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1. Frühlingsankunft.

Sonnengluth zerbrach das Eis,
Augen trieb das schwanke Reis,
Blätter grünen, Knospen sprossen,
Rosenfarb' hat sie umflossen,
Und im Kelch, der sich erschlossen,
Glänzt die Blüthe filberweiß.
Quellen rieseln, Ströme brausen,
Wieder frei den alten Pfað,
Weggetilgt ist alles Grausen,
Frühling, Frühling ist genaht,
Will nun wieder bei uns hausen.
Auf, wohlauf, empfaht, empfaht
Ihn, wie sich's geziemt, mit Sange,
Mit der Töne Feierklange!

Dann, von süßer Wehmuth bange,
Unser Herz so wallend schlägt,
Ahnung himmelwärts uns trägt,
Goldnes Hoffen uns umhegt.
Liebe, Lieb' hält nun umfangen
Diese Welt im Mutterschooß,
Säugt sie rasch und kräftig groß,
Daß in Jugend glühn die Wangen.
Alle Blumen kommen wieder,
Alle Formen werden neu,
Alles taucht in Wollust nieder,
Und der inn're Geist wird frei!

2. Morgengruß.

Sieh, Geliebte, von der Sonne Feuer
Leicht gebändigt flieht der Nebel Wallen,
Und es sinkt von den Gebirgen allen
Wie ein Schatten hin der graue Schleier.

Zu beginnen dieses Tages Feier Läßt die Lerche ihren Sang erschallen In der Lüfte reinen Aetherhallen,

Scheu zur Waldung schwebt der nächt'ge Geier.

Frische Pracht die Morgenwelt umhüllt, Fluren glänzen und der Berge Zinnen; Darum komm, den jungen Reiz zu schauen,

Und den Schmelz der üpp'gen Blumenauen, Wo die klaren Silberbäche rinnen, Und der Strom aus Felsenurnen quilt.

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Es beut uns erfrischende, liebliche Kühle

Nach drückender Schwüle

Die Nacht.

Gute Nacht, gute Nacht!

Hell flimmern und schweben.

Im Mondenglanz

Die Wölkchen und weben

Manch bunten Kranz:

So mögen dir schimmern als duftige Schäume

Die goldenen Träume.

Der Nacht.

Gute Nacht, gute Nacht!

4. Vergleichung.

Das Thal bedeckt ein frisches Grün, Was auch die Verge rings umfangen; Mit jungem Blätterschmucke kühn Die stolzen Buchenhaine prangen. Hernieder von den Felsenrücken, Um deren Stirn sich Moos gehangen, Bis wo die schlanken Birken nicken, Nur Leben, Freud' und Luft umschlangen Die wundervollen Frühlingsauen:

Doch Du bist nicht darauf zu schauen..

Weit dehnet sich der klare See, Von einer Hügelkett' umzogen, Bis wo herein von steiler Höh' Ein Fels sich senkt in schroffen Bogen. Die Winde leise buhlend säuseln, Und ringelnd wallen auf die Wogen, Daß sie im Hauch der Luft sich kräuseln, Und schaukelnd ineinander wogen: Allein wie schön das Spiel der Wellen, Doch schöner Deine Locken schwellen.

Der reine Himmel wölbt sich blau,
Und leichte Silberwolken ziehen
Hoch über diese grüne Au,

Daß man vor Ehrfurcht möchte knieen.
Der Sonne helle Blicke strahlen
Herab mit werdemächt'gem Sprühen;
Und alle Blumen übermalen

Sich in dem zauberhaften Glühen:

Doch mehr als Himmel, mehr als Sonne, Beut mir ein Blick von Dir an Wonne.

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Noch flötet hier im Morgenhain,

Wo dicht die Aeste sich verzweigen,
Wo dunkler Schatten nie dem Schein
Des lichten Tags sich je wird neigen,
Die Nachtigall in süßen Tönen
Ihr göttlich Lied und fingt in weichen
Akkorden ihrer Liebe Sehnen,
Indeß umher ein lauschend Schweigen:
Doch was sind mir die Nachtigallen,
Wenn Töne Deinem Mund' enthallen!

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