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(Gözinger 1, S. 27). Doch ist damit nicht gesagt, daß man jede Äußerung des inneren Lebens, warmer Teilnahme und sinnigen Beschauens ist es nur echt, d. h. nicht krankhaft und verschwommen unterdrücken solle." (Berlit.) Vgl. auch § 51 g.

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f) Kampfgespräche, vgl. § 51 h.

g) Briefe, vgl. oben unter e. Das Briefschreiben ist besonders aus formalen Gründen zu üben. Manches Verwendbare bietet Kehr, Materialien zur Übung im mündlichen und schriftlichen Gedankenausdruck. 5. Aufl. Gotha 1875. S. 45 flg. Die unter f ausgesprochene Warnung vor Herausforderung von Phrase, Verschwommenheit, altkluger Geziertheit und Schwulst gilt namentlich auch bei der Feststellung von Briefthematen; Kondolenzschreiben sind deshalb gänzlich auszuschließen. „Der Ton muß überall das Gepräge der Wahrheit, Aufrichtigkeit, Offenheit und Natürlichkeit tragen." (Kehr.) Vgl. § 37 d.

h) Einfache Charakterschilderungen, vgl. § 51 k (Stoff bei Göinger I, S. 148 flg.), auch in vergleichender Darstellung, z. B. Martha und Maria, Simson und Herakles, der Freund und der Schmeichler; vgl. Kehr, S. 38 flg.

i) Betrachtung eines (poetischen) Lesestückes, welches in der Schule erläutert worden ist, etwa nach dem Schema: 1. Verfasser (geboren? 2c.), 2. Dichtungsart (Romanze? 2c.), 3. Dichtungsform (Vers? Strophe?), 4. Gedankengliederung (Hauptabschnitte der Handlung), 5. Grundgedanke (Zweck des Dichters, Idee 2c.). Vgl. Dorenwell II, S. 249 u. 261.

k) Überseßungen auserlesener Stellen der altklassischen Lektüre (Cäsar), wobei es sich um ,,echt deutschen Ausdruck und Sazbau neben möglichster Treue" handelt. Solche Aufgaben, deren Nugen ich nicht verkenne, sind indes nur ausnahmsweise zu stellen, denn abgesehen davon, daß sie eigentlich im altklassischen Sprachunterricht schon gehörig gepflegt werden sollen, bieten sie dem Untertertianer große Schwierigkeiten. Auch liegt die Versuchung, durch Benuzung unerlaubter Hilfsmittel zu täuschen, nur allzu nahe.

1) Vermischtes von scherzhafter oder phantastischer Art in Form von Selbstgesprächen, Anreden, Bitt- und Klageschriften 2c., 3. B.: Klageschrift der armen Droschkenpferde über schlechte Behandlung, Anrede an meinen Hund an dessen Geburtstage, Schuhschrift der Kinder für die alte Hoflinde, Verteidigungsrede eines Maikäfers, Bittschrift der grausam verfolgten Maulwürfe um Schonung, Selbstgespräch eines ge= fangenen Fuchses, Monolog eines Cylinderhutes, der zur Krönung einer Vogelscheuche verwendet worden ist, Heimliches Klagelied des unglücklichen Herrn Niemand, der alles gewesen sein" soll, 2c. 2c. Einiges sehr

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hübsche Material bei Göinger I, S. 185flg. Man erinnere auch an Luthers liebliche Klageschrift der Vögel", die in Sexta gelesen worden ist (Lesebuch I, S. 177).

Über Einrichtung der Hefte, Korrektur 2c. vgl. § 21flg., § 51 am Schluß und bei Obertertia § 75 flg. Über Disponierübungen 5. § 56.

Obertertia.

Wöchentlich zwei Stunden.

1. Lektüre.

§ 65. Deutsches Lesebuch für höh. Lehranstalten von Bellermann 2c. 5. Teil. Berl. 1886. In den Händen der Schüler ist außerdem Körners Leier und Schwert, das zu Spottpreisen zu haben ist, und für das zweite Halbjahr die Schulausgabe von Uhlands Ernst von Schwaben.

