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eher vergleichende" und Mätzner's historische Grammatik" genannt werden müsse. Jedenfalls ist die Vergleichung bei jenem mehr berücksichtigt, als bei diesem, d. h. Koch führt die älteren Formen sämmtlicher verwandten Sprachen, vom Sanscrit herab an, so dass wir den ganzen Stammbaum des Wortes verfolgen und mit Hülfe der synoptischen Tabellen leicht überblicken können, was freilich auch historische Behandlung genannt werden muss, so dass auch dieser Titel vollständig gerechtfertigt ist. Drehen und wenden wir die Sache, wie wir wollen, so kann ich nur jedem Fachgenossen_rathen, sich mit beiden Lehrbüchern recht vertraut zu machen, und es werden ihm sicherlich die Vorzüge jedes einzelnen für sich von selbst einleuchten.

Diesen der deutschen Wissenschaft zur Ehre gereichenden Werken reiht sich zunächst, wenigstens dem Umfange nach, das nun vollendete Wörterbuch von Lucas an. Der englisch-deutsche Theil ist, wenn mein Gedächtniss mich nicht täuscht, bereits im Archiv besprochen worden; wenigstens hat Herr Dr. Hoppe in seinen „Nachlesen" wiederholt Bezug auf dasselbe genommen und darauf hingewiesen, dass es bei allem Fleisse, den der Verfasser auf seine Arbeit verwendet, doch nicht frei von Mängeln sei, oder vielmehr die absolute Vollständigkeit noch nicht erreicht habe. Eine solche ist aber auch bei einer lebenden Sprache nicht zu erreichen, und der Herausgeber hat einsichtsvoll genug gleich vom Anfang an, wie sein Vorwort beweist, darauf verzichtet. Natürlich lässt sich über ein Wörterbuch nur nach langem Gebrauche ein endgültiges Urtheil fällen; soweit ich es nach der kurzen Zeit, seitdem ich in dessen Besitz gelangt bin, erprobt habe, hat es sich in jedem einzelnen Falle bewährt. Die Definitionen sind erschöpfend, scharf und bestimmt; die Redensarten lassen an Reichhaltigkeit und an Genauigkeit der Uebertragungen wenig zu wünschen übrig, und wenn man bedauern muss, dass der Verfasser die Etymologie ganz unberücksichtigt gelassen hat, was freilich ein Rückschritt gegen Hilpert ist, so muss man dagegen die vielen anderen Vorzüge, welche das Wörterbuch vor allen seinen Vorgängern auszeichnen, rühmend hervorheben. Ausserdem nämlich, dass es Archaismen von Chaucer abwärts enthält und bei den in Shakespeare vorkommenden Ausdrücken sogar die betreffenden Stellen angiebt, so dass es Delius' Lexikon fast entbehrlich zu machen scheint (was freilich leicht war, da dieses vorlag), ** bietet es technische Ausdrücke aus 70 Disciplinen, Provincialismen und Slang in der ausgedehntesten Weise. Man kann also dem Verfasser zur Vollendung einer solchen riesigen Arbeit, die ihn über zwanzig Jahre beschäftigt hat, nur Glück, den Fachgenossen aber freilich die nöthigen Mittel wünschen, sich das kostspielige Werk anschaffen zu können.

Es ist sehr leicht, den Fachlehrern einen Vorwurf daraus zu machen, dass sie sich um diese oder jene wissenschaftliche Leistung nicht kümmern: schafft uns nur erst die Mittel dazu, sage ich. Der Mangel an diesen hat es mir bis jetzt unmöglich gemacht, mir zwei andere in letzter Zeit erschienene wichtige Werke, „Mätzner's altenglische Sprachproben **** und

* Englisch-deutsches und deutsch-englisches Wörterbuch von N. J. Lucas, ordentl. Lebrer an der Hauptschule zu Bremen. Bremen. Schünemann. I-IV.

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** Damit will ich durchaus keinen Tadel aussprechen; im Gegentheil kann ich es aus mehreren Gründen nur billigen, dass oder wenn Lucas sich aller ihm zu Gebote stehenden Quellen bedient hat, um seinem Werke die möglichste Vollständigkeit zu geben.

