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O aller Menschen Seele sei
So lichtvoll und so rein!

Wir seh'n das an und denken noch
Einfältiglich dabei:

Woher der Reif, und wie er doch
Zu Stand gekommen sei?

Denn gestern Abend, Zweiglein rein,

Kein Reifen in der That!

Muß Einer da gewesen sein,

Der ihn gestreuet hat.

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Ein Engel Gottes geht bei Nacht

Streut Reifen hier und dort,

Recht heimlich, denn wenn man erwacht,

Ist er schon wieder fort.

Luftspiegelung.

seht, o Wunder, sehet,

Aus offenbarem Meer

Strahlt, wenig Meilen ferne,
Die größte Stadt einher!

Auf hohem Inselrücken

Hebt sie mit Thurm und Thor,
Mit Schlössern und Palästen,
Sich aus der Wog' empor.

Da theilt den Morgennebel

Ein klarer Strahl des Lichts

Claudius.

Und eh' die Möv' aufflattert,
Verschwindet sie in Nichts.

Und wo die sel'ge Thule

Noch eben vor mir schwamm,
Da wälzt sich jezt schon wieder
Der öde Wogenkamm.

So wähnt das Herz auf Erden
So nahe oft sein Glück;
Doch will sich's freudig nahen,
Weicht plößlich es zurück.
Wo liegt die selg'e Thule,
Wo liegt die sel'ge Stadt,
Die jedes Herz gesehen,
Doch nie erreichet hat!

Ach, nur ihr blaffer Schatten

Fällt in die Welt des Wahns,

Sie selber lieget jenseit

Des Erdenoceans!

Meinhold.

Regen.

Thun die Himmel sich auf und regnen, so träufelt das

Wasser

Ueber Felsen und Graz, Mauern und Bäume zugleich, Kehret die Sonne zurück, so verdampfet vom Steine die Wohlthat;

Nur das Lebendige hält Gaben der Göttlichen fest.

Göthe.

Wenn, in Wolken und Dünste verhüllt, die Sonne nur

trübe

Stunden sendet, wie still wandeln die Pfade wir fort!

Dränget Regen den Wandrer, wie ist uns des ländlichen Daches

Schirm willkommen! wie sanft ruht sich's in stürmischer

Nacht!

Aber die Göttin kehret zurück! Schnell scheuche die

Nebel

Von der Stirne hinweg! Gleiche der Mutter Natur! Göthe.

Der Himmel weinet Freudenthränen

Und tränkt das Land. Die Erde lacht Und sucht zu ihrer Frühlingspracht Viel tausend Wege sich zu bähnen. Bemerkt das liebliche Geräusch

Von dem so lang ersehnten Regen!
Erwägt in ihm den Nahrungssegen!
Es tröpfelt Milch, es regnet Fleisch.
Es fäuseln jezt gelinde Winde,

Der rauhe Nordwind schnaubt nicht mehr;
Es öffnet hunderttausend Münde
Des Grases und der Kräuter Heer.
Es kommt dem aufmerksamen Ohr
Beim Frühlingsregen gleichsam vor,
Als könnt' es von den zarten Röhren
Das Schmaten ihres Saugens hören.
Dem gestern noch kaum Grünen schien
Ein ganz besonders lebend Grün,
Das Aug und Herz und Geist erfrischt,
In einer Nacht noch zugemischt.

Es schien bedeckt mit Glanz und Schein

Fast aus den Wolken ausgegossen,

Im Regen mit herabgeflossen,
Und fast kein irdisch Grün zu sein.
Es ist, wenn es das Licht durchstrahlet
Und das durchlaucht'ge Laub durchbricht
Jlluminirt mehr, als gemalet

Und gleichsam selbst ein grünes Licht.

Ich lausche in das mitternächt'ge Schweigen,
Mein Auge wacht

Broces.

Es rauscht der Regen in bewegten Zweigen
So heimlich sacht.

Natur weint wieder, voll von süßen Schmerzen,
Sich aus einmal,

Wie eine Jungfrau weint aus tiefem Herzen,
In Sehnsuchtsqual.

Doch mit dem Morgen trocknet sie die Thränen,
Ihr Antlig lacht

Und niemand ahnt und weiß dann um ihr Sehnen
In stiller Nacht.

Frankl.

Die Lüfte rasten auf der weiten Haide;
Die Disteln sind so regungslos zu schauen,
So starr, als wären sie aus Stein gehauen,
Bis fie der Wandrer streift mit seinem Kleide.
Und Erd und Himmel haben keine Scheide,
In Eins gefallen sind die nebelgrauen,
Zwei Freunden gleich, die sich ein Leid vertrauen,
Und Mein und Dein vergessen traurig Beide:
Und plößlich wankt die Distel hin und wieder
Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,
Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen.

Der Wandrer hört den Regen niederbrausen,
Er hört die windgepeitschte Distel sausen
Und eine Wehmuth fühlt er, nicht zu sagen.

Lenau.

Droben im hohen Gebirg da regnet es, aber die Thäler Dursten und sehen mit Neid nur den geschwollenen Bach, Der vom Guffe getrübt, doch nicht sich selber ergießend, Mit mißgünstiger Eil' ihnen vorüber sich wälzt.

Rückert.

Es glänzt die Regenfluth, der finstern Nacht entsunken, Manchmal im Wetterschein wie diamant'ne Funken. So kann in banger Nacht ein Strom von heißen Zähren Im hellen Wetterschein des Unglücks sich verklären.

Lenau.

Gewitter.

Und die Gewitterwinde! sie tragen den Donner!
Wie sie rauschen, wie sie die Wälder durchrauschen!
Und nun schweigen sie. Langsam wandelt
Die schwarze Wolke.

Seht ihr den neuen Zeichen des Nahen, den fliegenden

Strahl?

Hört ihr hoch in der Wolke den Donner des Herrn? Er ruft: Jehova! Jehova! Jehova!

Und der geschmetterte Wald dampft!

Dünste steigen auf und werden

Klopstock.

In den Wolken Bliß und Donner
Oder Regentropfen.

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