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Hochgebohrner Reichsgraf, und Statthalter,

Mein insonders gnädiger Graf. und Herr,

Was in Ansehung aller heutigen Großen und Staatsleute von Deutschland, eine Verwegenheit, ja ich möchte fast sagen, eine Thors heit seyn würde; wann ich náms lich die Schwachheit begienge, ihs rem Namen eine deutsche Sprachkunst zu wid men; das gewinnet auf einmal ein ganz andres

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Ansehen, wenn ich es gegen Eure Hochreichsgråfl. Excellenz wage. So ungleich die Eins sicht und Neigung erhabener Standespersonen zu seyn pfleget: so verschieden ist auch das Schicksal der Schriften, die ihnen bisweilen von Ge lehrten, als Opfer der Ehrfurcht überreichet werden. Und wie schlecht muß dasselbe nicht fast durchgehends für Bücher ausfallen, die zur Aufnahme unfrer Muttersprache abzielen: seit dem das Ohr der Großen in Deutschland, durch lauter ausländische Sprachen verwöhnet wor den, alles was Deutsch klinget, als was verächtliches zu verabscheuen, oder doch keiner Aufmerksamkeit würdig zu achten?

Eure Hochgebohrne Excellenz fehen es, nach Dero erleuchtetem Ermessen, auch ohne mein Erinnern, wie rühmlich oder schimpflich unserm Vaterlande eine so unmäßige Liebe freinder Sprachen und Sachen ist; und wie patriotisch diejenigen handeln, denen alles eins heimische geringschäßig zu seyn scheint, dafern sie nur ihren lusternen Gaum an auswärtigen Dingen laben können. Wie glücklich aber sind wir nicht bey dem allen, daß wir, auch mitten in diesem verwöhnten Geschmacke, gleichwohl noch große Staatsmänner aufzuweisen haben, die bey aller Kenntniß des ausländischen, dennoch so patriotisch in ihrer Zunge, als in ihren Grundsägen; so deutsch in ihrer Feder, als in

ihren Gesinnungen, und so großmüthig gegen ihr Vaterland, als edel in ihren übrigen Neigungen erfunden werden?

Man müßte gewiß sehr fremd in den Begebenheiten unfrer Tage seyn, wenn man das Vorbild dieser kurzen Abschilderung, nicht sogleich in der erlauchten Person Eur. Hochreichsgräfl. Excell. suchen und antreffen sollte. So wenig es igo Zeit und Rauin verstatten, mich, nach Art vieler Verfasser von Zueignungsschriften, in das ausführliche Lob meines Helden einzulaffen, dem ich vieleicht gar nicht einmal gewachsen seyn würde; so wenig ich Dero außerordentliche Fähigkeit zu Weltges schäfften, Dero Einsicht und Erfahrung in der Staatskunst und Regierungssachen, samt so vie len andern großen Eigenschaften, gebührend zu entwerfen im Stande bin: eben so wenig kann ich mich entbrechen, von Dero großen Liebe zur Gelehrsamkeit; von Dero einsichtvollen Kenntniß der Geschichte überhaupt, und der Deutschen insonderheit; und von der männlichen Stärke Dero meisterhaften Feder in unfrer Muttersprache etwas zu erwähnen.

Wer kann aber wohl das erste, bey der ers ftaunlichen, und außer den größesten fürstlichen Bibliotheken, fast nirgends anzutreffenden Bus chersammlung vermissen, die das glückliche Nött:

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Nöttnig bewahret; daran Wissenschaft, Geschmack und Großmuth so viel Jahre gewäh let, gesammler und gearbeitet haben; und das von uns nun bereits ein großer Theil in einem gedruckten Verzeichnisse vor Augen liegt? Wer kann an dem zweyten den geringsten Zweifel hegen, der die unvergleichliche Geschichte des deutschen Reiches, so aus der glücklichen Feder seines unsterblichen Livius gefloffen, durchblättert hat? Und wer wird endlich von dem lezten einen Beweis fodern, der auch nur vor jenen dreyßig Jahren die erste Probe seines his florischen Griffels, in der Geschichte Raisers Friederichs des 1. in genaue Betrachtung ges zogen hat.

In

Ju Wahrheit, so viele Geschichtschreiber auch das fruchtbare Deutschland in altern und neuern Zeiten hervorgebracht; so hat sich doch noch niemand gefunden, der den höchsten Gipfel der Vollkommenheit in der historischen Schreibart so vollkommen erreichet hatte, als der erlauchte Verfasser dieser Werke. Germanien hat freylich vormals seine Hedionen, Carionen, Aventinen und Sleidanen äufzuweifen gehabt: allein wer weis auch nicht, daß an einem dieses, am andern jenes zu erinnern gewesen, und daß die Beschaffenheit ihrer Zeiten es nicht verstattet hat, in allem ohne Tadel zu feyn. Es hat freylich auch in neuern Zeiten

feine

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