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Zu den Lesestunden muß in der Regel jeder Schüler soweit präpariert sein, daß er ein vom Lehrer am Schluß der vorausgehenden Stunde bestimmtes Prosastück oder Gedicht (bezw. eine Scene aus Herzog Ernst) ohne widerfinnige Betonung und wiederholtes Stocken fließend lesen und über den Inhalt das Nötige berichten kann, wodurch nicht ausgeschlossen ist, daß auch das prima vista Lesen öfters geübt wird. Darf auch die prosaische Lektüre nicht vernachlässigt werden, da noch in Oberklassen oft elend gestümpert wird, so tritt doch das Lesen und Betrachten poetischer Stücke immer mehr in den Vordergrund. Besondere Beachtung sollen nun finden, neben den Romanzen und Balladen der beiden Dios turen, die Dichter der Befreiungskriege Arndt, Körner, Schenkendorf (und Rückert) - in den Händen des Lehrers: Lieder der Freiheitskriege 2c. von Paul Gläßer, Leipzig 1886 und Uhland (vgl. zur Methode: Schleusner, Zur Uhlandlektüre, Leipzig 1878), wie überhaupt das Nationale und Volkstümliche.

§ 66. Bei der Lektüre der Freiheitssänger" hüte man sich vor allzu breiter Ausdehnung, da jedes Pathos zulezt ermüdet und die Wirkung durch zu langes Verweilen aufgehoben wird. Diejenigen Lieder, die schon in früheren Klassen gelesen und gelernt sind, lasse man von Schülern (aus dem Gedächtnis womöglich) vortragen, noch nicht Bekanntes liest man selbst vor. Der schöne, herzlich empfundene, aber nicht affektiert pathetische Vortrag ist das erste Mittel der Erklärung, da der unmittelbare Eindruck zu kräftigem Nachempfinden vorzüglich anregt und durch die Erklärung ebenso die Empfänglichkeit gestärkt, als das verstandesmäßige Erfassen des Inhalts gefördert werden soll. - Länger als von Ostern bis zu den großen Ferien darf die Behandlung der Freiheitsdichter nicht

ausgedehnt werden. Alles muß in einen geschichtlichen Rahmen 1) gefügt werden, wobei das biographische Moment nicht zu vernachlässigen ist. (Gläßer sagt S. IV: „Eine wenn auch knappe, so doch immer zusammenhängende Erzählung der Ereignisse muß den fortlaufenden Faden bilden, an welchen die Gedichte angereiht werden.") Da man höchstens etwa die Hälfte der von Gläßer gesammelten Lieder lesen wird, so wird es nicht an Zeit mangeln, die kurzgehaltenen Biographien der bedeutendsten Dichter an geeigneter Stelle einzureihen. Man kann etwa nach folgendem Schema verfahren:

1. Einleitung (bis 1806): Die Revolution in Frankreich. Napoleon Kaiser. Gründe, warum Deutschland gegen Frankreich unterliegen mußte (Reichszustände, Gesinnung, Französelei, Heerwesen, Napoleons Feldherrngenie, Begeisterung seiner Soldaten, militärische Organisation). Thatsächliche Erfolge Napoleons von Lodi bis Jena und Auerstädt. Friede von Tilsit. Alleinherrschaft Napoleons über das mittlere Europa. Tyrannei. Knechtung der Fürsten (Luise, Lesebuch Nr. 51). Stein und Palm, Aussaugung, Kontinentalsperre, Spione, Jerome 2c.

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2. Vorboten besserer Zeit (bis 1811): Erwachende Vaterlandsliebe. Die himmlische Erscheinung“ der Königin Luise (Nr. 102, 103). Preußens Wiedergeburt. Stein (Nr. 48). Scharnhorst. Gneisenau. Denker und Dichter: Romantiker, Germanisten, Fichte, Schleiermacher (Arndt, Schenkendorf), Kleist (Nr. 35; Gläßer 10, 15, 28), (Körner). Achtung Steins. Tod der Königin (GI. 11, 12). Wirkung desselben (GI. 13). Spanien. Österreich und Erzherzog Karl (Heeresorganisation). Hofer (GI. 17, 18, 19), Herzog von Braunschweig, Schill (Gl. 21, 22, 23, 25, 26).

