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Golz.

Prinz, gieb den Degen, rath' ich, hin und schweig!

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-Du hast zu zeitig, wie wir gleich gesagt,
Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war,
Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen!

Prinz von Homburg.

Helft, Freunde, helft! ich bin verrückt.

Golz (unterbrechend).

Still! still!

Prinz von Homburg.

Sind denn die Märkischen geschlagen worden?

Hohenzollern (stampft mit dem Fuss auf die Erde).

Gleichviel!-Der Satzung soll Gehorsam sein.

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Vielleicht bist du schon morgen wieder los.

(Der Kurfürst legt die Briefe zusammen, und kehrt wieder in den Kreis der

Offiziere zurück.)

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Prinz von Homburg (nachdem er sich den Degen abgeschnallt).
Mein Vetter Friedrich will den Brutus spielen,
Und sieht, mit Kreid' auf Leinewand verzeichnet,
Sich schon auf dem curulschen Stuhle sitzen:
Die schwed'schen Fahnen in dem Vordergrund,
Und auf dem Tisch die märk'schen Kriegsartikel.
Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn,
Der unter'm Beil des Henkers ihn bewundert.
Ein deutsches Herz von altem Schrot und Korn,
Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe;
Und wenn er mir in diesem Augenblick,
Wie die Antike starr entgegenkommt,

Thut er mir leid, und ich muss ihn bedauern !

(Er giebt den Degen an den Offizier und geht ab.)

Kurfürst.

Bringt ihn nach Fehrbellin, in's Hauptquartier,

Und dort bestellt das Kriegsrecht, das ihn richte.

(Ab in die Kirche. Die Fahnen folgen ihm, und werden, während er mit seinem Gefolge an dem Sarge Frobens niederkniet und betet, an den Pfeilern derselben aufgehängt. Trauermusik.)

ΙΟ

FÜNFTER Akt.

Zweiter Auftritt.

(Der Kurfürst.-Späterhin zwei Bediente.)

Kurfürst.

Seltsam !-Wenn ich der Dey von Tunis wäre,
Schlüg' ich bei so zweideut'gem Vorfall Lärm ;
Die seidne Schnur legt' ich auf meinen Tisch,
Und vor das Thor, verrammt mit Pallisaden,
Führt' ich Kanonen und Haubitzen auf.
Doch weil's Hans Kottwitz aus der Priegnitz ist,
Der sich mir naht, willkührlich, eigenmächtig,
So will ich mich auf märk'sche Weise fassen:
Von den drei Locken, die man silberglänzig
Auf seinem Schädel sieht, fass' ich die eine,

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Und führ' ihn still mit seinen zwölf Schwadronen
Nach Arnstein in sein Hauptquartier zurück.

Wozu die Stadt aus ihrem Schlafe wecken?

(Nachdem er wieder einen Augenblick an's Fenster getreten, geht er an den Tisch und klingelt; zwei Bediente treten auf.)

Spring doch herab und frag', als wär's für dich,

Was es im Stadthaus giebt.

Erster Bedienter.

Gleich, mein Gebieter !

Kurfürst (zu dem Anderen).

Du aber geh, und bring' die Kleider mir!

(Der Bediente geht, und bringt sie; der Kurfürst kleidet sich an und legt seinen fürstlichen Schmuck an.)

Dritter Auftritt.

(Feldmarschall Dörfling tritt auf.-Die Vorigen.)

Feldmarschall.

Rebellion, mein Kurfürst!

Kurfürst (noch im Ankleiden beschäftigt).

Ruhig, ruhig !

Es ist verhasst mir, wie dir wohl bekannt,
In mein Gemach zu treten, ungemeldet!
-Was willst du?

Feldmarschall.

Herr, ein Vorfall-du vergiebst !

Führt von besonderem Gewicht mich her.
Der Obrist Kottwitz rückte, unbeordert,
Hier in die Stadt; an hundert Offiziere
Sind auf dem Rittersaal um ihn versammelt;
Es geht ein Blatt in ihrem Kreis herum,
Bestimmt in deine Rechte einzugreifen.

