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felbst anfangen wollte, bereit ju rufen: Hoch lebe der König! oder: Hoch lebe die Nation! je nachdem die Straße, durch welche der Haufe durchzog, so oder anders gestimmt war; je nachdem es der Ausgang ergeben würde, und in jedem Falle entschlossen, es mit der Siegenden Parthei zu halten. a) Die Gendarmerie zu Pferde, welche auf dem Karuffelplage postirt war, machte dem anrückenden Pöbel Plah, that keinen Widerstand, und zog sich zurück, ehe noch das Gefecht feinen Anfang nahm.

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Das Gefindel hatte zwei und zwanzig Männer gez fangen genommen, die sich nach dem Schlosse begeben wollten, um sich zu den Vertheidigern desselben zu ges fellen. Zwölf unter ihnen entsprangen durch eine Hinterthüre: die übrigen warden nachher nur desto genauer bewacht. Noch war man unentschlossen, was man mit ihnen anfangen wollte, als die berüchtigte Theroighe de Mericourt in Amazonenkleidung, mit dem bloßen Såbel in der Hand, auf einen Tisch •sich stellte und zu dem Volke sprach. Sie verlangte, daß die Gefangenen sogleich sollten umgebracht wer Dieser Vorschlag ward mit dem größten Beis falle aufgenommen, der Pöbel siel über die unglücklichen Gefangenen her, ermordete dieselben, und seckte ihre Köpfe auf Lanzen, die nachher in der Stadt herum getragen wurden.

den.

Sie

Das ganze Schloß war bereits, sowohl als der Garten der Thuillerien, mit dem bewaffneten Pöbel umgeben, welcher mit Kanonen von allen Seiten her anrückte. In dem Inneren desselben befanden sich die

a) Moore Journal. T. 1. S. 185.

Schweizer, eine kleine Anzahl von Bürgersoldaten und, die bewaffneten Edelleute. Zwei Kompagnien Schweizer und drei hundert getreue Bürgerfoldaten hatten den König nach der Nationalversammlung begleitet, und waren nun von dem Schloffe abges schnitten.

Gegen zehen Uhr fing das Gefecht an. Der Ges neral Westermann war zu Pferde und hatte das Hauptkommando über die Rebellen. Er stellte sie in Form eines Winkelhakens in Schlachtordnung, von den Bogen des Louvre bis nach der Straße de Les chelle, so daß der ganze Karusselplag` umringt war. Alle Ausgänge dieses Plaßes beseßte er mit geladenen Kanonen. Während dieser Zeit kam ein Wagen mit Pulver und ein Wagen voll Kanonenkugeln, mit Bes deckung, unter Anführung des Santerre an.

Nun klopfte Westermann selbst an die soge= nannte Königsthüre und verlangte mit seinen Truppen in den Hof gelassen zu werden. Die Schildwache weigerte sich die Thüre zu öffnen, und sogleich wurde dieselbe mit Gewalt aufgesprengt. In dem königs lichen Hofe wurden nunmehr die Kanonen aufges pflanzt und gegen das Schloß gerichtet. Eine Kanone ward abgefeuert; weil sie aber zu hoch gerichtet war, so traf sie nur das Dach des Pallastes, und prallte von da zurück, ohne den mindesten Schaden gethan zu haben. Eben so wenig trafen die übrigen Schüsse mit den Kanonen, weil sich die Marseiller auf die ges hörige Richtung derselben nicht verstanden.

Die Schweizer berathschlagten sich, ob sie das Schloß vertheidigen follten, oder ob sie nicht sich durch die Belagerer durchschlagen und nach der Nationalver

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fammlung begeben sollten, um die Person des Königs zu vertheidigen, dessen Wache sie waren. Der König hatte sie verlassen ohne ihnen irgend einen Verhals tungsbefehl zu geben, daher kam ihre anfängliche Unentschloffenheit; 'die aber bald aufhörte, als sie sich erinnerten, daß ihnen felbft der Maire, Herr Pethion, befohlen hätte, Gewalt mit Gewalt zurück zu treiben und auf ihren Posten zu sterben. Daß sie der Gewalt nicht würden widerstehen können, sahen sie voraus, denn ihrer waren sieben hundert mit einem sehr geringen Vorrathe von Kriegsmunition; dagegen betrug die Anzahl der Angreifenden über 100,000, und diese hatten dreißig Kanonen nebst einem außerordentlich · großen Vorrathe von Kriegsmunition herbei ge= führt. a) Außerdem befand sich der König in der Ges walt der Rebellen; und folglich waren die Vertheidiger des Schlosses-auf alle Fälle verlohren, fie mochten siegen oder besiegt werden. Wollten die Schweiz zer ihr Leben retten, so mußten sie ihre Waffen niederlegen und sich mit den Rebellen vereinigen. Aber dieses zu thun verbot ihnen Ehre und Pflicht, und der Schweizerfoldat ist von jeher gewohnt gewesen, sein Leben der Pflicht aufzuopfern.