3. Zug nach Rußland: Allmacht Napoleons, seine maßlose Überhebung und Ehrsucht. Haß und Erbitterung, schlimme Saat. Innere Zustände Frankreichs und der geknechteten Staaten. Hardenbergs kluges Wirken. Napoleons Bruch mit Rußland. La grande armée. Deutsche Patrioten in Rußland. Stein in Petersburg, bei ihm Arndt (Lebensskizze, vgl. Nr. 85; Lieder Gl. 31, 44). Scharnhorst. Borodino. Moskau. Beresina. Gottesgericht (Nr. 3, 46). York.

4. Die Erhebung: Franzosen in Preußen. Langes Gähren. · Stein und Arndt in Königsberg. Landwehr, Landsturm. An mein Volk." (Nr. 84). Zum Heere geht auch Körner) (Lebensskizze, vgl.

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1) Die begriffliche Anordnung des Stoffes, wie sie im vierten Teil des Werkes „Aus deutschen Lesebüchern“ durch Fr. Polack gegeben wird, kann ich nicht billigen. 2) Daß Körner von der heimatstolzen Jugend besonders geliebt wird, ist ebenso berechtigt als natürlich; man hat hierauf billige Rücksicht zu nehmen, von einer Lektüre des Zriny aber abzustehen.

Nr. 90; der herrliche Brief an den Vater nicht zu vergessen! Lügow, vgl. Nr. 91; Lieder, früher gelesene und neue; Tod, Nr. 47). Blücher. Schenkendorf (Lebensskizze, Lieder Nr. 62, Gl. 40, 41, 69). Rückert, Sonette, Nr. 57-60, GI. 46. Österreichs Unentschlossenheit. Lüßen. Scharnhorsts Tod, Nr. 49, Gl. 56, 57. Baußen. Hamburgs Schicksal, Gl. 62. Waffenstillstand, Gl. 63, 64. Österreich zu den Verbündeten. Drei Heere. Schlacht an der Kazbach, Gl. 77. Schlacht bei Leipzig, Lieder auf dieselbe! Blücher, Gl. 84, 85. Paris Nr. 61. Die hundert Tage. Belle Alliance. Blücher, Wellington, Gneisenau, Nr. 50, Gl. 94. 97, 98, 100, 101. Leseb. Nr. 25.

5. Getäuschte und erfüllte Hoffnungen: Wiener Kongreß. Deutscher Bund. Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht Grenze; Umwohner, Ufer, Wein, Geschichte und Sage, Leiden; Arndt, Schenkendorf Nr. 1, 63. Das Elsaß Gl. 115. Die Kaiseridee; Schenkendorf, Rückert, GI. 102-108. Zustände. Erfüllung: 1870-71. Einheit, Reich, Kaiser, Rhein, Elsaß; Freiligrath, Geibel Nr. 16, Treitschke Nr. 76. Rückblick.

§ 67. Von Uhland, dessen Leben und Wirken als Dichter, Gelehrter und Patriot zusammenhängend betrachtet wird, dienen von den großen Ferien an bis gegen Weihnachten hin Gedichte zur Lektüre; im Anschluß daran werden auch einige der vorzüglichsten Gedichte von Kerner und Schwab und von Chamisso gelesen.

