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2.

DIE BEYDEN MUSEN.

Ich sah, o sagt mir, sah ich, was jetzt geschieht?
Erblickt' ich Zukunft? mit der britannischen

Sah ich in Streitlauf Deutschlands Muse

Heiss zu den krönenden Zielen fliegen.

Zwey Ziele gränzten, wo sich der Blick verlor,
Dort an die Laufbahn. Dieses beschattete
Des Haines Eiche, jenes weitre

Wehende Palmen im Abendschimmer.

Gewohnt des Streitlaufs, trat die von Albion
Stolz in die Schranken, so wie sie kam, da sie
Einst mit der Mäonid', und jener

Vom Kapitol in den heissen Sand trat.

Sie sah die junge bebende Streiterin ;
Doch diese bebte männlich, und glühende
Siegswerthe Röthen überströmten

Flammend die Wang', und ihr wehend Haar flog.
Schon hielt sie mühsam in der empörten Brust
Den engen Athem; hing schon hervorgebeugt
Dem Ziele zu; schon klang des Herolds

Silberton ihr und ihr trunkner Blick schwamm.

Stolz auf die Kühne, stolzer auf sich, bemass
Die hohe Brittin, aber mit edlem Blick,
Thuiskons Tochter: Ja bey Barden

Wuchs ich mit dir in dem Eichenhain auf;
Allein ich glaubte, dass du gestorben wärst!
Verzeih, o Muse, wenn du unsterblich bist,
Verzeih, dass ichs erst jetzo lerne ;

Aber am Ziele nur will ichs lernen!

Dort steht es! Doch siehst du das weitere,
Und seine Kron' auch? diesen gehaltnen Muth,
Diess stolze Schweigen, diesen Blick, der
Feurig zur Erde sich senkt die kenn' ich!

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Doch eh der Herold dir zu gefahrvoll tönt,

Sinn's nach noch Einmal, Bin es nicht ich, die schon
Mit der an Thermopyl gestritten?

Und mit der hohen der sieben Hügel?

Sie sprachs. Der grosse, richtende Augenblick
Kam mit dem Herold näher. Ich liebe dich !
Sprach schnell mit Flammenblick Teutona,

Brittin, ich liebe dich mit Bewundrung!

Doch dich nicht heisser, als die Unsterblichkeit,
Und jene Palmen! rühre, dein Genius
Gebeut ers, sie vor mir, doch fass' ich,

Wenn du sie fassest, dann gleich. die Kron' auch.

Und o wie beb' ich! o ihr Unsterblichen !
Vielleicht erreich' ich früher das hohe Ziel!
Dann mag, o dann an meine leichte

Fliegende Locke, dein Athem hauchen!

Der Herold klang! Sie flogen mit Adlereil.
Die weite Laufbahn stäubte, wie Wolken, auf.
Ich sah Vorbey der Eiche wehte

Dunkler der Staub, und mein Blick verlor sie!

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2.

AN FANNY.

Wenn einst ich todt bin, wenn mein Gebein zu Staub

Ist eingesunken, wenn du, mein Auge, nun

Lang' über meines Lebens Schicksal,

Brechend im Tode, nun ausgeweint hast,

Und stillanbetend da, wo die Zukunft ist,

Nicht mehr hinauf blickst, wenn mein ersungner Ruhm,
Die Frucht von meiner Jünglingsthräne,

Und von der Liebe zu dir, Messias!

Nun auch verweht ist, oder von wenigen
In jene Welt hinüber gerettet ward:
Wenn du alsdann auch, meine Fanny,

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Lange schon fodt bist, und deines Auges

Stillheitres Lächeln, und sein beseelter Blick
Auch ist verloschen, wenn du, vom Volke nicht
Bemerket, deines ganzen Lebens

Edlere Thaten nunmehr gethan hast,

Des Nachruhms werther, als ein unsterblich Lied,
Ach wenn du dann auch einen beglückteren
Als mich geliebt hast, lass den Stolz mir,
Einen Beglückteren, doch nicht edlern!

Dann wird ein Tag seyn, den werd ich auferstehn!
Dann wird ein Tag seyn, den wirst du auferstehn!
Dann trennt kein Schicksal mehr die Seelen;
Die du einander, Natur, bestimmtest.

