller.

Uhland.

Nücert.

Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter
Des göttlichen Hauptes, weise Gründerin
Des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,
Wer bist du denn, wenn du dem tollen Roß
Des Aberwißes an den Schweif gebunden,
Ohnmächtig rufend mit dem Trunkenen
Dich sehend in den Abgrund stürzen mußt.

Schiller.

Wohl dir, wenn die Vernunft immer im Herzen dir wohnt!

Schiller.

Zwiespältig ist Verstand und kann oft mißverstehn; Gefühl, das mit sich eins, kann niemals irre gehn.

Rückert.

Des Menschen Thaten und Gedanken, wißt,
Sind nicht wie Meeres blind bewegte Wellen.
Die innre Welt, sein Mikrokosmus, ist
Der tiefe Schaft, aus dem sie ewig quellen.

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