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So düster es oft und so dunkel es war
In drängenden Nöten, in naher Gefahr
Auf einmal ist's lichter geworden.

Ich habe geliebt. 1813. H. 1, 79. [29.

Ob ich Jrd'sches denk' und sinne,
Das gereicht zu höherem Gewinne.

Divan I. 4 (1814). H. 4, 9. [30.

Werdet ihr in jeder Lampe Brennen
Fromm den Abglanz höhern Lichts erkennen,
Soll euch nie ein Mißgeschick verwehren,
Gottes Thron am Morgen zu verehren.

Da ist unsres Daseins Kaisersiegel,
Uns und Engeln reiner Gottesspiegel,
Und, was nur am Lob des Höchsten stammelt,
Jst in Kreis' um Kreise dort versammelt.

Vermächtnis altpers. Glaubens. 1815 (Divan XI). H. 4, 201. [31.

Wenn sich über mannigfaltige Vorkommenheiten der Zeit die Menschen entzweien, so vereinigt Religion und Poesie auf ihrem ernsteren, tieferen Grunde die sämtliche Welt. Zur ausw. Litteratur (1818). H. 29, 622. [32.

Der Mensch, wie sehr ihn auch die Erde anzieht mit ihren tausend und abertausend Erscheinungen, hebt doch den Blick sehnend zum Himmel auf, der sich in unermeßnen Räumen über ihn wölbt, weil er tief und klar in sich fühlt, daß er ein Bürger jenes geistigen Reiches sei, woran wir den Glauben nicht abzulehnen noch aufzugeben vermögen. Unterh. mit Kanzler Müller vom 29. April 1818. [33.

Der geistreiche Mensch, nicht zufrieden mit dem, was man ihm darstellt, betrachtet alles, was sich den Sinnen darbietet, als eine Vermummung, wohinter ein höheres geistiges Leben sich schalkhaft eigensinnig versteckt, um uns anzuziehen und in edlere Regionen aufzulocken.

Noten zum Divan (1819?). H. 4, 302. [34.

Große Gedanken und ein reines Herz, das ist's, was wir uns von Gott erbitten sollten.

Wanderjahre I. 10 (1821). H. 18, 131. [35.

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Der Glaube ist ein häuslich heimlich Kapital, wie es öffentliche Spar- und Hilfskassen giebt, woraus man in Tagen der Not einzelnen ihr Bedürfnis reicht. Hier nimmt der Gläubige sich seine Zinsen im Stillen selbst.

Sprüche in Prosa, Eth. II. Nr. 150 (1821). H. 19, 42. [36.

Alles dieses Vorübergehende lassen wir uns gefallen. Bleibt uns nur das Ewige jeden Augenblick gegenwärtig, so leiden wir nicht an der vergänglichen Zeit.

An Auguste geb. Gräfin Stolberg, den 17. April 1823. [37.

In unsres Busens Reine wogt ein Streben,
Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
Enträtselnd sich den ewig Ungenannten,
Wir heißen's: fromm sein.

Elegie, Aug 1823. H. 1, 187. [38.

Wie doch alles Höhere im Wissenschaftlichen und so alsbald ethisch wirkt und so viel sittlichen Vor

durchaus

teil bringt!

An Nees von Esenbeck, den 22. Aug. 1823 (Bratran. 2, 58). [39.

Das holde Thal hat schon die Sonne wieder
Mit Frühlingsblüt' und Blumen angefüllt.
Die Nachtigall singt immer neue Lieder
Dem Hochgefühl, das ihr entgegen quillt.
Erfreue dich der gottverliehnen Gaben!
froh, wie er dich erschuf, will er dich haben.
Thal und Sonne. 1824. (An Personen.) H. 2, 455. [40.

Früh, wenn Thal, Gebirg und Garten
Nebelschleiern sich enthüllen

Und dem sehnlichsten Erwarten

Blumenkelche bunt sich füllen,

Wenn der Äther Wolken tragend

Mit dem klaren Tage streitet

Und ein Ostwind sie verjagend

Blaue Sonnenbahn bereitet,

Denkst du dann, am Blick dich weidend,

Reiner Brust der Großen, Holden,
Wird die Sonne rötlich scheidend

Rings den Horizont vergolden.

Dornburg, September 1828. H. 3, 100. [41.

Es ist nicht immer nötig, daß das Wahre sich verkörpere; schon genug, wenn es geistig umherschwebt und Übereinstimmung bewirkt, wenn es wie Glockenton ernstfreundlich durch die Lüfte wogt.

An Zelter, den 5. Okt. 1828 (Spr. in Prosa I. 14). H. 19, 22. [42.

So wie der Weihrauch einer Kohle Leben erfrischt, so erfrischet das Gebet die Hoffnungen des Herzens.

Sprüche in Prosa, Eth. VI. Nr. 466. (1829.) H. 19, 101. [43.

Angedenken an das Gute,
Hält uns immer frisch bei Mute.
Angedenken an das Schöne
Ist das Heil der Erdensöhne.

Angedenken an das Liebe -
Glücklich, wenn's lebendig bliebe.
Angedenken an das Eine

Bleibt das Beste, was ich meine.

Angedenken (Chaos I. 1829). H. 3, 207. [44.

b) Gott und Gottesverehrung.

Man sehnt sich nach des Lebens Bächen,
Ach, nach des Lebens Quelle hin.

Faust I.

Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des I. Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellt, hatte sich, indem er (in Lissabon 1755) die Gerechten mit den Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Eindrücke herzustellen.

Dichtg. u. Wahrh. I (1755/56). H. 20, 26. [45.

Er (der Knabe) kam auf den Gedanken, sich dem großen Gotte der Natur, dem Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, dessen frühere Zornäußerungen schon lange vergessen waren, unmittelbar zu nähern. Der Weg dazu aber war sehr sonderbar.

Ebendas. H. 20, 37. [46.

Die Überzeugung, daß ein großes, hervorbringendes, leitendes und ordnendes Wesen sich gleichsam hinter der Natur verberge, um sich uns faßlich zu machen, diese Überzeugung drängt sich einem jeden auf. Ja, wenn er auch den Faden derselben, der ihn durchs Leben führt, manchmal fahren ließe, so wird er ihn doch gleich und überall wieder aufnehmen können.

Ebendas. IV (c. 1760). H. 20, 129. [47.

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