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Tränkt sein Herz, wenn Blize knisternd Küssen seine schwarzen Haare. Das Gewitter ist vollbracht,

Stille ward die Nacht;

Heiter in die tiefsten Gründe
Ist der Himmel nach dem Streite;
Wer die Waldesruh verstünde,
Wie Merlin, der Eingeweihte.

Frühlingsnacht! kein Lüftchen weht,
Nicht die schwanksten Halme nicken,
Jedes Blatt, von Mondesblicken
Wie bezaubert, stille steht.
Still die Götter zu beschleichen
Und die ewigen Geseße,

In den Schatten hoher Eichen
Wacht der Zaubrer, einsam sinnend,
Zwischen ihre Zweige spinnend
Heimliche Gedankenneße.

Stimmen, die den Andern schweigen,
Jenseits ihrer Hörbarkeiten

Hört Merlin vorübergleiten,
Alles rauscht im vollen Reigen.
Denn die Königin der Elfen
Oder eine kluge Norn,
Hält, dem Sinne nachzuhelfen,
Ihm an's Ohr ein Zauberhorn.
Rieseln hört er, springend schäumen
Lebensfluthen in den Bäumen ;

Vögel schlummern auf den Aesten
Nach des Tages Liebesfesten;
Doch ihr Schlaf ist auch beglückt;

Lauschend hört Merlin entzückt
Unter ihrem Brustgefieder

Träumend ihre künft'gen Lieder.
Klingend strömt des Mondes Licht
Auf die Eich' und Hagerose,

Und im Kelch der feinsten Moose
Tönt das ewige Gedicht.

Lenau.

Berge.

Aber wo bin ich! es birgt sich der Pfad; abschüssige Gründe

Hemmen mit gähnender Kluft hinter mir, vor mir den Schritt.

Hinter mir blieb der Gärten, der Hecken vertraute

Begleitung,

Hinter mir jegliche Spur menschlicher Hände zurück. Nur die Stoffe seh' ich gethürmt, aus welchen das Leben

Keimet, der rohe Basalt hofft auf die bildende Hand, Brausend stürzt der Gießbach herab durch die Rinne des Felsens,

Unter den Wurzeln des Baums bricht er entrüstet sich Bahn.

Wild ist es hier und schauerlich öd. Im einsamen Luftraum,

Hängt nur der Adler und knüpft an das Gewölbe die Welt.

Hoch herauf bis zu mir trägt keines Windes Gefieder Den verlornen Schall menschlicher Mühen und Lust.

Schiller.

Auf den Bergen ist Freiheit! der Hauch der Grüfte
Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte;

Die Welt ist vollkommen überall,

Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.

Den hat die Freiheit nie berührt,
Den hat mit ihren Zaubermächten
Sie nie erhöht zu Kindesrechten,
Der sie im Alpenhauch nicht spürt

Schiller.

3. G. Fischer.

Stolzer Riese, eisbepanzert ragst du starr und einsam auf,

Tauchst dein Haupt tief in den Himmel, und die Sterne ruhen drauf,

Und des Himmels Wolken flattern um die Brust dir, als Gewand;

Weithin deiner Füße Schämel ist der Erde Berg und Land.

Stehst wohl schon seit grauen Jahren als des Berglands Wächter hier,

Schaust hinaus in weite Lande, Völker blicken auf
zu dir!

Stiller Wächter, alter, grauer, wärst du nicht von
Eis und Stein,

Hättest zornig wohl geschüttelt oft den greisen Schei=
tel dein.

Nun sterben die Laute beseelter Natur.

Dumpstosend umschäumen Gewässer mich nur,
Die hoch an schwarzen Gehölzen

Dem Gletscher entschmelzen.

Wo Felsen den wüthenden Stromfall umdräun, Da wandl' ich im Schauer der Wildniß allein, Und seh mit traurigem Sinnen

Die Fluthen verrinnen.

Hier wandelte nimmer der Odem des Mai's;
Hier wiegt sich kein Vogel auf duftendem Reis;
Nur Moos' und Flechten entgrünen

Den wilden Ruinen.

Jest neigt sich allmählig von eisigem Plan
An brauner Granitwand hinunter die Bahn,
Wie dräun, halb dunstig umflossen

Die Felsenkolossen!

Oft reißen hoch aus der Umwölkungen Schooß
Mit Donnergetöse die Blöcke sich los,
Daß rings in langen Gewittern

Die Gipfel erzittern.

Tief schlummert hier unter dem Trümmergestein Am einsamen Kreuz der Erschlagnen Gebein; Der Wandrer meidet mit Schauer

Die Stätte der Trauer.

Dort senkt sich, so schaurig und still wie die Gruft, Ein Pfad über Schiefer aus nächtlicher Kluft, Wo Todesahnungen walten,

Um gräßliche Spalten.

Ihn wandelt der Jäger der Gemse, im Graun Der feuchtenden Wolke, mit kühnem Vertraun Und späht, im treuen Geleite

Der Hunde, nach Beute.

Bald endet am schwankenden Steege die Kluft;
Wie lieblich sich unten in magischem Duft

Die Pyramidengestalten,

Der Tannen entfalten!

Es senkt sich der Abend. Im röthlichen Schein Winkt unter den Felsen, am Lerchenbaumhain, Die Eremitenkapelle

Mit moosiger Zelle.

Matthison.

Wie einsam hier, du findest keine Spur
Der Adler, wilder Gemsen, flücht'ger Rehe
Und doch lebt hier gewaltig die Natur,
Sie lebt der eignen Lust, dem eignen Wehe.
Dies Leben lebst du selbst dir, o Natur

Nicht einem sterblichen Geschöpf zur Weide;
Erkenn es, stolzer Mensch: es hat die Flur
Ihr eignes Weh und ihre eigne Freude.
Hier bete, Mensch! Hier bete warm und treu,
Bevor du wanderst von der hehren Stelle;
Hier sahst du in der stillen Siedelei
Den Schöpfer selbst in stummer Felsenzelle.

Warst je du eine Nacht auf Alpenhöhen ?
Driesengroß ist solch' ein Nachtgebilde.
In Luft und Tiefen welch' ein dumpf Getön!
Du hörst es, wie der Erde Athem quilt,
Der schlummernden, aus tiefstem Grund empor.
Die Nebeldünste siehst du dämm’rig brauen,
Sie zieh'n und wallen, wie ein Geisterflor,
Du wähnst der Erde Riesentraum zu schauen.
Es glänzen die Gestirne groß und rein,
In tausend Welten blickst du hoch hinein.

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