*** Altenglische Sprachproben nebst einem Wörterbuch. Unter Mitwirkung von K. Goldbeck. Herausgegeben von Ed. Mätzner. I. Bd. Sprachproben, 1. Abth. Poesie. Berlin, Weidmann.

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Stratmann's Wörterbuch** anzuschaffen, und so bin ich zu meinem grössten Bedauern ausser Stande, über zwei so bedeutende Erscheinungen, deren hohe Verdienste auch die englische Presse bereits anerkannt hat, hier etwas Näheres zu berichten. Des Letzteren Ausgabe von „The Owl and the Nightingale ** ist ein sehr schätzenswerther Beitrag zum Studium des Altenglischen. Ueber die Wichtigkeit dieses, wie man annimmt, aus dem 13. Jahrhundert stammenden Gedichtes kann man bei Marsh (Origin and History of the English Language, S. 205 ff.) das Nähere nachlesen.

ich

Noch ein anderes lexikalisches Werk bleibt zu erwähnen, welches mir jedoch aus dem eben angegebenen Grunde ebenfalls nicht vorliegt meine Dyce's Glossary zu Shakespeare. Es bildet den achten und letzten Band seiner werthvollen Shakespeare -Ausgabe und ist facile princeps das beste derartige Werk, welches wir besitzen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir eine Conjectur erlauben. Sollte das sonderbare „balked," in der bekannten Stelle in H. IV. I. 1. I, welches jedenfalls ein äña§ lèyóμevov ist, nicht vielleicht „,bath'd" zu lesen sein?

Da ich bei der Shakespeare - Literatur angekommen bin, so wüsste ich bei der Masse, von welcher wir auf diesem speciellen Gebiete überfluthet werden, wirklich nicht, welches Werk ich zuerst herausgreifen sollte. Da indessen anzunehmen, dass das Shakespeare - Jahrbuch in den Händen der Leser des Archivs sich befindet, und dieses es sich zur Aufgabe stellt, die hier einschlagende Literatur zu registriren, und diese Aufgabe auch mit grosser Genauigkeit und viel erschöpfender, als ich es im Stande_wäre, namentlich durch die grosse Sorgfalt und Umsicht meines geschätzten Freundes, Herrn A. Cohn's, auf's befriedigendste löst, so kann ich diese Literatur füglich übergehen, und will nur beiläufig erwähnen, dass der jüngst von mir in der Augsburger Allgemeinen Zeitung, 4. Oct. d. J., erschienene Artikel, „Ein englischer Rümelin" betitelt, vor der Veröffentlichung des letzten Jahrbuches geschrieben war. Ich erwähne dies deshalb, weil jener Artikel durch den im Jahrbuche von Prof. Ulrici veröffentlichten Vortrag: „Ueber Shakespeare's Fehler und Mängel" zum grossen Theil überflüssig gemacht worden, oder doch jedenfalls zu spät kam. Die Verspätung lag natürlich nicht an mir, sondern an der Redaction der Augsburger Allgemeinen Zeitung, die auch bis heute meine bereits im April d. J. ihr zugeschickte Besprechung der letzten Schrift aus der Feder des fleissigen und gelehrten Shakespeareforschers Tschischwitz *** noch nicht veröffentlicht hat. Da mir auch diese Schrift nicht mehr vorliegt und ich noch immer der Hoffnung lebe, meine Beurtheilung derselben werde schliesslich doch noch in der wissenschaftlichen Beilage der genannten Zeitung zum Abdruck kommen, so muss ich mich damit begnügen, den Leser auf dieselbe zu vertrösten. Ich will nur bemerken, dass ich darin namentlich specieller auf die vom Verfasser vorgeschlagenen neuen Lesarten eingegangen bin, die mir meistens verunglückt scheinen.