Der versammelte Pöbel rief den Schweizern zu: Weg mit Euch Schweizern! Legt die Waffen nieder!« Doch wagte der Haufe es nicht, weiter als bis in die Hälfte des Hofes vorzurücken. Nach einer Weile war

a) Les Suisses virent clairement qu'ils étoient sacrifiés; mais il ne perdirent pas courage.. Qu'on juge de nôtre position, rétirés dans le chateau, et surs d'y périr. Relation authentique par un officier des GardesSuisses. 1

endlich ein kleiner Trupp von Marseillern dreift genug, bis an den Fuß der großen Treppe vorzudringen. Das selbst fielen sie die Schweizerische Schildwache an, und bemächtigten sich derselben, nebst fünf anderen Schweizerfoldaten, die dem schildwachestehenden Soldaten zu Hülfe kamen. Die sechs gefangenen Schweizer wur den am Fuße der Treppe mit Keulen und Flintenfol ben todt geschlagen. Bei diesem Anblicke geriethen die Schweizer in Wuth, stellten sich, unter den Bes fehlen des Hrn. Hauptmanns Stürler und des Hrn. von Castelberg, am Fuße der Treppe in Schlachtordnung, und feuerten ihre Gewehre ab. Bei der ersten Salve fielen einige von den Rebellen; die übrigen aber zogen sich fliehend aus dem Schloßhofe zurück, und warfen im Fliehen Flinten, Patrontaschen, Piken, und was sie sonst trugen, von sich. Einige Marseiller legten sich platt auf die Erde_auf das Angesicht, stellten sich als wenn sie todt wären, und krochen dann langsam fort, bis sie außer der Schußweite sich befanden. Auch die Kanoniere liefen weg, und ließen ihre Kanonen im Stiche. Derselben bemächtigten sich die Schweizer, welche vorher keine. Kanonen gehabt hatten: allein sie konnten sich dieses Geschüßes nicht bedienen, weil sie weder Schießpulver noch Kugeln dazu hatten. a)

Sobald die Schweizer sahen, daß der Königshof von den Rebellen ganz verlassen war, befeßte ein Detaschement von sechzig Mann das Thor, welches aus dem genannten Hofe auf den Karusselplag

a) Ces cinq pièces nous devinrent inutiles; les gardes na. tionales en avoient pris les gargousses. Ebendaselbst. Peltier dernier tableau de Paris. T. 1. S. 153.

führte. Dieses Detaschement fuhr so lange mit Ferts ern durch das Schloßthor fort, bis der ganze Karuffelplah leer war; und die Schweizer verlohren bet dies fem ́ersten Scharmüßel nicht mehr als Einen Mann, während von den Marseillern viele getßdet wurden. Der fliehende Pöbel, nebst den Föderirten, lief durch 'bie Straßen, mit einem gråßlichen Geschrei: »Ins Gewehr! Ins Gewehr! Wir sind verrathen! Die Schweizer feuern auf die Bürger! Sie haben schon •hundert Marseiller erschossen!«

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Ein anderes Detaschement Schweizer, welches sich, unter Anführung des Hrn. von Salis, dreier Kanonen bemächtigte, welche bei dem Eingange des Hofes der Reitschule aufgepflanzt waren, litt weit mehr, als das erste. Die Schweizer verlohren über dreißig Mann.

Auf diese Weise nahm das Gefecht seinen Anfang. Die im Schloffe vorhandenen Bürgerfoldaten, welche versprochen hatten die Schweizer zu unterstüßen, zeig= ten Furcht als das Treffen ernsthaft wurde. Ein Schweizeroffizier sprach ihren Muth ein: »Voran, » meine Herren!« sprach er, » Ihnen gehört der Eh»renposten; wir wollen Ihnen folgen. «< Endlich ers mannten sie sich, und unterstüßten die Schweizer in der Vertheidigung des Schlosses.

Die im Schlosse befindlichen Edelleute hatten keine auderen Waffen, als Pistolen: sie konnten daher an dem Gefechte gar keinen Antheil nehmen.

Während die Schweizer auf allen Seiten des Schlosses über den bewaffneten Pöbel den vollkommenften Sieg davon getragen hatten, und die Kanonen, welche es ihnen gelungen war zu erobern, welche fie

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