Page images
PDF
EPUB

ne so leichte und faßliche, als gegründete Weise fest zu segen?

Indem ich diese Schwierigkeit begreiflich zu ma chen suche, so will ich mich gar nicht rühmen, daß ich derselben nunmehr völlig abgeholfen habe. Nein, die Größe des Unterfangens foll nur meiner bisherigen Saumseligkeit und Schüchternheit zur Entschuldigung dienen. Man soll daraus nur abnehmen, daß es kein Kinderspict sen, eine deutsche Sprachkunst abzufassen, wenn man anders einsieht, was demjenigen obliegt, der seiner Pflicht dabey nachkommen will. Ihund aber, da ich solches schreibe, und nachdem ich mir alle Theile dieser Sprache, nach und nach durch den Kopf habe gehen lassen, fehe ich diese Schwierigkeiten fo lebhaft ein, daß ich mich eines Theils selbst wimdere, wie ich folchen Vorsatz jemals habe faffen Fönnen; theils auch, obwohl nach vollendeter Ars beit, es faft bereue, daß ich dieselbe unternom men habe.

Es ist wahr, was man mir einwenden kann: daß es nämlich an gelehrten Männern nicht gefehlet, die mir so zu reden, vorgearbeitet haben. Ich gestehe es auch gern, daß es noch schwerer gewesen seyn würde, in ciner Sprache, die noch keine Grammatik gehabt hätte, eine Sprach

a 4

Plinius redet) andeutete: wäre denn das gepratet? Fodert Das olles nicht die Pflicht eines jeden Scribenten? Und was ist es für ein Selbstruhm, wenn man fager: ich habe gethan, - was ich zu thun schuldig war? Doch, weit gefehlet, daß ich folches gefaget hatte; so sage ich nur: daß ich mich vier und zwanzig Jahre her, durch allerley Bemühungen zu dieser Arbeit peschickt zu machen gesnchet. Und wo steckt denn hier die Prälerey; der fich, wie mein Tadler vorgiebt, sogar meine Freunde schämen müßten ?

1

(**) Daß dieses kein bloßes Compliment gewesen sey, habe 'ich nunmehr durch vier sehr metklich verbesserte Auflagen gewiesen.

[ocr errors]

Sprachlehre zu schreiben. Dieses war wirklich, beyna he vor tausend Jahren, eine Arbeit, dazu kein geringerer Heldenmuth, als Karls des Großen (*) seiner, gehöre te; der auf der Spur Câfars einher gieng, und sowohl durch die Feder, als durch den Degen, unsterblich wers den wollte. Allein, so gern ich also bekenne, daß es schwer fey, in diesem Felde ohne Vorgänger zu arbeiten; eben so schwer dünkt es mich zu seyn, sich in eben dassels be zu wagen, wenn man schon so viel geschickte Vorgans ger gehabt hat. Nur unerfahrne bilden sich ein, DeutschJand hatte bisher keine Grammatiken, oder doch nur schlechtes Zeug gehabt, welches nicht gelesen zu werden verdienete. Das Gegentheil hat uns neulich ein gelehrs ter Mann in seiner Historie der deutschen Sprachkunst gewiesen. Jeinehr aber darinn bereits geleistet wors den, und je geschickter meine Vorgänger gewesen sind; desto schwerer dunkt es mich, sich an eben die Arbeit zu wagen.

Was kostet es nicht für Mühe, nur alle die größern und kleinen grammatischen Schriften unserer Vorfahren kennen zu lernen? Wie viel schwerer ist es, nur die meisten und besten davon aufzutreiben? Wie viel Zeit endlich brauchet es nicht, sie zu lesen, zu prüfen, und theils unter sich, theils mit der heutigen besten Mundart zu vers gleichen? Und wenn man nun dieses alles gethan hat: so geht nunmehr erst die rechte Schwierigkeit an. Man soll alles Gute, das man darinn angetroffen hat, zusammen nehmen, ohne seine Vorgänger zu bestehlen. Man foll alles in gute Verbindung und Ordnung bringen, ohne jes manden gar zu sclavisch zu folgen. Man soll aber auch manche Lücken, die unsere lieben Alten noch übrig gelassen, ergången; manches veraltete weglassen; manches, das

· (*) Bekannter maaßen berichtet Eginhard im Leben dieses Kaisers, daß er eine Sprachlehre seiner fränkischen Muttersprache zu schreiben angefangen: die aber hernach ver. lohren gegangen.

das heute zu Tage anstößig ist, erneuern; und alles nach dem heutigen, weit feinern Geschmacke der Deutschen, einrichten. Mit einem Worte, man soll es auch besser machen, als es unsere Vorgänger gemachet haben; ja ohne sie abzuschreiben, soll man sie auch weit, weit übers treffen! Dieses, dieses alles fodern unsere heutigen kritis schen Zeiten: und ich überlasse einem jeden das Urtheil, ob es so leicht ist, solche Foderungen zu erfüllen?

