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und Arithmetik geben dem Denken die Formen, in denen es sich selbst auschauet. So entsteht die mathematische Logik.

Allein die Symbolik derselben bedarf selbst wieder der Auslegung. Diese wird durch die Sprache gege= ben. Indem das Denken seine Kategorien als Figuren und Zahlen noch außer sich hat, bedarf es doch der Sprache, um die Bedeutung derselben auseinanderzuseßen. Dies Mittel aber für den Ausdruck des Verständnisses zeigt sich an sich selbst logisch zu sein und das Denken geht ihm daher nach, in ihm sich zu entdecken. Es findet sich in der Sprache und ihren Formen incarnirt. Sprechen ist ohne Denken unmöglich. In dem Sprechen muß folglich das Denken, so zu sagen, sich absehen. Es ent= steht der Gedanke der dem Organismus der Sprache inwohnenden, der grammatischen Logik.

Der reale Proceß der Dinge selbst, die Zahl und die Sprache sind also die Elemente, in welchen das Denken sich zu erkennen anfängt. Der Begriff, welchen sich das Denken von sich macht, ist ihm noch nicht durch sich felbst, sondern durch ein Object vermittelt, aus welchem heraus es sich als aus seiner Erscheinung in sich _re= flectirt.

Erstes Capitel.

Die pragmatische Fogik.

Das Denken sezt sich unmittelbar als Eines mit dem Sein. Es scheidet noch nicht das logische Moment von dem ontologischen. Dieser Anfang der Logik ist nothwendig; er hat den nämlichen Inhalt, als das Ende, nur daß in diesem das Denken seine Einheit mit dem Sein als eine objectiv und subjectiv vermittelte sezt. Aber weil das Denken zuerst mit naiver Zuversicht sich und das Sein als identisch nimmt, so ist auch diese Einheit eine bloße Vorausse zung und das Denken kann. sich auf diesem Standpunct noch nicht für sich als eine eigenthümliche Wissenschaft gestalten.

Es bleibt noch bei ganz allgemeinen Bestimmungen stehen, welche es noch nicht mit logischer Deutlichkeit, sondern in mehr oder weniger dem Begriff angemessenen Vorstellungen ausdrückt. Das wissenschaftlich erst beginnende Denken bewegt sich in der Vorstellung der Harmonie des Seins, in welcher der Kampf der Dinge sich ausgleiche. Diese Vorstellung wird zum Theil noch mythisch ausgeführt. Die Mängel derselben dürfen aber die Wahrheit nicht verkennen lassen, daß an und für sich in dem Denken nichts Anderes gesezt werden kann, als was auch den Inhalt des Seins ausmacht.

So haben die Eleaten das Denken als dasselbe mit dem Sein bestimmt; nicht in dem subjectiven Sinn, daß die Vorstellung, welche ich mir von etwas mache,

mit der Sache als eine richtige übereinstimmt, sondern in dem objectiven, daß das Denken an und für sich von dem Sein nicht verschieden sein könne, wie Parmenides sagte:

Ταυτὸν δ ̓ ἐστὶ νοεῖν τε καὶ οὗ ἕνεκέν ἐστι νοήμα, Ου γὰρ ἄνευ τοῦ ἐόντος, ἐν ᾧ πεφατισμένον ἐστίν, Ευρήσεις τὸ νοεῖν.

Die Darstellung des realen Processes ist von Herakleitos als die Entzweiung, von Empedokles und vielen Andern als der Streit eines freundlichen und feindlichen Princips gemacht worden. Diese pragmatische Logik ist daher zwar tiefsinnig, weil sie die Einheit des Denkens mit dem Sein vorausseßt, aber sie ist auch noch ohne alles Bewußtsein über den Unterschied der be= sondern Bestimmungen. Für diese greift nun das Denken zunächst zur quantitativen Grenze. Es schauet sich in den einfachen geometrischen und arithmetischen For

Diese Gestaltung der Logik hat sich in der Geschichte dieser Wissenschaft am häufigsten wiederholt, weil jene Formen einerseits gegen die qualitative Mannigfaltigkeit der Dinge wie der Vorstellungen abstract erscheinen und doch, gegen den schlechthin unsinnlichen Gedanken gehalten, als Figuren, Ziffern und Buchstaben für die Vorstellung noch eine sinnlich scheinende Grundlage abgeben. Hierin liegt die Ursache, weshalb namentlich die Zahlenlogik sich auch dann noch beständig erneuert, nachdem das reine Denken schon für sich hervorgetreten

ift. Bei den Griechen hat die Pythagorik sich auf höHeren Standpuncten immer wieder eingefunden und sich vorzüglich an die bei ihnen so beliebte Form der Anschauung der Einheit des Einen und des Vielen angeschmiegt.

Zweites Capitel.

Die mathematische Logik.

Die pragmatische Logik begreift in der Vorstellung des zur Einheit sich auflösenden Kampfes der Dinge selbst die in dem Proceß der Natur und Geschichte waltende Gesezmäßigkeit. So unvollkommen dies noch geschieht, so ist doch das Wesentlichste aller Logik und Metaphyfik darin enthalten. Die Einheit läßt ihre Unterschiede frei; die Bewegung der Unterschiede führt zu ihrer Entzweiung; allein die Entzweiung hebt sich durch ihre ei= gene Entwicklung zur Einheit der Entgegengesezten auf, weil ja an sich die Unterschiede Unterschiede derselben Einheit sind, mithin zwar gegen einander, nicht aber gegen sie als solche sich negativ verhalten können. Die Unterschiede der Einheit werden nun von dem Denken in den mathematischen Formen aufgesucht. Man muß Hier aber die bloße Vergleichung der Formen des DenEens mit den mathematischen Formen, welche dem 'didaktischen Zweck der Verdeutlichung dient, nicht verwechseln mit dem Standpunct, der über das Logische und Meta

physische noch kein klares Bewußtsein hat und es aus diesem Grunde in den mathematischen Formen anschauet; eine Symbolik, welche gegen das freie Denken mystisch erscheint. Iene Vergleichung des Seins oder des Denkens in irgend welcher Beziehung findet sich durch alle Epochen der Philosophie bei den verschiedensten Denkern. Namentlich haben fast alle für die Einheit und Rückkehr der Idee in sich selbst das Bild der Kugel oder des Kreises geliebt, wie die Eleaten:

Αυτὰρ ἐπεὶ πεῖρας πύματον τετελεσμένον ἐστίν, Πάντοθεν ἐυκύκλου σφαίρης εναλίγκιον ὄγκῳ.

Spinoza hatte das Bild der Unendlichkeit in zwei concentrischen Kreisen mit ungleichem Abstand der Pe= ripherie des innern gegen die des äußern. Hegel stellte die Idee als einen Kreis von Kreisen dar u. s. w.

Etwas ganz Anderes ist es aber, das Mathematische als das Element anzusehen, aus welchem als dem höheren das Logische sich erst herauszunehmen habe. Dies ist ein Irrthum. In dem Mathematischen ist allerdings auch das Logische an sich mitgesezt, aber das Logische als solches ist abstracter. Begreiflich wird die mathematische Symbolik des Denkens dadurch, daß dasselbe seine schlechthin übergreifende Natur, die Universalität seiner Formen in allem Inhalt noch nicht verstanden hat und eben diese Allgemeinheit und Nothwendigkeit vorerst in einer concreten Besonderheit, in dem geometrischen und arithmetischen Elemente findet.

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