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miliz befehlen, diesen Poffen zu verlässen. Der kommandierende Offizier, welcher von der auf dem Rathhause vorgegangenen Veränderung nichts wußte, ge= horchte und zog sich mit seinen Leuten zurück. Nun war die Brücke frei, und die Verschwornen, hatten, von beiden Seiten des Flusses, über die Brücke mit einander Gemeinschaft.

Die Föderirten, die Marseiller, und die übrigen, von den Jakobinern befoldeten, Hülfstruppen feßten sich nunmehr in Bewegung. Da aber der neue Bür gerrath wußte, daß der Kommendant der Bürgermili¡ einen geschriebenen Befehl von dem Maire Pethion in der Tasche hätte, das Schloß zu vertheidigen und Ges walt mit Gewalt zu vertreiben; da er wußte, daß dies fer Kommendant die vortrefflichsten Maasregeln zur Vertheidigung des Schlosses genommen håtte: so wurde beschlossen, vor allen Dingen den Kommendanten aus dem Wege zu schaffen. Während der Kommendant, Hr. Mandat, mit den zu treffenden Anstalten beschäftigt war, erhielt er einen Befehl von dem Bürgerrathe, sogleich nach dem Rathhause zu kommen. Er entschuldigte sich mit der Nothwendigkeit seiner Gegenwart im Schloffe, und weigerte fich zu gehors chen. Bald nachher kam eine zweite Botschaft von dem Bürgerrathe mit demselben Befehle. Noch zaus derte er. Als ihm aber die Herren Pethion and Roederer vorstellten, daß es seine Pflicht wäre, den Befehlen des Bürgerrathes zu gehorchen: so ging er, obgleich unwillig, nach dem Rathhause. Noch wußte er nicht, und Niemand im Schlosse wußte es, daß der rechtmäßige Bürgerrath ́von dem Rathhause vers

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trieben war, und daß der Abschäum der Jakobiner die Stelle deffelben eingenommen hatte.

Mandat verließ das Schloß ohne irgend einen Befehl zurück zu lassen, weil er bald wieder zurück zu kommen hoffte. Er kam nach dem Rathhause, trat in den Saal, und sah mit Erfaunen lauter neué, ihm unbekannte Gesichter. Der President des neuen Bürs gerrathes Huguenin und fein Gehülfe Tallien fingen an ihn auszufragen, und sich bei ihm zu erkuns digen, was für Anstalten zur Vertheidigung des Schloffes er getroffen hätte. Hierauf wurde er be schuldigt, daß er die Absicht hätte, das Volk nieders zumeheln und ermorden zu lassen. a) Mandat konnte, vor Bestürzung über alles was er sah und hörte nicht antworten; der President Hüguenin befahl, ihn wegzuführen. Auf der Treppe fielen zwei bestellte Meuchelmörder über ihn her: der Eine zog eine Pistole und schoß ihm eine Kugel durch den Kopf, während ihm der andere den Dolch in die Brust stieß. Der Bes fehl Pethions wurde ihm aus der Tasche genommen, und sein Leichnam ward in den Fluß geworfen, ungeachtet sein Sohn, welcher sich bei der Ermordung gez genwärtig befand, flehend bat, daß man ihm eklauben möchte, den Körper seines Vaters begraben zu laffen. Dieß geschah um zwei Uhr des Morgens.

Durch die Ermordung des Kommendantèn Mandat waren nun die Vertheidiger der Thuillerien ohne, Anführer und ohne Plan. Er hatte keine Befehle hinterlassen, keinem Offizier während feiner Abwesenheit

a) Peltier dernier tableau de Paris. T. 1. p. 112. Moore Journal. T. 1. Bigot de Sto. Croix. p. 28.

das Kommando übertragen; vergeblich wartete man auf seine Rückkunft und blieb indessen in völliger Unthätigkeit.

Sobald die Nationalversammlung versammelt war, beschloß sie, daß der Maire Pethion aus dem Schlosse sollte geholt werden, um ihr Bericht abzus flatten. Er erschien und berichtete: daß wahrscheinlich alles gut gehen würde. Hierauf wurde ein Brief einer Deutschen Jakobinischen Versammlung zu Mannheim vorgelesen, welche sich dem Schuße der Nationalversammlung empfahl. Dann erschien der Justizminister, Hr. Dejoly, und ersuchte die Verz sammlung, im Nahmen des Königs, ernsthafte Vorkehrungen zur Beschüßung des Schlosses zu treffen. Statt dessen hob die Versammlung ihre Sigung auf und ging um halb fünf Uhr auf Eine Stunde aus ein

ander.