Ich gestehe es hier nochmals aufrichtig, daß ich mir keinesweges schmäuchle, alles dieses in seiner gewünschten Vollkommenheit geleistet zu haben. Desto eher hof fe ich aber Machficht und Vergebung zu erhalten, wenn ich diese meine Sprachlehre nur für eine Grundlegung ausgebe, darauf ich künftig noch immer mehr und mehr zu bauen gedenke. Ich habe diejenigen Begriffe, die ich seit mehr als dreyßig Jahren, (denn so lange ist es wes nigstens, daß ich mich beflissen habe, gut deutsch zu schreis ben) gesammlet, und hier zuerst in einige Ordnung zu bringen gesuchet. Ich habe mir nunmehr einen Grundriß gemachet, auf dem ich künftig fortarbeiten kann; wenn ich theils bey andern Sprachlehrern gute Anmerkungen finden, theils selbst in guten Schriftstellern etwas ans merken werde. Ich habe endlich darinnen, so zu reden, mein grammatisches Glaubensbekenntniß abgeleget; und den gelehrten Sprachkennern unsers Vaterlandes ents decket, nach was für Regeln ich mich bisher im Reden und Schreiben gerichtet: so wie ich dieselben in den bes ften Schriftstellern voriger und ißiger Zeiten beobachtet gefunden habe.

[ocr errors]

Wie ich mich also über niemanden zu einem pedanti ·schen Sprachtyrannen aufzuwerfen verlange; so werde ich es auch sehr gern sehen, wenn andere Liebhaber unses rer Muttersprache mir künftig ihre Gedanken darüber ers öffnen werden. Man wird sonder Zweifel noch hier und da einige Mängel antreffen; man wird Zweifel finden, die ich nicht gehoben habe; man wird manche Ausnahme 4 5

anmers

[ocr errors]

anmerken, die mir nicht beygefallen ist; oder vieleicht gar neue Regeln in Vorschlag bringen können. Alle solche Erinnerungen werde ich mit Danke annehmen, mein Buch dadurch bereichern und verbessern; ja auch, wenn es beliebet werden sollte, ihre Urheber bey einer neuen Auflage rühmen. Es würde thōricht seyn, bey eis nem solchen Werke, welches billig zur Ehre des ganzen Vaterlandes gereichen soll, bloß auf meine eigene Ehre zu denken. Die Ausländer fangen schon häufig an, unfere Sprache zu lernen. Hier müssen wir uns alle ges meinschaftlich bestreben, ihnen diese Mühe zu erleichtern, und ihnen das Vorurtheil zu benehmen, als ob unsere Sprache sich unmöglich) in Regeln bringen ließe. Wie viel uns dieses Geständniß, auch wider den klaren Aus genschein, bisher geschadet habe, das hat leider! die Ers fahrung gelchret: und ist es endlich nicht einmal Zeit, daß wir aufhören, die Fremden von Erlernung unserer Muttersprache selbst abzuschrecken?

[ocr errors]

Nun ist es zwar gewiß, daß ich meine Sprachleh re zuförderst für unsere Landesleute, sonderlich für die Jugend geschrieben habe. Alle meine Regeln sind bloß deutsch abgefasset: und so lange ein Ausländer noch gar nichts Deutsches versteht, so lange kann er sie nicht eins mal lesen. Allein, es fehlet an solchen Sprachlehrern nicht, die Walschen, Franzosen, Engländern, Dänen, Schwes den und Pohlen zu gut, in allen diesen Sprachen, oder doch lateinisch geschrieben sind. Aus diesen kann ein Frem der das Deutsche so lange lernen, bis er es so ziemlich versteht: und alsdann kann er auch meine Sprachkunst, mit Beyhülfe eines gutenLehrers brauchen. Vieleicht aber finden sich auch bald geschickte italienische, französische, englis sche ic. Sprachlehrer, die ihren Landesleuten zu gut, diese meine Sprachlehre überseßen, oder nach ihrem Gutachten Auszüge daraus machen. Mir sollte es auf solchen Fall lieb seyn, wenn ich die Erlaubniß bekäme, ihre Arbei

ten,

ten, auch vor dem Drucke, ein wenig durchzugehen; um zu sehen, ob alles dem wahren Sinne gemäß getroffen worden.

Wegen der deutschen Kunstwörter muß ich noch etwas erinnern. Da ich mein Buch den Deutschen, und sonderlich der Jugend, zu gut abgefasset, die nicht allezeit die lateinische Grammatik gelernet hat; senderlich wenn sie sich dem Soldatenstande, der Schreiberen, dem Hans del und Landleben widmet: so habe ich es für unbillig gehalten, mich lauter lateinischer Kunstwörter zu bedienen. Von allen denselben haben solche Anfänger nicht den geringsten Begriff, sondern lernen sie zur Noth auswendig, wie die Nonne den Pfalter: da sie hingegen durch deutsche Benennungen sogleich einigen Verstand von der Sas dhe bekommen. Es war aber auch dabey das junge Frauenzimmer in Betrachtung zu ziehen: welches ja nicht unwürdig ist, seine Muttersprache etwas besser und richtiger schreiben zu lernen, als seine Mägde. Zu allem Glücke hatte ich auch schon unsere alten Sprach lehrer zu Vorgängern, welche sich um die Wette bes mühet haben, ihre Regeln so vorzutragen, daß fie auch einem bloß deutschen Leser verständlich seyn möchten. Und was kann in der That wunderlicher seyn, als zu fodern: daß ein Deutscher erst eine lateinische, oder französische Grammatik können müsse, ehe er seine Muttersprache recht richtig reden und schreiben lernen kann? Ich habe aber unter allen grammatischen Kunshvörtern unserer Alten, nach meinem Bedünken, die besten, bequeinsten, und der gemeinen Art zu reden gemäßesten erwählet. Nur wenige habe ich mich ers Fusuet, noch etwas besser einzurichten. Ich bin aber auch bereit, Erinnerungen deswegen anzunehmen; und mich, wenn ich eines bessern überführet oder belehret würde, zu bessern. 2c. 2c.

Der

« PreviousContinue »