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Nur an der Gegenwart hang' ich und Ein Gefühl nur

entzücket

Jezt mein Herz, worin sonst Sorgen fich tausend

getheilt,

Liebe für Dich, mein Mädchen! Umarm' ich Dich, schau' ich in's Aug' Dir,

Schwingt über Raum und Zeit hoch sich zum
Himmel mein Geist.

5. Hellas und Eros.

Sagt, ihr Völker der Erde, vermag sich eines von euch

wohl

Messen mit jenem Geschlecht, das einst in Hellas

gelebt?

Wie, ihr schweigt und nirgend ertönt bejahende Ant

wort?

Wie, und der Wang' entströmt brennende Röthe

der Scham?

Zwei Jahrtausende schwanden nun schon, seit die leßten der Griechen

Roma's stegendes Schwert beugt' in empörendes

Joch.

Und noch seid ihr nicht weiter? Noch müßt ihr mühsam

durch lange

Arbeit schaffen, was sie leicht und doch trefflich

vollbracht?

Immer blickt ihr verlangend hinauf zu ihren er=

hab'nen

Werken, wo göttlicher Geist wohnet, vereint mit

Natur.

Keiner spähte die Formen, die uns durch Anmuth und

Stärke

Und durch Vollendung erfreu'n, so wie der Grie

chische Sinn.

Noch ist kein zweiter Apoll von Belvedere und ohne

Nebenbuhlerin thront noch Aphrodite bis jezt. Nie erscheint ein zweiter Homer, und sinken, wie Troja,

Lausend Städte zerstört, feiert sie keiner, wie er. Keiner ermuthigt zum Kampf, wie Tyrtäos, und Wonne der Liebe,

Oder den Bromios fingt nie ein Anakreon jezt. Aeschylos, Sophokles führen nicht mehr der Könige Thaten

Und den gewaltigen Chor über die Bühne dahin. Selbst Aristophanes schweigt und nicht versteht man, wie damals,

Mit der Satyre zugleich schalkhaft und fröhlich

zu sein.

Hohe Muster, wir ahmen euch nach mit begierigem

Herzen

Und begreifen dann nicht, wenn ihr uns stets

übertrefft.

Denn

hat die Natur mit nicht geringeren

Gaben

Uns geschmückt und die Erd' ist noch dieselbe wie

sonst.

Aber uns selbst trifft die Schuld, denn wir verkehren

das Leben,

Würdigen Göttergeschenk nicht mit geheiligtem

Sinn.

Kümmerlich wachsen wir auf in dumpfen Gemächern,

entfremdet

Von der Natur, wird fie ewiges Räthsel dem

Geist.

Leeres Geschwät umklingelt uns stets, und dem Mächtigen Ehrfurcht,

Sclavische, flößt man sogleich früh mit der Milch schon uns ein.

Bricht durch die dunkele Nacht zuweilen ein rettender Stern auch,

Sorgen wir Thoren mit Fleiß, Nebelduft um ihn

zu ziehn.

So verbringen das Leben wir dann, von Stunde zu

Stunde

Marternd mit kleinlicher Furcht unser so kindisches

Herz,

Und die Kraft, die uns ward, durch Leidenschaften

ertödtend,

Welche mit störrischer Wuth folgen dem thierischen

Trieb.

O wie kann da das Schöne gedeih'n, wie das Große sich bilden,

Wie durch das selbstische Volk dringen gemeinsamer Sinn,

Welcher vollendet, was Einem zu schwer, und brüder

lich kettet

Geist an Geist und zum Bund füget die Hand zu der Hand.

Griechen, wie lebtet dagegen beglückt und groß ihr! Wir ahnen

Euere Seligkeit, spricht sie auch in Trümmern

uns nur.

Furchtlos, den Schaz in der Brust, und kühn euch selber vertrauend,

War euch beschieden Genuß, wie man ihn jest nicht mehr kennt.

Noch von den Göttern geliebt, so lebtet ihr. Hoch in den Wolken

Rauschte Kronion und schwang donnernd den blizenden Keil.

Cos weckte die Erde mit leisem Kuß und der

goldne

Phöbus lenkte die Gluth ruhig des Flammen=

gespanns.

Iris mit farbigtem Gürtel verknüpfte Himmel und

Erde,

Und in der Stille der Nacht ruderte Phöbe

herauf.

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