Kurfürst.

Est ist mir schon bekannt!-was wird es sein,
Als eine Regung zu des Prinzen Gunsten,

Dem das Gesetz die Kugel zuerkannte.

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Feldmarschall.

So ist's! beim höchsten Gott! du hast's getroffen.

Kurfürst.

Nun gut!-so ist mein Herz in ihrer Mitte.....

FRANZ GRILLPARZER.

[Scherer D. 694, E. II. 312.]

Geboren 1791 zu Wien, studierte in seiner Vaterstadt die Rechte, trat 1813 als Konceptspraktikant bei der kaiserlichen Hofkammer in den österreichischen Staatsdienst, ward 1832 als Archivdirector bei der Hofkammer angestellt und trat 1856 in den Ruhestand. Er starb 1872. Von seinen Stücken wurden aufgeführt: Die Ahnfrau', eine Schicksalstragödie, 1817, 'Sappho 1818, die Trilogie des goldenen Vliesses (Der Gastfreund', 'Die Argonauten', 'Medea') 1821, König Ottokars Glück und Ende' 1825, 'Ein treuer Diener seines Herrn' 1828, 'Des Meeres und der Liebe Wellen' 1831, 'Der Traum ein Leben' 1834. Sein Lustspiel 'Weh' dem der lügt !' 1840 fiel durch. Die Tragödie 'Esther' blieb Fragment. Aus seinem Nachlass wurden noch drei Tragödien bekannt. Seine Sämmtlichen Werke' erschienen in 10 Bänden (Stuttgart 1872, 3. Aufl. 1878-80).

ESTHER.

Zweiter Aufzug.

Kostbares Zimmer im Innern des Palastes.

Esther tritt ein von Einigen gefolgt.

Esther.

Was soll mit mir? Wo leitet man mich hin?
Warum ward ich getrennt von meinem Oheim?
So war die Rede nicht, als man mich lockte,
Mich nöthigte vom Hause an den Hof.
Und keine Antwort. Sind sie alle stumm?

Wie? oder ist's die Knechtschaft, die im Schweigen,

Im Horchen und Gehorchen sich gefällt?

Auch alles sonst scheint hier im Schloss bestürzt.

Man lauert, flüstert, gleich als wär ein Plan,

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Vorlängst gehegt, zerstört mit einem Mal.

Wie weit das mich trifft, muss sich endlich zeigen.
Da kommen zwei von, scheint es, höher'm Range,

Die wagen mindestens zu sprechen, hoff' ich.

Zwei Räthe sind eingetreten und ziehen sich auf die entgegengesetzte

Seite.

Erster (leise).

Ich sag' Euch, Hamans Einfluss ist vernichtet.

Zweiter.

So scheint's. Der König zürnt ob des Versuchs,
Ihn zu beweiben, also nennt er's, wie man Mädchen
Ausstattet und für sie die den Freier sucht.

Erster.

Hohnlachend sah er durch die bunte Reihe,
Geht sie mit Fragen an, hört kaum die Antwort,
Ergrimmt, lacht auf, und heisst sie sämmtlich gehn.

Zweiter.

Sein Auge sucht den Stifter des Gedankens,

Der in der Höflingsschaar sich bang verbirgt.

Erster.

Doch früher oder später trifft er ihn.

Beide.

Und Hamans Einfluss ist und bleibt vernichtet.

Haman kommt, sich die Stirne trocknend.

Haman.

Der Herr scheint in den Plan nicht einzugehn,

Wer kennt auch alle Launen des Gebieters ?

Ein treuer Diener lohnt sich endlich selbst Mit dem Bewusstsein, dass er Gutes wollte. (Zu den Räthen.)

Ihr Herren, Gott zum Gruss!

(Die Beiden sehen nach der entgegengesetzten Seite.)

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