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Zusammen! Jeder Augenblick ist theuer,
Und unsre Rückkehr hängt an zarten Fäden,
Die, scheint es, eine günst'ge Parze spinnt.

Orest (zu Iphigenien).

Lass mich zum erstenmal mit freiem Herzen

In deinen Armen reine Freude haben!
Ihr Götter, die mit flammender Gewalt
Ihr schwere Wolken aufzuzehren wandelt,
Und gnädig-ernst den lang' erflehten Regen
Mit Donnerstimmen und mit Windesbrausen
In wilden Strömen auf die Erde schüttet ;
Doch bald der Menschen grausendes Erwarten
In Segen auflöst und das bange Staunen
In Freudeblick und lauten Dank verwandelt,
Wenn in den Tropfen frischerquickter Blätter
Die neue Sonne tausendfach sich spiegelt,
Und Iris freundlich bunt mit leichter Hand
Den grauen Flor der letzten Wolken trennt;
O lasst mich auch in meiner Schwester Armen,
An meines Freundes Brust, was ihr mir gönnt,
Mit vollem Dank geniessen und behalten.
Es löset sich der Fluch, mir sagt's das Herz.
Die Eumeniden ziehn, ich höre sie,
Zum Tartarus und schlagen hinter sich
Die ehrnen Thore fernabdonnernd zu.
Die Erde dampft erquickenden Geruch
Und ladet mich auf ihren Flächen ein,
Nach Lebensfreud' und grosser That zu jagen.

Pylades.

Versäumt die Zeit nicht, die gemessen ist!

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Der Wind, der unsre Segel schwellt, er bringe

Erst unsre volle Freude zum Olymp.

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Kommt! Es bedarf hier schnellen Rath und Schluss.

17.

WANDRERS NACHTLIED.

Der du von dem Himmel bist,
Alles Leid und Schmerzen stillest,
Den, der doppelt elend ist,

Doppelt mit Erquickung füllest,
Ach! ich bin des Treibens müde!
Was soll all der Schmerz und Lust?
Süsser Friede!

Komm, ach komm in meine Brust!

18.

EIN GLEICHES.

Über allen Gipfeln

Ist Ruh',

In allen Wipfeln

Spürest du

Kaum einen Hauch;

Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur, balde

Ruhest du auch.

19.

JÄGERS ABENDlied.

Im Felde schleich' ich still und wild,
Gespannt mein Feuerrohr,

Da schwebt so licht dein liebes Bild,
Dein süsses Bild mir vor.

Du wandelst jetzt wohl still und mild

Durch Feld und liebes Thal,

Und ach mein schnellverrauschend Bild

Stellt sich dir's nicht einmal?

Des Menschen, der die Welt durchstreift

Voll Unmuth und Verdruss,

Nach Osten und nach Westen schweift,

Weil er dich lassen muss.

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Mir ist es, denk' ich nur an dich,
Als in den Mond zu sehn ;

Ein stiller Friede kommt auf mich,

Weiss nicht wie mir geschehn.

20.

AN DEN MOND.

Füllest wieder Busch und Thal

Still mit Nebelglanz,

Lösest endlich auch einmal

Meine Seele ganz;

Breitest über mein Gefild

Lindernd deinen Blick,

Wie des Freundes Auge mild

Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh-und trüber Zeit,

Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fliesse, fliesse, lieber Fluss!

Nimmer werd' ich froh,

So verrauschte Scherz und Kuss,

Und die Treue so.

Ich besass es doch einmal,

Was so köstlich ist!

Dass man doch zu seiner Qual

Nimmer es vergisst!

Rausche, Fluss, das Thal entlang,
Ohne Rast und Ruh',

Rausche, flüstre meinem Sang

Melodien zu.

Wenn du in der Winternacht

Wüthend überschwillst,

Oder um die Frühlingspracht

Junger Knospen quillst.

ΤΟ

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Das Wasser rauscht' das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuss;

Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,

Wie bei der Liebsten Gruss.

Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm ;

Da war's um ihn geschehn:

Halb zog sie ihn, halb sank er hin,
Und ward nicht mehr gesehn,

22.

ERLKÖNIG.

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

Es ist der Vater mit seinem Kind;

Er hat den Knaben wohl in dem Arm,

Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht ?-
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?

Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?—

Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

'Du liebes Kind, komm, geh mit mir! 'Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir;

'Manch' bunte Blumen sind an dem Strand!
'Meine Mutter hat manch' gülden Gewand.'-

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht ?—
Sey ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind.-

'Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
'Meine Töchter sollen dich warten schön ;
'Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,

'Und wiegen und tanzen und singen dich ein.'

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Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort

Erlkönigs Töchter am düstern Ort?

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau ;

Es scheinen die alten Weiden so grau.

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