Heilig, und furchtbar, und hehr, voll nie gehoffter Entscheidung, Selbst Unsterblichen dunkel, Gespräche von Dingen, die künftig Gottes Erlösung, vor allen Erschaffnen, verherrlichen werden.
Unterdess eilte der Seraph zum äussersten Schimmer des Himmels
Wie ein Morgen empor. Hier füllen nur Sonnen den Umkreis ; Und, gleich einer Hülle gewebt aus Strahlen des Urlichts, Zieht sich ihr Glanz um den Himmel herum. Kein dämmernder
Naht sich des Himmels verderbendem Blick. Entfliehend und
Geht die bewölkte Natur vorüber. Da eilen die Erden Klein, unmerkbar dahin, wie unter des Wanderers Fusse Niedriger Staub, von Gewürme bewohnt, aufwallet, und hinsinkt. Um den Himmel herum sind tausend eröffnete Wege, Lange, nicht auszusehende Weg', umgeben von Sonnen.
Durch den glänzenden Weg, der gegen die Erde sich wendet, Floss, seit ihrer Erschaffung, am Fuss des Thrones entspringend Einst nach Eden ein Strom der Himmelsheitre herunter. Über ihm, oder an seinem Gestad' erhoben von Farben, Gleichend den Farben des Regenbogens, oder der Frühe, Kamen damals Engel, und Gott, zu vertraulichem Umgang, Zu den Menschen. Doch schnell ward der Strom herüber gerufen, 20 Als durch Sünde der Mensch zu Gottes Feinde sich umschuf. Denn die Unsterblichen wollten nicht mehr, in sichtbarer Schön- heit,
Gegenden sehn, die vor ihnen des Todes Verwüstung entstellte. Damals wandten sie schauernd sich weg. Die stillen Gebirge, Wo noch die Spur des Ewigen war; die rauschenden Haine, Welche vordem das Säuseln der Gegenwart Gottes beseelte; Selige, friedsame Thäler, sonst von der Jugend des Himmels Gern besucht; die schattigen Lauben, wo ehmals die Menschen, Überwallend von Freuden und süssen Empfindungen, weinten, Dass Gott ewig sie schuf; die Erde trug des Fluches Lasten jetzt, war ihrer vordem unsterblichen Kinder Grosses Grab. Doch dereinst, wenn die Morgensterne verjünget Aus der Asche des Weltgerichts triumphirend hervorgehn;
Wenn nun Gott die Kreise der Welten mit seinem Himmel
Durch allgegenwärtiges Anschaun alle vereinet,
Dann wird auch der ätherische Strom von dem himmlischen
Wieder mit hellerer Schöne zum neuen Eden sich senken.
Nie wird dann sein Gestade von hohen Versammlungen leer seyn, Die zu der Erde, Gespielen der neuen Unsterblichen, wallen. Diess ist der heilige Weg, mit welchem Gabriel fortging, Und von fern dem Himmel der göttlichen Herrlichkeit nahte. Mitten in der Versammlung der Sonnen strahlet der Himmel, Rund, unermesslich, des Weltgebäus Urbild, die Fülle Jeder sichtbaren Schönheit, die sich, gleich flüchtigen Bächen, Ringsum durch den unendlichen Raum nachahmend ergiesset. Wenn er wandelt, ertönen von ihm, auf den Flügeln der Winde, An die Gestade der Sonnen des wandelnden Harmonieen Rauschend hinüber. Die Lieder der göttlichen Harfenspieler Schallen mit Macht, wie beseelend, darein. So vereiniget, schweben
Töne vor dem, der das Ohr gemacht hat, und Preise vorüber. Wie sein freudiger Blick an seiner Werke Gestalten Sich ergetzt, so vergnügten sein Ohr die Gesänge des Himmels. Die du himmlische Lieder mich lehrst, Gespielin der Engel, 20 Seherin Gottes, du Hörerin hoher unsterblicher Stimmen, Melde mir, Sionitin, das Lied, das die Engel itzt sangen.