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Indessen gaben die Verschwornen, welche an vier Orten versammelt waren (nåmlich auf dem Plaße des Französischen Theaters; auf dem Pferdemarkte; in dem Zeughause, und bei der kleineren Kirche des heiligett Antonius) ihren Truppen den Befehl zum Aufbruche. Das Zeughaus wurde angegriffen; das bei demselben stehende Kommando der Bürgermiliz überwältigt; 2,600 Flinten warden herausgenommen, und unter den Pöbel vertheilt. Eine unzählbare Schaar bewaff neter Männer zog, in ziemlicher Ordnung, nach dem Schlosse der Thuillerien. Es war fünf Uhr des

Morgens.

Um diese Zeit befahl die Königinn ihre Kinder aufs zuwecken und zu ihr in den Saal zu bringen. Der Dauphin schnitt sich eine Locke von seinen Haaren ab,

gab dieselbe einem Kinde, welches mit ihm zu spielen pflegte, und sagte: «Josephine, nimm diese Locke von » meinen Haaren, und versprich mir, daß du dieselbe » tragen willst, solange ich in Gefahr seyn werde!« a) Diefe Worte des unglücklichen Kindes rührten alle Umstehenden.

Den Zug des Pöbels nach dem Schlosse beschreibt ein berühmter Schriftsteller auf folgende Weise: »Eis » ne unzählbare' Menge Pöbels, angeführt durch die » Mörder von Avignon, und begleitet von den Gas » leerenfflaven aus Marseille und Brest, jog nach » dem Schlosse. Landstreicher; Räuber; gemeine Gafs fendirnen; Tagediebe; das besoldete Gesindel wels »ches seit 1789 im Solde der Unruheftifter sland; der Abschaum aller Jakobinerklubs des ganzes Reiches, welcher wegen der vorgeblichen Föderation nach Pa» ris gekommen war; Tagelöhner aus den benachbar»ten Dörfern, welche die zu machende Plünderung » anlockte; ein gräßliches Gemisch von Weibern in » Lumpen, und von Ungeheuern, die kaum wie Men» schen aussahen; Lafttråger, Schornsteinfeger, Koh» lenbrenner; Kråmer, welche die Rolle eines Brutus » spielen wollten: aus diesen Menschen, und aus Ver»brechern aller Art, war die Armee der Stifter der Republick zusammengeflikt, welche jezt im Begriffe »stand die Wohnung des tugendhaftesten aller Ludwige » mit Feuer und Schwert zu verheeren.« b)

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Der Lärm in der Gegend des Schlosses nahm jest auf eine schreckliche Weise zu. Man hörte wie sich der

a) Bigot de Ste. Croix. p. 29.

b) Mallet Dupan sur les évenemens du 10: Août. p. 16.

Böbel näherte, wie die Kanonen herbei geschleppt wur den, wie die Aufrührer die schrecklichsten Verwünschungen gegen die königliche Familie ausstießen. Der Kös nig und die Königinn standen am Fenster, und fahen voller Unruhe die zahlreiche Armee, welche gegen sie anrückte. Diese Armee kam in zwei Kolonnen. Eine dieser Kolonnen zog über den Pontneuf, theilte sich, nachdem ke über die Brücke war, in zwei Abtheilungen, deren Eine unter den Bogen der Gallerie des Louvre durch, und nach der Straße St. Nicaife marschirte; die andere Abtheilung der ersten Kolonne kam durch die Bogen der Gallerie des Louvre auf den Karrousselplah: die zweite Kolonne marschärte durch die Straßen St. Honore und St. Nicaife nach dem Karrousselplage.

Hr. Pethion, dessen Gegenwart nothwendig war, `und der, als Maire, durch seinen Einfluß das Volk håtte beruhigen follen, begab sich nach Hause, und ließ sich eine Wache von vier hundert Mann geben, um auf alle Fälle sicher zu feyn und den Ausgang des Treffens ohne Besorgniß abwarten zu können.

Gegen halb sechs Uhr sah der König, von einem”Balkon des Schlosses, auf die, in den verschiedenen Höfen versammelten, Vertheidiger seiner Perfonund feiner Familie herab. Sobald ihn die Bürgersoldaten und die Schweizer erblickten, erschallte ein lautes Gr. schrei: Hoch lebe der König!« Der Monarch entfchloß sich herunter zu gehen und die beseßten Posten selbst zu besuchen. Eine zahlreiche Schaar von Hers ren des Hofes begleitete ihn. Die Bürgerfoldaten und Schweizer riefen einstimmig: Hoch lebe der Kðnig!« Der König war darüber gerührt; er sprach in

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