K. Elze's werthvolle Ausgabe der Tragedy of Alphonsus, Emperor of Germany von George Chapman,† habe ich bereits in den Blät

A Dictionary of the Old English Language, Compiled from Writings of the XIII., XIV. and XV. Centuries, by F. H. Stratmann. Krefeld 1868. ** An Old English Poem of the Owl and the Nightingale, by F. H. Strátmann. Krefeld 1868.

*** Shakespeare's Hamlet in seinem Verhältniss zur Gesammtbildung, namentlich zur Theologie und Philosophie der Elisabethzeit, von B. Tschischwitz. Halle 1868.

† George Chapman's Tragedy of Alphonsus, Emperor of Germany. Edited with an Introduction and Notes by Karl Elze, Ph. D. Hon. M. R. S. L. Leipzig, F. A. Brockhaus 1867.

tern für literarische Unterhaltung (14. Sept. 1867) besprochen. Das Stück selbst muss als ein höchst interessanter Beitrag zur Geschichte der Wechselbeziehungen, welche im 17. Jahrhundert zwischen England und Deutschland stattfanden, angesehen werden. Noch werthvoller ist die von Elze veröffentlichte Abhandlung über den englischen Hexameter.* Sie fasst in Kurzem Alles zusammen, was über den bei uns zu viel vernachlässigten Gegenstand in England geschrieben worden.

Drüben ist man seit einigen Jahren in der Förderung des Studiums der Landessprache, wozu man natürlich das Altenglische für unerlässlich hält, ausserordentlich thätig. Fast keine Nummer des Athenaeums, wo nicht ein Beitrag zu diesem Studium oder ein Bericht über eine neue Textausgabe eines altenglischen Werkes enthalten wäre. So hat sich unter anderm ohnlängst auch eine Chaucergesellschaft gebildet, die es sich zur Aufgabe gemacht, einen correcten Text dieses Dichters herzustellen. Alle diese specielleren Leistungen der Engländer muss ich, bis nicht andere, günstigere Verhältnisse, sei es in den Beziehungen der englischen Verleger zu der deutschen Presse oder an unserer hiesigen Universitätsbibliothek, die pur äusserst selten auf diesem Gebiete etwas Neues anzuschaffen im Stande ist, eingetreten sind, von meinen Berichten leider! ausschliessen.

Bei uns ist die Chaucerliteratur durch Herzberg's vortreffliche Uebersetzung der Canterbury Tales, ** die ich ebenfalls bereits in den Blättern für literarische Unterhaltung (2. Mai 1867) besprochen habe, und durch ein von A. Kissner als Inaugural-Dissertation herausgegebenes Schriftchen über Chaucer's Beziehungen zur italienischen Literatur *** bereichert worden. Da auch dieses letztere im Shakespeare-Jahrbuch von d. J. erwähnt und der Inhalt desselben (p. 277) in gedrängter, doch genügender Weise mitgetheilt ist, so bedarf es hier nur der Hinweisung auf das Jahrbuch oder besser noch auf das gediegene Schriftchen selbst.

Von der Uebersetzungsliteratur will ich nur eine der neuesten Erscheinungen erwähnen, die ich nächstens auch in den Blättern für literarische Unterhaltung ausführlicher besprechen werde, und die jedenfalls ihrer Curiosität halber Aufsehen erregen wird. Es ist ein Ossian redivivus, oder die angeblich nach dem Urtexte gefertigte metrische Uebersetzung des Finnghal von Dr. A. Ebrard. † In der dem Werkchen angehängten Abhandlung tritt der Uebersetzer allen Autoritäten zuwider, ja gerade auf die sich berufend, welche die Unechtheit des Macpherson'schen Machwerkes bewiesen haben, für die Echtheit desselben ein. Ueberzeugend ist seine Beweisführung keineswegs. Es würde aber gar keiner solchen bedurft haben, wenn er erklärt hätte, wie er selbst zu dem Urtexte gelangt sei: diese Erklärung jedoch, welche jeden andern Beweis überflüssig gemacht hätte, ist er schuldig geblieben, oder er hat sie vergessen. Vielleicht holt er das Versäumte bei der beabsichtigten Fortsetzung jener Uebertragung nach. Einstweilen muss er sich darauf gefasst machen, dass Alle, welche die Ossianliteratur kennen, nur stutzen und in seiner Uebersetzung nur eine verbesserte Macpherson'sche sehen werden.