Dann wägt, die Wagschaal in der gehobnen Hand
Gott Glück und Tugend gegen einander gleich;
Was in der Dinge Lauf jetzt misklingt,

Tönet in ewigen Harmonieen!

Wenn dann du dastehst, jugendlich auferweckt,
Dann eil' ich zu dir! säume nicht, bis mich erst
Ein Seraph bey der Rechten fasse,

Und mich, Unsterbliche, zu dir führe.

Dann soll dein Bruder, zärtlich von mir umarmt,

Zu dir auch eilen! dann will ich thränenvoll,
Voll froher Thränen jenes Lebens,

Neben dir stehn, dich mit Namen nennen,

Und dich umarmen!

Dann, o Unsterblichkeit,

Gehörst du ganz uns. Kommt, die das Lied nicht singt,
Kommt, unaussprechlich süsse Freuden!

So unaussprechlich, als jetzt mein Schmerz ist.

Rinn unterdess, o Leben. Sie kommt gewiss
Die Stunde, die uns nach der Cypresse ruft!
Ihr andern, seyd der schwermuthsvollen
Liebe geweiht! und umwölkt und dunkel!

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5.

HERMANN UND THUSNELda.

Ha! dort kömmt er mit Schweiss, mit Römerblute,
Mit dem Staube der Schlacht bedeckt! So schön war
Hermann niemals! So hats ihm

Niemals vom Auge geflammt!

Komm ich bebe vor Lust! Reich' mir den Adler
Und das triefende Schwert! Komm! athm', und ruhe,
Aus in meiner Umarmung

Aus von der donnernd Schlacht !

Ruh hier, dass ich den Schweiss der Stirn abtrokne,
Und der Wange das Blut! Wie glüht die Wange!
Hermann! Hermann! so hat dich

Niemals Thusnelda geliebt!

Selbst nicht, da du zuerst im Eichenschatten
Mit dem bräunlichen Arm mich wilder fasstest!
Fliehend blieb ich, und sah dir

Schon die Unsterblichkeit an,

Die nun dein ist! Erzählt's in allen Hainen,
Dass Augustus nun bang mit seinen Göttern

Nektar trinket! Dass Hermann

Hermann unsterblicher ist!

Warum lockst du mein Haar? Liegt nicht der stumme

Todte Vater vor uns? O hätt' Augustus

Seine Heere geführt, Er

Läge noch blutiger da!

Lass dein sinkendes Haar mich, Hermann, heben,

Dass es über dem Kranz in Locken drohe!

Siegmar ist bey den Göttern!

Folg du, und wein' ihm nicht nach!

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6.

DIE FRÜHEN GRÄBER.—(1764).

Willkommen, o silberner Mond,

Schöner, stiller Gefährt der Nacht!

Du entfliehst? Eile nicht, bleib, Gedankenfreund!
Sehet, er bleibt, das Gewölk wallte nur hin.

Des Mayes Erwachen ist nur

Schöner noch, wie die Sommernacht,

Wenn ihm Thau, hell wie Licht, aus der Locke träuft,
Und zu dem Hügel herauf röthlich er kömmt.

Ihr Edleren, ach es bewächst

Eure Maale schon ernstes Moos!

O wie war glücklich ich, als ich noch mit euch
Sahe sich röthen den Tag, schimmern die Nacht.

7.

KRIEGSLIED, ZUR NACHAHMUNG DES ALTEN LIEDES VON DER CHEVY-CHASE-JAGD1.

Die Schlacht geht an! der Feind ist da!

Wohlauf zum Sieg ins Feld!

Es führet uns der beste Mann

Im ganzen Vaterland.

Es braust das königliche Ross,

Und trägt ihn hoch daher.

Heil, Friedrich! Heil dir, Held und Mann,

Im eisernen Gefild!

1 Dieses Lied wird den Lesern bereits aus dem Zuschauer bekannt seyn, der im siebenzigsten Stücke des ersten Theils die natürlichen Schönheiten desselben aus einander setzt. Sie wieder daran zu erinnern, wollen wir ein Paar Strophen hersetzen.

Die Zeitung kam nach Edenburg

Wo Schottlands König herrschte:
Der tap Feldherr Douglas sey

Durch einen Pfeil gesunken.
O harte Post! war Jacobs Wort;
Ganz Schottland sey mein Zeuge,
Ich habe keinen Hauptmann mehr,
Der ihm an Ansehn gleichet.

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