Und unter zerstümmelten Aesern Meiner Streitgenossen wieder. An mir sprang der Stahlkolben des Riesen. Des Tiegers Zahn stumpfte an mir; Da sprach ich Hohn dem Tyrannen, Grausame Qualen, und würgten mich nicht. Ha! nicht sterben können! nicht sterben können! Nicht ruhen können nach des Leibes Mühn! ΤΟ Den Staubleib tragen! mit seiner Todtenfarbe Und seinem Siechthum! seinem Gräbergeruch ! 20 Sehen müssen durch Jahrtausende Das gähnende Ungeheuer Einerlei! Und die geile, hungrige Zeit, Immer Kinder gebärend, immer Kinder verschlingend ! Schrecklicher Zürner im Himmel, Hast du in deinem Rüsthause Noch ein schrecklicheres Gericht? Ha! so lass es niederdonnern auf mich ! Mich wälz' ein Wettersturm Von Karmels Rücken hinunter, Dass ich an seinem Fusse Ausgestreckt lieg' Und keuch'-und zuck' und sterbe!-' Und Ahasveros sank. Ihm klang's im Ohr; 30 Nacht deckte seine borst'gen Augenwimper. Dess Blut auf Golgatha du fliessen sahst; Für deine Pflege, Speis' und Trank, Du liebes Vaterland! Wenn dann die Meereswoge sich An unsern Schiffen bricht, So segeln wir gelassen fort; Denn Gott ist hier und Gott ist dort, Und der verlässt uns nicht! Und ha, wenn sich der Tafelberg Aus blauen Düften hebt; So strecken wir empor die Hand, Und jauchzen: Land! ihr Brüder, Land! Dass unser Schiff erbebt. Und wenn Soldat und Offizier Gesund ans Ufer springt, Dann jubeln wir, ihr Brüder, ha! Nun sind wir ja in Afrika. Und alles dankt und singt. Wir leben drauf in fernem Als Deutsche brav und gut. Und sagen soll man, weit und breit, Die Deutschen sind doch brave 10 Leut', Sie haben Geist und Muth. Und trinken auf dem Hoffnungskap Wir seinen Götterwein ; Ihr fernen Freunde, dann an Und Thränen fliessen drein. 20 LUDEWIG HEINRICH CHRISTOPH HÖLTY. [Scherer D. 507, E. II. 120.] Geboren 1748 zu Mariensee bei Hannover, studierte Theologie in Göttingen, starb schon 1776 an der Schwindsucht. Er war Dichter des Göttinger Hainbunds zu dem Voss, Bürger, Miller, die beiden Stolberg, Boie u. a. gehörten. Seine Gedichte wurden 1782 zum ersten Male gesammelt. Herausgegeben von Halm (Leipzig 1869). I. VERMÄCHTNISS. Ihr Freunde, hänget, wann ich gestorben bin, 30 Wo an der Wand die Todtenkränze Manches verstorbenen Mädchens schimmern. Der Küster zeigt dann freundlich dem Reisenden 2. AUFMUNTERUNG ZUR FREUDE. Wer wollte sich mit Grillen plagen, Die Stirn in düstre Falten ziehn? Die Freude winkt auf allen Wegen, Die durch dies Pilgerleben gehn; Noch rinnt und rauscht die Wiesenquelle, Nocht macht der Saft der Purpurtraube, Der Kuss auf einen rothen Mund. Noch tönt der Busch voll Nachtigallen O wunderschön ist Gottes Erde Und werth darauf vergnügt zu sein; Drum will ich, bis ich Asche werde, Mich dieser schönen Erde freun! 10 20 30 DIE GRAFEN ZU STOLBERG, FRIEDRICH LEOPOLD UND CHRISTIAN. [Scherer D. 507, E. II. 120.] Christian war zu Hamburg 1748, Friedrich 1750 im Holstein'schen geboren. Sie studierten zusammen in Göttingen. Sie gaben ihre Werke gemeinschaftlich heraus. Der jüngere, der Übersetzer der Ilias, des Äschylus und des Ossian war der bedeutendere. Er trat 1800 zur römischen Kirche über und zerfiel mit seinen Freunden. Christian starb 1821, Friedrich 1819. Ihre 'Gesammelten Werke' erschienen in 20 Bänden. (Hamburg, 1820 ff.). F. L. VON STOLBERG. I. DIE FREIHEIT. An Hahn. Freiheit! Der Höfling kennt den Gedanken nicht, Reicht er dem Joch den erschlafften Nacken! Uns, uns ein hoher, seelenverklärender Dein Nektar strömte, Jener, an deren Grab Rostet der Stahl, ist entnervt die Harfe! Nur Freiheits-Harf' ist Harfe des Vaterlands ! Schwerter, fliegt auf, dem Gesandten Gottes! 10 20 |