Zum Schluss geht mir noch das eben erschienene zweite Supplementheft

* Der englische Hexameter. Eine Abhandlung von Karl Elze. Dessau, A. Desbarats, 1867.

** In der Bibliothek ausländischer Klassiker Nro. 41. Hildburghausen, Bibliographisches Institut, 1866.

*** Chaucer in seinen Beziehungen zur italienischen Literatur. InauguralDissertation etc. von Alfons Kissner. Bonn, A. Marcus, 1867.

† Ossian's Finnghal. Episches Gedicht aus dem Gälischen metrisch übersetzt von Dr. A. Ebrard. Leipzig, Brockhaus, 1868.

der Bibliothek der neueren Sprachen, von Wilhelm Engelmann* herausgegeben und die Literatur von der Mitte des Jahres 1849 bis zur Mitte des Jahres 1868" enthaltend, zu, und so kann ich mein, wenn auch quantitativ geringes, doch qualitativ desto reichhaltigeres Budget mit der Anzeige dieses sorgfältig zusammengestellten und die ganze Literatur der genannten Periode auf dem Gebiete der neueren, angelsächsischen und provençalischen Sprachen, auch mit Anführung aller grösseren Abhandlungen im Archiv, zusammenfassenden Werkchens beschliessen. Unrichtig rubricirt habe ich bis jetzt blos Folgendes gefunden: Elpe's Liederschatz, Herrig's Handbücher der englischen und nordamerikanischen National-Literatur, sowie Ideler, Nolte und Asher's Handbuch der englischen Sprache und Literatur stehen unter „Allgemeine Schriften" statt unter „Chrestomathien"; mein „Die Fehler der Deutschen" u. s. w. unter „Aussprache“, und ebenso meine „Exercises on the Habitual Mistakes" und "Key" unter „Gespräche", statt unter Hülfsbücher". Indessen bleibt das Werkchen trotz dieser sehr verzeihlichen Ungenauigkeiten ein sehr dankenswerthes Unternehmen, und bedarf es gewiss bei allen Fachgenossen keiner weiteren besonderen Empfehlung meinerseits.

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*Leipzig, 1868, Verlag von W. Engelmann. Leipzig.

Dr. D. Asher.

Bibliographischer Anzeiger.

Allgemeines.

W. H. J. Bleek, Ueber den Ursprung der Sprache. Herausgegeben von E. Haeckel. (Weimar, Böhlau.) 12 Sgr.

K. Bartsch, Bibliographische Uebersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen Philologie im Jahre 1867.

Lexicographie.

W. Obermüller, Deutsch-keltisches, geschichtlich - geographisches Wörterbuch. (Leipzig, Denicke.) 9. Lfrg.

15 Sgr.

B. Schmitz, Vergleichende Synonymik der französischen Sprache. (Greifswald, Bamberg.)

1/2 Thlr.

Ed. Laubert, Die griechischen Fremdwörter eingeleitet und lexicalisch erklärt. (Berlin, Guttentag.) 16 Sgr.

Grammatisches.

A. Fr. Stenzler, Elementarbuch der Sanskritsprache. (Breslau, Mälzer.) 1 Thlr.

Literatur.

Ph. Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu
Anfang des 17. Jahrhunderts. (Leipzig, Teubner.) 21. Lfrg. 20 Sgr.
A. F. C. Vilmar, Handbüchlein für Freunde des deutschen Volksliedes.
2. Aufl. (Marburg, Koch.)

Der Heliand oder die altsächsische Evangelienharmonie.
Stabreimen von M. Grein. (Cassel, Krieger.)

M. Grein, Heliand-Studien I. (Cassel, Krieger.)

24 Sgr.

Uebersetzung in 24 Sgr.

2 Thlr.

12 Sgr.

Lessing's dramatische Meisterwerke. Mit beleuchtenden Einleitungen. (Stuttgart, Freya.)

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