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cussion aller über diese Frage vorhandenen, sehr spärlichen Beobachtungsdaten zu der wahrscheinlichen Ansicht gelangt, dass der Mond in der Nähe weit eher schwarz als weiss aussehen müsse. «< Dagegen folgt aus meinen Beobachtungen in Uebereinstimmung mit den Resultaten J. HERSCHEL's und BOND's, dass die mittlere Farbe des Mondes etwa mit der des weissen Sandsteins oder Thonmergels übereinstimmt.

Ich war bei diesen Untersuchungen genöthigt, das Helligkeitsverhältniss von Sonne und Vollmond zu bestimmen.

Ueber den Werth dieser Constanten existiren bis jetzt nur drei Angaben 2), welche jedoch so stark von einander abweichen, dass man auch heut noch vollkommen den Worten SEIDELS beipflichten muss, wenn derselbe in seiner oben citirten Schrift (p. 90) behauptet, »dass wir über das Verhältniss der Helligkeit von Sonne und Vollmond nur etwa so viel wissen, dass jene Hunderttausende von Malen grösser ist als diese. «<

Die Ursache einer so schlechten Uebereinstimmung kann nur in den angewandten Methoden gesucht werden und es musste daher zu einer erfolgreichen Beantwortung der gestellten Frage vor allen Dingen die Aufgabe gelöst werden, eine geeignete Beobachtungsmethode für die quantitative Bestimmung so grosser Lichtunterschiede zu ermitteln, wie sie uns durch das Helligkeitsverhältniss von Sonne und Mond dargeboten werden.

In meiner Photometrie des Himmels habe ich im Allgemeinen die Umstände angedeutet, welche wahrscheinlich das Urtheil des Beobachters bei den oben angeführten Vergleichungen gefälscht haben und nachgewiesen, wie durch geringe Modificationen des von mir beschriebenen Photometers jene Uebelstände beseitigt werden können.

1) L. SEIDEL, Untersuchungen über die gegenseitigen Helligkeiten der Fixsterne erster Grösse etc. (München 1852) p. 104. Akademie d. W. II. Cl. VI. Bd. III. Abth. p. 642.

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Abhandlungen der K. bayer.

2) BOUGUER findet im Jahre 1725 für dieses Verhältniss die Zahl 300000. Traité d'optique sur la gradation de la lumière. Ouv. posth. de Bouguer, publ. de M. l'Abbé de la Caille. Paris 1760. WOLLASTON im Jahre 1799: 801072. Philosophical Transactions Vol. CXIX. p. 27. (1829). BOND im Jahre 1860: 470980. Memoirs of the American Academy, New Series, Vol. VI1I. p. 297.

3) Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels. p. 50. Berlin 1861.

Dem entsprechend beruht die bei meinen Untersuchungen angewandte Beobachtungsmethode im Wesentlichen auf der früher zu Helligkeitsmessungen von Fixsternen benutzten.

Um indessen die auf diese Weise erlangten Beobachtungen zu controliren und womöglich etwa vorhandene constante Fehler des Apparates zu eliminiren, habe ich ausser der angeführten noch eine andere Methode in Anwendung gebracht, deren Principien zuerst in einer vor acht Jahren von mir veröffentlichten Untersuchung auseinandergesetzt1) und dann später mit Erfolg bei meinen photometrischen Untersuchungen über galvanisch glühende Platindrähte angewandt worden sind. 2)

Beide Methoden sind mit den hier nothwendigen Modificationen und Verbesserungen an der betreffenden Stelle erörtert worden.

Nach Ueberwindung der experimentellen Schwierigkeiten stellte sich jedoch bald ein anderer Uebelstand ein, welcher die Zeit, innerhalb welcher man hoffen durfte, einen einigermassen zuverlässigen Werth zu erlangen, fast in's Unbestimmte hinauszuschieben drohte.

Da es sich nähmlich um das Helligkeitsverhältniss von Sonne und Vollmond handelte so war ich anfangs, um jede Reduction der Phase mit Hülfe hypothetischer Elemente zu vermeiden, stets bemüht, den Mond nur dann zu beobachten, wenn er sich in möglicht vollkommener Opposition mit der Sonne befand. Berücksich– tigt man indessen, dass die Zeit des Vollmondes ebenso oft in Tagesstunden als in geeignete Nachtstunden fällt, und dass ausserdem in unserem Klima durch die Ungunst des Wetters sonst für die Beobachtung günstige Bedingungen sehr oft wieder beseitigt werden, so wird man es nicht auffallend finden, wenn es mir während eines Zeitraumes von fast drei Viertel Jahren nur ein Mal vergönnt war, den Mond in einer Elongation von 179° photometrisch zu beobachten. Ich war also nothwendig darauf angewiesen auch die Lichtstärke einzelner Mondphasen zu bestimmen und mit Hülfe der Rechmung die Reduction auf den Vollmond zu bewerkstelligen.

