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Also kommen des Menschen Gedanken,
Kommen die Thaten als Schuld und Sühne,
Fortzuraffen im Sturm die Brust,
Kommen wie Lebens- und Todeslust
Am Himmel der Seele heraufgezogen.
Mächtig schreitet im Kampf die Handlung
Ueber der Welt und des Himmels Bühne,
Nichts ist beständig, Alles ist Wandlung,
Unten das ewige Räthsel der Welt,
Oben die Wolken am Himmelszelt;
Täuschende Blicke dazwischen kaum
Lächeln wie Friede, ein kurzer Traum,
Und eher nicht legt sich das Toben und Pochen
Bis Eichen und Herzen vom Sturm zerbrochen.
Aus den Wolken fällt

Das Loos der Erde;

Wie die Wolkenwelt

Wandeln die Menschen Sinn und Geberde,
Ein rastlos Bewegen,

Biz die Wogen sich legen.

In Wetterflüssen

Und Donnerschlägen,

Unter Hassen und Küssen

Wolken und Menschen von dannen müssen.

Seh' ich so am klaren, blauen

Himmel dich vorüberziehn

3. G. Fischer.

Wolke, mit den leichten Schwingen,
Wolke, mit dem ros'gen Glühn:
Kann ich mir nichts Andres denken,
Als daß du, so mild umstrahlt,

Ein Gedanke seist des Himmels,
Der an seiner Stirn sich malt.

Wolken seh ich abendwärts

Ganz in reinste Gluth getaucht,
Wolken ganz in Licht zerhaucht,
Die so schwül gedunkelt hatten.
Ja! mir sagt mein ahnend Herz:
Einst noch werden, ob auch spät,
Wann die Sonne niedergeht,
Mir verklärt der Seele Schatten.

Rastlos im Fluge

Ueber uns hin

Eilend die Wolken

Vorüberziehn;

Und wie sie gehn,

Wandernd im Zuge,

Keine von allen wir wiedersehn.

3. N. Vogl.

Uhland.

Der treuste Wolkenbote selbst zerstiebt,

Zedlik.

Eh' er die Fern erreicht, wohin man liebt.

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Wenn Alles Feierabend macht,

Da kommt der Thau um Mitternacht
Ganz still und mild aus Gottes Hand
Herab auf's durst'ge dürre Land.

Und macht die Blumen wieder frisch,

Gießt Balsamtropfen auf's Gebüsch,

Göthe.

Erquickt die Wiese, Au und Flur,
Und stärkt die schlafende Natur.

Das thut der Thau in stiller Nacht,

Wenn Alles schläft und nichts mehr wacht;
Der Tugend gleich, die mild und gut

Auch nur im Stillen Gutes thut.

Wehnert.

Die Sonn' erquickt, doch kann sie auch verzehren,
Doch friedlich schafft der nächtlich stille Thau,
Ihm g'nügt es nicht, zu tränken und zu nähren,
Er breitet hold den Himmel auf die Au;
Die Rose muß zur Sonne sich verklären,
Das Veilchen sich zum luft'gen Sternenblau.
Doch nur zu bald zerrinnt sein zarter Schimmer
Und nur sein Bild, die Perle leuchtet immer.
Ernst Schulze.

Jeder Halm hat doch sein Tröpflein
Vom gesammten Morgenthau
Und ein jedes Blumenköpflein
Hebt sich frisch in Wald und Au.

Wär' auch nichts von Gott ersonnen,
Als dies stille Segensspiel,
Dankt ich doch dem Freudenbronnen
Der so leis zur Erde fiel.

Die Rose stand im Thau,
Es waren Perlen grau.
Als Sonne sie beschienen
Wurden sie zu Rubinen.

K. Mayer.

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Auf den Wald und auf die Wiese,
Mit dem ersten Morgengrau
Träuft ein Quell vom Paradiese
Leiser, frischer Maienthau;
Was den Mai zum Heiligthume
Jeder süßen Wonne schafft,

Schmelz der Blätter, Glanz der Blume,
Würz' und Duft ist seine Kraft.

Wenn den Thau die Muschel trinket,
Wird in ihr ein Perlenstrauß;
Wenn er in den Eichstamm sinket,
Werden Honigbienen draus;
Wenn der Vogel auf dem Reise
Kaum damit den Schnabel nezt,
Lernet er die helle Weise,
Die den ernsten Wald ergeht.
Mit dem Thau der Maienglocken
Wascht die Jungfrau ihr Gesicht,
Badet sie die goldnen Locken
Und sie glänzt von Himmelslicht;
Selbst ein Auge, roth geweinet,
Labt sich mit den Tropfen gern,
Bis ihm freundlich niederscheinet,
Thaugetränkt, der Morgenstern.
Sink denn auch auf mich hernieder
Balsam du, für jeden Schmerz,
Neh auch mir die Augenlider
Tränke mir mein dürstend Herz!
Gib mir Jugend, Sangeswonne,
Himmlischer Gebilde Schau,
Stärke mir den Blick zur Sonne
Leiser frischer Maienthau!

Uhland.

Nebel.

Du trüber Nebel hüllest mir
Das Thal mit seinem Fluß,

Den Berg mit seinem Waldrevier
Und jeden Sonnengruß.

Nimm fort in deine graue Nacht

Die Erde weit und breit!

Nimm fort, was mich so traurig macht,
Auch die Vergangenheit.

Wenn Nebel dich umhüllen dicht,

So ist's meist oben hell und licht;
Sie sind dann schon im Sinken;
Bald wird das Licht dir winken.

Lenau.

Reif.

Seht meine lieben Bäume an,
Wie sie so herrlich stehn,
Auf allen Zweigen angethan
Mit Reifen wunderschön!

Von unten an bis oben 'naus

Auf allen Zweigelein,

Hängt's weiß und zierlich, zart und kraus

Und kann nicht schöner sein.

Und alle Bäume rund umher,
Al' alle weit und breit,

Stehn da, geschmückt mit gleicher Ehr',
In gleicher Herrlichkeit.

Wie schön, wie schön ist unser Wald

Dort Nebel überall,

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