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Chor.

Eine heitre Abschiedsstunde ! süssen Schlaf im Leichentuch! Brüder-einen sanften Spruch aus des Todtenrichters Munde !

6.

DIE IDEALE.

So willst du treulos von mir scheiden
Mit deinen holden Phantasien,

Mit deinen Schmerzen, deinen Freuden,
Mit allen unerbittlich fliehn?

Kann nichts dich, Fliehende! verweilen,
O! meines Lebens goldne Zeit?
Vergebens, deine Wellen eilen
Hinab ins Meer der Ewigkeit.

Erloschen sind die heitern Sonnen,
Die meiner Jugend Pfad erhellt,
Die Ideale sind zerronnen,

Die einst das trunkne Herz geschwellt,
Er ist dahin, der süsse Glaube
An Wesen, die mein Traum gebahr,
Der rauhen Wirklichkeit zum Raube,
Was einst so schön, so göttlich war.

Wie einst mit flehendem Verlangen
Pygmalion den Stein umschloss,
Bis in des Marmors kalte Wangen
Empfindung glühend sich ergoss,
So schlang ich mich mit Liebesarmen
Um die Natur, mit Jugendlust,

Bis sie zu athmen, zu erwarmen
Begann an meiner Dichterbrust,

Und theilend meine Flammentriebe
Die Stumme eine Sprache fand,

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Mir wieder gab den Kuss der Liebe,
Und meines Herzens Klang verstand;
Da lebte mir der Baum, die Rose,
Mir sang der Quellen Silberfall,
Es fühlte selbst das Seelenlose
Von meines Lebens Wiederhall.

Es dehnte mit allmächt'gem Streben
Die enge Brust ein kreisend All,
Heraus zu treten in das Leben

In That und Wort, in Bild und Schall.
Wie gross war diese Welt gestaltet,
So lang die Knospe sie noch barg,
Wie wenig, ach! hat sich entfaltet,
Diess wenige, wie klein und karg.

Wie sprang, von kühnem Muth beflügelt,
Beglückt in seines Traumes Wahn,
Von keiner Sorge noch gezügelt,
Der Jüngling in des Lebens Bahn.

Bis an des Aethers bleichste Sterne

Erhob ihn der Entwürfe Flug,

Nichts war so hoch, und nichts so ferne,
Wohin ihr Flügel ihn nicht trug.

Wie leicht ward er dahingetragen,

Was war dem Glücklichen zu schwer !
Wie tanzte vor des Lebens Wagen
Die luftige Begleitung her!

Die Liebe mit dem süssen Lohne,

Das Glück mit seinem goldnen Kranz,
Der Ruhm mit seiner Sternenkrone,

Die Wahrheit in der Sonne Glanz!

Doch, ach! schon auf des Weges Mitte
Verloren die Begleiter sich,
Sie wandten treulos ihre Schritte,
Und einer nach dem andern wich.
Leichtfüssig war das Glück entflogen,
Des Wissens Durst blieb ungestillt,

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