Sey uns gegrüsst, du heiliges Land der Erscheinungen Gottes! Hier erblicken wir Gott, wie er ist, wie er war, wie er seyn wird, Siehe, den Seligen ohne Verhüllung, nicht in der Dämmrung Fern nachahmender Welten. Dich schauen wir in der Versamm
Deiner Erlösten, die du auch würdigst des seligen Anblicks. Ach unendlich vollkommen bist du! Zwar nennt dich der Himmel, Und der Unaussprechliche wird Jehovah geheissen ! Unser Gesang lebendig durch Kräfte der Urbegeistrung Suchet dein Bild, doch umsonst; auf deine Verklärung gerichtet, Können Gedanken sich kaum von deiner Gottheit besprechen. Ewiger, du bist allein in deiner Grösse vollkommen!
Jeder Gedanke, mit dem du dich selbst, o Erster, durchschauest,
Ist erhabner, ist heiliger, als die stille Betrachtung,
Auf erschaffene Dinge von dir hernieder gelassen.
Dennoch entschlossest du dich, auch ausser dir Wesen zu sehen, Und auf sie den beseelenden Hauch hernieder zu lassen.
Erst erschufst du den Himmel, dann uns, die Bewohner des Himmels.
Fern wart ihr da von eurer Geburt, du jüngerer Erdkreis, Und du Sonn', und du Mond, der seligen Erde Gefährten. Erstgeborner der Schöpfung, wie war dir bey deinem Hervorgehn, Da, nach undenkbarer Ewigkeit, Gott zu dir sich herabliess, Dann zu der Stäte dich der Herrlichkeit kohr, und des An- 10 schauns?
Dein unermesslicher Kreis heraufgerufen zum Daseyn
Bildete sich zu seiner Gestalt; die schaffende Stimme
Wandelte noch mit dem ersten Getöse krystallener Meere ; Ihre Gestade, die sich, wie Welten, zusammengebirgten, Hörten sie; noch kein Unsterblicher nicht! Da standest du, Schöpfer,
Auf dem neuen erhabenen Thron dich selber betrachtend,
Einsam, und ernst. O jauchzt der denkenden Gottheit entgegen! Damals, ja damals erschuf er euch, Seraphim, Geistergeschöpfe, Voll von Gedanken, voll mächtiger Kraft, die Gedanken des Schöpfers,
Die er in euch von sich selber erschafft, anbetend zu fassen. Halleluja, ein feyrendes Halleluja, o Erster,
Sey dir von uns unaufhörlich gesungen! Zur Einsamkeit sprachst du: Sey nicht mehr! und den Wesen: Entwickelt euch! Halleluja ! Unter dem Liede, das nach dem Dreymalheilig der Himmel Allzeit singet, hatte des Mittlers heiliger Bothe
Eine der nächsten Sonnen am Himmel leuchtend betreten. Überall schweigen die Seraphim jetzt, und feyren den Anblick, Welcher, des Preisgesangs Belohner, von Gott auf sie strahlte. Und sie erblickten den helleren Seraph am Sonnenmeer. Gott Schaut' auf ihn, der Himmel mit Gott. Er betete knieend. Zweymal die Zeit, in der ein Cherub den Namen Jehovah, Tief in Gebet, und das Dreymalheilig der Ewigkeit ausspricht, Würdiget ihn des Anschauns Gott. Dann eilet der Thronen
Erstgeborner herab, ihn feyrlich vor Gott zu führen.
Gott nennt ihn den Erwählten, der Himmel Eloa. Vor allen, Die Gott schuf, ist er gross, ist der nächste dem Unerschaffnen. Schön ist Ein Gedanke des gottgewählten Eloa,
Wie die ganze Seele des Menschen, geschaffen der Gottheit, Wenn sie, ihrer Unsterblichkeit werth, gedankenvoll nachsinnt. Sein umschauender Blick ist schöner, als Frühlingsmorgen, Lieblicher, als die Gestirne, da sie vor dem Antlitz des Schö- pfers
Jugendlichschön, und voll Licht, mit ihren Tagen, vorbeyflohn. Gott erschuf ihn zuerst. Aus einer Morgenröthe
Schuf er ihm einen ätherischen Leib. Ein Himmel voll Wolken Floss um ihn, da er ward. Gott hub ihn mit offenen Armen Aus den Wolken, und sagt' ihm segnend: Da bin ich, Erschaff- ner!