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Die Literatur über solche, rein theoretisch abgeleitete Reductionsformeln ist eine ziemlich umfangreiche, so dass es mir gelungen

1) PoggendorFF's Annalen Bd. 100 p. 381 — 394.

2) Photometr. Untersuchungen über die Lichtentwickelung galvanisch glühender Platindrähte. Basel 1859.

ist, nicht weniger als acht solcher Formeln ausfindig zu machen, deren Urheber nebst den betreffenden Abhandlungen unten aufgeführt sind.')

Da alle diese Formeln meist zu ganz verschiedenen Resultaten führen, so darf man hieraus gewiss mit Recht auf eine grosse Unsicherheit der Principien schliessen, nach denen dieselben abgeleitet wurden.

Nichtsdestoweniger konnte mir die Wahl nicht schwer fallen, nachdem SEIDEL1) neuerdings die LAMBERT'sche Formel auf die Berechnung der Venusphasen angewandt hat. Ich hoffte daher auch beim Monde mit Hülfe jener Formel im Stande zu sein, die Helligkeit der einzelnen Phasen auf den Vollmond zu reduciren und so eine grössere Anzahl von Beobachtungen zur Bestimmung des gesuchten Helligkeitsverhältnisses verwerthen zu können.

Diese Erwartungen wurden indessen vollkommen getäuscht, indem schon die ersten Resultate so wesentliche Differenzen zwischen Rechnung und Beobachtung zeigten, dass ich von jedem weiteren Versuche, die gedachten Reductionen nach der LAMBERT'schen Formel zu bewerkstelligen, Abstand nehmen musste.

Indessen zeigten jene Abweichungen insofern eine gewisse Gesetzmässigkeit, als die für das Helligkeitsverhältniss zweier Phasen durch Beobachtung gefundenen Werthe stets grösser als die berechneten ausfielen. Dieser Unterschied stieg jedoch bei Vergleichung einer Phase in der Nähe der Quadraturen mit einer andern in der Nähe der Opposition auf mehr als das Dreifache der nach LAMBERT'S Theorie berechneten Grösse; es musste also hierdurch jeder Versuch, die er

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1) KIES, Sur le plus gand éclat de Venus en supposant son orbite et celle de la terre elliptique. . . . Mém. de l'Acad. de Berlin, 1710. p. 223. — EULER, Réflexions sur les divers degrés de lumière du soleil et des autres corps célestes. Ibid. P, 298. SMITH. Optik, übers. v. Kaestner. Altenburg 1755 p. 382 — 386. BOUGUER. Traité d'optique, 1760. Livre II. Section IV. Art. IV. (zwei Formeln). LAMBERT. Photometria. 1760. §. 1040- 1060. MICHELL. Philosophical Transactions 1829. Vol. CXIX. p. 20. Anmerk. (Citat v. Wollaston,) J. HERSCHEL. Results of astromical observations made during the years 1834 1838 at the cape of good hope. London 1847 p. 359. Anmerk.

1) SEIDEL, Untersuchungen über die Lichtstärke der Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn verglichen mit Sternen, und über die relative Weisse ihrer Oberflächen .. Abhandl. der Münch. Akademie. (Monumenta Saecluria) 1859.

wähnten Unterschiede aus constanten Fehlern der angewandten Methode zu erklären, ausgeschlossen werden.