Von Neujahr an ist das Trauerspiel,,Ernst, Herzog von Schwaben" Gegenstand der Lektüre, wobei in der Regel mit verteilten Rollen zu lesen ist, nachdem der Lehrer selbst den betreffenden Abschnitt (Auftritt, Scene, Akt) möglichst gut vorgelesen hat. Die Erläuterung erstreckt sich in erster Linie auf die dargestellten Charaktere und auf den Gang der Handlung, die natürlich auch historisch verständlich gemacht werden muß. Da zum Verständnis der klare Überblick über das Ganze führt, so teilt man das Stück behufs Inhaltsangabe in kleinere Partieen (Scenen, Akte), aus denen die Schüler — mündlich und auch schriftlich die Hauptsachen ausheben müssen, und läßt dieselben schließlich zusammenhängend vergleichen und vereinigen, um wenigstens eine Ahnung vom kunstvollen Aufbau des Ganzen zu erzeugen. Alles aber, was unter den Begriff der Poetik im höheren Sinne (also hier Technik des Dramas) fällt, bleibt höheren Klassen vorbehalten; denn abgesehen davon, daß „Herzog Ernst“ zur Grundlage einer solchen Betrachtung wenig geeignet wäre, sind Tertianer zum Verständnis von so hochliegenden Dingen nicht reif. Also bleiben in Tertia auch die Kunstausdrücke Exposition, Peripetie, Katastrophe u. a. noch unerwähnt. Dagegen soll Formales wie Dialog, Monolog, Auftritt, Scene, Akt zur Sprache kommen, auch der

Unterschied zwischen Tragödie1) und Komödie (und Drama im engeren Sinne) mit Hindeutung auf berühmteste Muster und Dichter in einfacher, der geistigen Entwickelungsstufe der Schüler entsprechender Weise erörtert

werden.

2. Übungen im mündlichen Ausdruð.

§ 68. Die sogenannten freien Vorträge der Schüler (die Woche abwechselnd einer und zwei) sind, nach Schrader S. 464, „nicht dazu da, um Redner zu bilden; denn unsere Anstalten sind keine Rednerschulen, und wirkliche Reden sollen oder sollten wenigstens nur von durchgebildeten Männern gehalten werden. Sie dürfen auch nicht den Zweck haben, bloße Sprachfertigkeit auszuüben; die Maulschwägerei ist leider ohnehin in unserem Leben genügend vertreten und sollte doch unserer Jugend nicht besonders beigebracht werden. Somit können diese Übungen, wenn auch in verstärktem Maße, nur dasselbe Ziel verfolgen, welches bei keinem Unterrichtszweige außer Augen gesezt werden darf, daß nämlich der Schüler über einen ihm hinlänglich bekannten Gegenstand sich einfach, angemessen und zusammenhängend auszudrücken wisse. Hierzu dienen aber weder extemporierte Vorträge, noch ausgearbeitete und auswendiggelernte Auffäße [sehr richtig bemerkt Laas D. U. S. 162: „Soll der Schüler etwas auswendig lernen, so mag er seinen Fleiß auf bessere Sachen richten als auf seine eigenen Elaborate."], sondern mündliche Berichte über irgend einen Unterrichtsgegenstand oder über ein gelesenes Buch, bei denen der Lehrer auf Ordnung der Gedanken und auf einen richtigen und gewählten, aber nicht gesuchten Ausdruck zu sehen hat.“

Was sonst noch über diese Übungen zu bemerken wäre, ist bereits § 54 flg. kurz angedeutet, wo ich nachzulesen bitte.

3. Deflamationen.

§ 69. Zur Aufnahme in den Kanon erscheinen geeignet: Eichendorff, Abschied; Goethe, Erlkönig; Körner, Bundeslied vor der Schlacht; Platen, Pilgrim vor St. Just; Schenkendorf, Muttersprache; Schiller, Teilung der Erde; Uhland, Bertran der Born; Das Schloß am Meer. (Chamissos Salas y Gomez ist zu lang; ebenso werden die Kraniche des Jbykus und das Eleusische Fest

1) Gut ist Jägers Definition (A. d. Praxis S. 80):,,Tragisch ist, für den Tertianer definiert, was zugleich traurig und erhebend ist." Das reicht völlig aus und soll durch die Schüler an dem Ausgange Ernsts, Werners, Mangolds, des ganzen Stückes nachgewiesen werden. Vgl. überhaupt die kurzen, aber treff= lichen Bemerkungen Jägers a. a. D. S. 79 flg., welche, wenn man auch im Einzelnen nicht überall zustimmen mag, doch den rechten Weg zeigen, wie dramatische Lektüre in Obertertia zu behandeln ist.

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