Und auf Einmal sahe vor sich Eloa den Schöpfer,
Schaut' in Entzückungen an, und stand, und schaute begeistert Wieder an, und sank, verloren in Gottes Anblick. Endlich redet er, sagte dem Ewigen alle Gedanken, Die er hatte, die neuen, erhabnen Empfindungen alle,
Die das grosse Herz ihm durchwallten. Es werden die Welten Alle vergehn, und neu aus ihrem Staube sich schwingen, Ganze Jahrhunderte werden dann erst in die Ewigkeit eingehn, Eh der erhabenste Christ die grossen Empfindungen fühlet. Jetzo kam Eloa auf neuerwachenden Strahlen
Zu dem gesendeten Engel in seiner Schönheit hernieder, Ihn zum Altar des Versöhners zu führen. Er ging noch von ferne, Da er schon Gabriel kannte. Der Seraph zerfloss in Entzückung, Von den Unsterblichen einen zu sehn, mit dem er vor diesem Jeden Kreis der Schöpfungen Gottes, und seine Bewohner Sah, und mit dem er unnachahmbarere Thaten vollführte, Als durch die besten aus ihm das vereinte Menschengeschlecht 30 that.
Jetzo verklärten sie sich schon liebend gegen einander. Schnell, mit brünstig eröffneten Armen, mit herzlichen Blicken, Eilten sie gegen einander. Sie zitterten beyde vor Freuden, Als sie sich umarmten. So zittern Brüder, die beyde
Tugendhaft sind, und beyde den Tod für das Vaterland suchten, Wenn sie, von Heldenblute noch voll, sich nach ewigen Thaten Sehen, und sich vor ihrem noch grösseren Vater umarmen. Gott sah sie, und segnete sie. So gingen sie beyde,
Herrlicher durch die Freundschaft, dem Thron des Himmels entgegen.
Also kamen sie weiter zum Allerheiligsten Gottes.
Nah bey der Herrlichkeit Gottes, auf einem himmlischen Berge, Ruhet des Allerheiligsten Nacht. Lichthelles Glänzen
Wacht inwendig um Gottes Geheimniss. Das heilige Dunkel Deckt nur das Innre dem Auge der Engel. Zuweilen eröffnet ΤΟ Gott die dämmernde Hülle durch allmachttragende Donner Vor dem Blick der himmlischen Schauer. Sie sehen, und feyren. Sieh, auf Einmal stand bey des Allerheiligsten Eingang, Wie ein Gebirg, der Altar des Versöhners vor Gabriels Auge Wolkenlos da. Er sah ihn, und ging, in festlicher Schönheit, Priesterlich zu dem Altar, und trug zwo goldene Schalen Heiliges Räuchwerks voll, und stand tiefsinnig am Altar. Neben ihm stand Eloa, und rief aus seiner Harfe
Göttliche Töne, zum hohen Gebet den opfernden Seraph Vorzubereiten. Der hört' ihn, und durch die mächtige Harfe 20 Hub sich sein Geist entflammter empor. Wie der Ocean aufwallt, Wenn auf ihm in Sturme daher die Stimme des Herrn geht. Gabriel schauete Gott, und sang mit mächtiger Stimme. Jetzo hört der ewige Vater, es höret der Himmel,
Mittler, dein Söhnungsgebet. Gott zündete selber das Opfer Wunderbar an; und heiliger Rauch stieg mit dem Gebete Stillbegleitend empor, dann hub er sich weiter, und wallte, Wie von der Erde Gebirgen ein ganzer Himmel, zu Gott auf. Nieder zur Erde hatte bis jetzt Jehovah geschauet. Denn es hielt noch immer der Sohn aus der Fülle der Seele Mit dem Vater Gespräche des schicksalenthüllenden Inhalts, Heilig, und furchtbar, und hehr, voll nie gehoffter Entscheidung, Selbst Unsterblichen dunkel, Gespräche von Dingen, die künftig Gottes Erlösung, vor allen Erschaffnen, verherrlichen werden. Aber itzt füllte des Ewigen Blick den Himmel von neuem ; Jeder begegnete feyrend und still dem göttlichen Blicke.
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