Demnach blieb nichts Anderes übrig, als die Ursache jener so auffallenden Abweichungen in einer eigenthümlichen Beschaffenheit der Mondoberfläche zu suchen, so dass die Voraussetzungen, auf denen die Ableitung der LAMBERT'schen Formel beruht, bei diesem Himmelskörper durchaus nicht anwendbar sind. Sehr wesentlich bestärkt wurde ich in dieser Vermuthung durch die Vergleichung meiner Beobachtungen mit den astrometrischen Untersuchungen Sir J. HERSCHEL'S, welche derselbe am Cap der guten Hoffnung lediglich zu relativen Helligkeitsbestimmungen an Fixsternen unternommen hatte. In dem hierbei von ihm angewandten » Astrometer« diente das, durch eine Linse sternartig verkleinerte, Mondbild als Vergleichsstern, dessen Intensität durch Variation des Abstandes vom Beobachter nach einem bekannten Gesetze geändert werden konnte. Obgleich nun im Allgemeinen von HERSCHEL an verschiedenen Abenden verschiedene Sterne photometrisch bestimmt wurden, so befanden sich unter diesen doch stets wenigstens einige, öfter aber sogar vier bis sechs Sterne, welche an verschiedenen Abenden zugleich beobachtet worden waren.

Auf diese Weise war es mir möglich, aus jenen Beobachtungen das relative Helligkeitsverhältniss einzelner Mondphasen, welche in den betreffenden Beobachtungsnächten als Vergleichssterne gedient hatten, nachträglich zu berechnen. Es ergaben sich hierbei im Allgemeinen ebenfalls starke Abweichungen von der LAMBERT'schen Theorie und zwar genau in demselben Sinne wie bei meinen Beobachtungen.

Was nun die Voraussetzungen betrifft, unter denen LAMBERT zu seiner Formel gelangt ist, so zeigt selbst eine nur oberflächliche Betrachtung, dass jene Voraussetzungen beim Monde nicht zutreffen können. Denn LAMBERT'S Theorie erfordert die Annahme einer glatten aber zerstreut reflectirenden Kugeloberfläche, was bei der bekannten bergigen Beschaffenheit der Mondoberfläche und ihrer,

1) Results of astr. Observations etc. p. 357-361.

2) Vgl. SEIDEL, Untersuchungen über die gegenseitigen Helligkeiten der Fixsterne erster Grösse etc. p. 94.

wenn auch nur geringen, Abweichung von der Kugelgestalt1) jedenfalls als nicht gerechtfertigt erscheint. Dass dessen ungeachtet bis heut die Lichtstärke der einzelnen Mondphasen nur nach der theoretischen Behandlung LAMBERT'S angegeben wurde, kann demnach weniger in der Unkenntniss, wenigstens des ersten Theils, jener falschen Voraussetzungen liegen, als vielmehr darin, dass man den Einfluss derselben, als zu unbedeutend, vernachlässigen zu können glaubte 2).

Bei näherer Betrachtung der hervorgehobenen Anomalien in der Beschaffenheit der Mondoberfläche, zeigte sich mir, zunächst durch unmittelbare Anschauung, dass sowohl die Abweichung von der Kugelgestalt als auch die bergige Oberfläche, auf die Lichtstärke der Mondphasen einen Einfluss im Sinne der Beobachtungen äussern Ueber die Grösse jenes Einflusses konnte natürlich nur eine genauere, theoretische Untersuchung entscheiden, deren Entwickelung und Resultate ich mir im zweiten Theile der vorliegenden Schrift mitzutheilen erlaube.

muss.

Es ergab sich hierbei zunächst, dass der Einfluss der, von der Kugelform abweichenden, Gestalt nur von den höheren Potenzen der Excentricität des angenommenen Ellipsoïdes abhängt und daher hier vollkommen vernachlässigt werden konnte.

Dagegen führte die Annahme von bergähnlichen Erhebungen auf der Mondoberfläche schliesslich zu einer sehr einfachen Formel, welche die Beobachtungen weit über meine Erwartungen gut darstellte.

Durch diesen Erfolg ermuthigt und von der Wichtigkeit photometrischer Beobachtungen der Phasen eines erleuchteten Himmelskörpers für die Ermittelung seiner physischen Beschaffenheit überzeugt, dehnte ich meine Untersuchungen auch auf die Planeten aus, wodurch die vorliegende Schrift einen ursprünglich nicht beabsichtigten Umfang erlangte.

1) Vgl. HANSEN's Brief an AIRY in d. Monthly Notices. 1854. Vol. XV. Nov. 10. und GUSSEW, Ueber die Gestalt des Mondes. Bullet. de l'Acad. de St. Petersbourg. 1859. T. I. p. 276-300.

2) BOND hat bei Gelegenheit seiner »photometric experiments upon the light of the Moon and of the Planet Jupiter«<, Cambridge (America) 1861, auf analoge Abweichungen aufmerksam gemacht.

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